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1295 - Feuerfluch

1295 - Feuerfluch

Titel: 1295 - Feuerfluch
Autoren: Jason Dark
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dazu nicht in der Lage.«
    »Verständlich.« Ich hatte mich bisher auf das Gesicht des Toten konzentriert. Nun schaute ich mir die Hände genauer an und entdeckte, dass sie gleich aussahen. Auch da hatte die Haut diesen grauen Farbton angenommen, ohne allerdings verbrannt worden zu sein, und die Haare auf dem Kopf sahen ebenfalls wie Asche aus. Hätte sie jemand durchgekämmt, wären sie vermutlich zu einer Staubwolke geworden.
    »Wie heißt der Tote? Wisst ihr das?«
    »Marc Bandura. Er hat hier auf der Etage gearbeitet. Bei einer PR-Agentur. Seine Kollegen waren natürlich entsetzt, als sie von seinem Tod erfuhren. Aber darüber werden wir uns noch mit ihnen unterhalten.«
    »Gut«, sagte ich, obwohl in Wirklichkeit nichts gut war, denn hier stand ich vor einem verdammten Rätsel. Es war ein Feuer gewesen. Im Innern des Mannes entstanden. Und es hatte nur das Innere verbrannt, die Haut aber so gelassen.
    »Weißt du, wie mir das vorkommt, John?«
    »Nein, aber du wirst es mir sagen.«
    Suko nickte. »Gern. Ich bin davon überzeugt, dass das Blut des Mannes in Flammen aufgegangen ist. Brennendes Blut, John. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.«
    Mein Blick wurde starr, als ich mir die Worte meines Freundes durch den Kopf gehen ließ. Hatte er Recht? Konnte Blut einfach so anfangen zu brennen?
    Im Prinzip nicht. Es sei denn, dass dahinter andere Kräfte steckten, und das herauszufinden, war einzig und allein unsere Sache. Und das bedeutete verdammt viel Arbeit.
    Ich drehte mich um und sah in das Gesicht des Kollegen Murphy, der seine Augenbrauen in die Höhe gezogen hatte. Wie immer war sein dunkelblondes Haar korrekt gescheitelt. Über den Ohren zeigte sich der Abdruck, den ein Hut hinterlassen hatte.
    »Und?«, fragte er mich. »Ist Ihnen schon etwas eingefallen?«
    »Nein.«
    »Das beruhigt mich.«
    »Wieso?«
    »Weil ich auch nichts weiß.«
    »Jedenfalls kann man den Tod des Mannes nicht als normal bezeichnen«, erklärte ich. »Und ich denke auch, dass er in unseren Bereich fällt.«
    »Das hatte ich gehofft«, erklärte er.
    »Dann wäre es sinnvoll, wenn wir uns jetzt mit der Zeugin unterhalten könnten.«
    »Klar.« Er hatte nichts dagegen. »Wir gehen nach nebenan.«
    Murphy begleitete uns. Auf dem Gang war es ziemlich ruhig. Wahrscheinlich hatte das Entsetzen über den Tod des Mannes die Menschen stumm gemacht. Wo wir den Hebel ansetzen sollten, wusste ich noch nicht, aber ich versprach mir etwas von der Befragung der Zeugin, und danach würden wir Banduras Kollegen befragen, deren Büros sich hier auf der Etage verteilten.
    Suko stieß mich an, bevor er mir eine Bemerkung zuflüsterte: »Ich hoffe, dass es das einzige Brandopfer bleibt.«
    »Würdest du darauf wetten?«
    »Leider nicht…«
    Die junge Frau saß in einem Sessel. Das sehr kurze blonde Haar fiel uns auf. Das runde Gesicht darunter mit den starren Augen. Sie hatte sich in den Sessel hineingedrückt und wirkte wie eine frierende Person, denn der lange bunte Strickschal war noch immer um ihren Hals gewickelt und wärmte ebenso wie die grüne Steppjacke.
    Ein Kollege hielt bei ihr Wache. Murphy schickte ihn hinaus, als wir das Büro betreten hatten. Es war ein verhältnismäßig kleiner Raum. Einen Schreibtisch gab es nicht. Dafür einen großen Fotokopierer, und in den Metallregalen stapelte sich das Papier.
    Durch das Fenster fiel der Blick bis weit auf die Themse, deren Wasser beinahe schon wie flüssiges Silber glänzte, weil es von den Strahlen der frühwinterlichen Sonne betupft wurde.
    Die junge Frau hatte uns gesehen, kurz aufgeschaut und den Blick wieder gesenkt. Sie hieß Patsy Wilde und arbeitete ebenfalls hier oben auf der Etage. Allerdings in einem Architekturbüro, dessen Räume einige Meter entfernt von diesen lagen.
    »Mrs. Wilde?«, fragte ich leise.
    Sie hob den Kopf. Das Gesicht blieb praktisch ohne Ausdruck. Sie machte den Anschein, als wäre sie mit ihren Gedanken weit weg. »Was wollen Sie von mir?«
    »Wir sind von Scotland Yard.« Ich stellte Suko und mich vor. »Wir hätten Ihnen gern einige Fragen gestellt. Sie sind sehr wichtig für uns, Mrs. Wilde.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Würden Sie uns antworten?«
    Mit drei Fingern lockerte sie ihren Schal ein wenig am Hals. »Was wollen Sie wissen? Ich habe nichts getan. Es ist alles so plötzlich gekommen. Ich konnte auch nicht helfen.« Sie sprach modulationslos.
    Auch weiterhin hielt sie ihren Blick in die Ferne gerichtet und schien zugleich in Erinnerungen versunken
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