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1246 - Die Opfergrotte

1246 - Die Opfergrotte

Titel: 1246 - Die Opfergrotte
Autoren: Jason Dark
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wieder gezeigt. De Salier aber wartete voller Ungeduld darauf. Er fühlte sich schon beobachtet, aber in all diesen Schneewirren war so gut wie nichts zu erkennen. Die Welt um ihn herum schien am Anfang des Untergangs zu stehen. Er sah keine Berge, keinen Himmel, und selbst der Erdboden verschwand unter dem weißen Wirbel, der jetzt wieder mit erneuter Kraft auf ihn zuschoss, begleitet von einem unheimlich klingenden Heulen, als wollte es die Welt in ihren Grundfesten erschüttern.
    Der Wind erwischte de Salier von vorn. Er hatte das Gefühl, geschlagen zu werden. Für einen Moment kippte er sogar zurück und hielt sich an der Mauer fest. Er hatte den Kopf zu sehr angehoben. Sofort peitschten die unzähligen Schneekörner gegen sein Gesicht. Es fühlte sich an wie von harten Nägeln massiert.
    Er fluchte, drehte den Kopf zur Seite. Bot dem Wind zuerst die rechte Schulter, dann den Rücken. In seinen Ohren tosten die Stimmen der Geister, und es hörte sich an, als würden sie ihn auslachen.
    De Salier hob den Kopf an.
    Da stand er!
    Schwarz oder grau. Ein Gebilde im wilden Schneetreiben.
    Eine Figur, ein Klotz. Breit und wuchtig. Wie etwas, das sich nicht aus dem Weg räumen ließ.
    De Salier zuckte zusammen. Er hatte damit gerechnet, darauf gewartet, doch jetzt, als das Ereignis eingetreten war, spürte er den Frost in seinem Innern, und der war keine Folge der herrschenden Kälte.
    De Salier wurde nicht angegriffen. Der andere hätte eine Chance gehabt, denn es dauerte etwas zu lange, bis der Templer sein Schwert angehoben hatte. Da aber war die Gestalt wieder abgetaucht. Wie von den Schneeflocken aufgelöst.
    Halb war die Klinge in die Höhe gekommen. Jetzt ließ Godwin sie wieder sinken. Es hatte keinen Sinn. Eine Verfolgung würde es nicht geben. Die andere Seite kannte sich hier besser aus.
    Aber er wusste jetzt, dass er den beschwerlichen Weg nicht umsonst auf sich genommen hatte. Es gab sie. Sie warteten. Sie beobachteten, und sie würden den Ring immer enger zusammenziehen. Noch hatten sie sich nicht zu einem Angriff entschlossen. Obwohl er nur einen gesehen hatte, ging der Templer davon aus, dass dieser nicht der Einzige war.
    Godwin lief zwei Schritte nach vorn und stoppte wieder, denn der Schnee war einfach zu dicht. Er sorgte dafür, dass er fast die Hand nicht mehr vor Augen sah. Alles verschwand in diesem dichten Wirbel. Selbst das nahe Gebäude hatte sich in einen Schatten verwandelt, der unwirklich erschien.
    De Salier blieb stehen. Er hob die linke Hand und wischte damit über sein Gesicht, um die Haut zumindest zum Teil von Schneeflocken zu befreien. Die meisten waren geschmolzen.
    Sein Gesicht kam ihm vor, als hätte er es soeben gewaschen.
    Links neben ihm gähnte der Zugang zu einer Höhle. Es war eines dieser scheibenlosen Fenster, und genau von dort hörte er die leisen Geräusche.
    Er fuhr herum. Seine Nerven waren gespannt. Er sah eine Bewegung. Jemand winkte ihm zu, und dann erschien die reale Gestalt des Jorge Amado. Der Spanier hatte seine Lampe eingeschaltet. Der Lichtkegel huschte durch die Dunkelheit wie ein aus der Bahn gekommener Stern, der nicht wusste, wo er sich zur Ruhe lassen sollte.
    De Salier ließ sein Schwert wieder sinken. Ein erneuter Windstoß jagte eine Ladung aus Schnee gegen seine Ohren, und er hörte wieder das Klagen.
    »Hast du sie gesehen?« Jorge musste brüllen, um überhaupt verstanden zu werden.
    »Nein, nicht sie. Nur einen.«
    »Und?«
    »Er ist weg!«
    »Dachte ich mir!«, schrie Amado zurück. »Wäre es nicht besser, wenn du reinkommst? Hier bist du wenigstens geschützt. Wenn sie wollen, werden sie uns auch hier drin finden.«
    »Ja, ich komme gleich.«
    De Salier wollte die Station einmal umrunden. Das zumindest hatte er sich vorgenommen. Auch wenn er keinen seiner Gegner entdeckte, er hatte zumindest etwas getan.
    Es dauerte einige Minuten, und der Weg war auch nicht immer eben, bis er sein Vorhaben durchgezogen hatte. Aber die andere Seite ließ sich Zeit. Sie bestimmte, wann eingegriffen wurde, und dann würde sie über ihn herfallen. Sie hatte Zeit, viel Zeit. Es kam ihr nicht auf Stunden an, vielleicht nicht mal auf Tage.
    Die Natur war zu einem Tier geworden. Und sie hatte dafür gesorgt, dass dieses Tier sein Maul weit aufriss, um alles zu verschlucken, was sich in der Nähe befand.
    Als hätte er einen Tritt in den Rücken erhalten, so hastig trat er über die Schwelle hinein in die andere Welt. Hier war er geschützter. Zwar tobte noch immer der
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