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1241 - Der Mördermönch von Keitum

1241 - Der Mördermönch von Keitum

Titel: 1241 - Der Mördermönch von Keitum
Autoren: Jason Dark
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die Rechnung neben den Teller, auf dem sich vor kurzem noch eine Salatkomposition befunden hatte.
    »Sie hatten nach der Rechnung gefragt?«
    »Ja, so ist es.«
    »Bitte sehr. Das waren der Salat, das Wasser und der Grauburgunder.«
    »Genau.«
    Nelly Becker legte vierzig Mark auf den Tisch, verzichtete auf das Wechselgeld und dachte mit leichter Wehmut daran, dass die Zeiten der D-Mark in wenigen Wochen vorbei waren.
    Der Euro würde kommen. Dann wird alles um die Hälfte billiger, dachte sie mit einem gewissen Galgenhumor, aber man würde sich auch an die neue Währung gewöhnen.
    »Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend.«
    »Danke, ich Ihnen auch.«
    Nelly wartete einige Augenblicke, dann stand sie auf. Sie hatte an einem Einzeltisch gesessen und war sich etwas verloren vorgekommen. In der Gaststube saßen zumeist Paare oder Cliquen, aber keine Einzelpersonen.
    Nelly hatte es nicht anders gewollt. Sie war auch allein auf die Insel gefahren, um dort Abstand zu gewinnen. Sie brauchte einfach diese Woche, denn nur hier konnte sie durchatmen und hoffentlich auch vergessen, was passiert war.
    Fünf lange Jahre hatte die Beziehung mit Thomas gedauert.
    Mit allen Höhen und Tiefen. Aber jetzt war es vorbei. Dahin.
    Nie mehr zu kitten. Jeder war seinen eigenen Weg gegangen.
    Thomas hatte sich längst eine andere Partnerin gesucht, aber Nelly war auf einer Zickzackbahn durch das Leben geirrt, bis man ihr geraten hatte, sich eine Auszeit zu nehmen und nachzudenken. Weg vom Berufsstress. Raus aus der Enge der Bank, mal tief durchatmen und Ruhe finden.
    Sylt im Spätherbst war ideal. Und noch idealer war es, im schönsten Ort der Insel zu wohnen, in Keitum, in einem, sehr persönlich geführten Hotel, in dem man wunderbar entspannen und sich erholen konnte.
    Dort konnte man allein bleiben, musste es aber nicht. Und Nelly hatte schon ein Ehepaar kennen gelernt, das mit seinem zweijährigen Sohn für eine Woche auf der Insel Urlaub machte. Sie waren tagsüber spazieren gegangen und hatten sich auch am Abend an der Hotelbar getroffen und über Gott und die Welt gesprochen.
    Auch an diesem Abend waren sie verabredet. Allerdings erst später. Auf den Spaziergang nach dem Essen wollte Nelly auf keinen Fall verzichten. Es war kühl, aber nicht zu kalt. Es war einsam, aber nicht verlassen, und vom Watt her stiegen graue Dunstschleier wie gewaltige Gespenster in die Höhe.
    Nelly Becker freute sich auf den Spaziergang, aber zugleich fürchtete sie sich davor. Dann würden die Gedanken an Thomas wieder zurückkehren. Sie konnte ihn einfach nicht vergessen. Die Zeit der Trennung lag noch nicht lange genug zurück. Da brauchte es eine gewisse Zeit, bis sich die Wunde wieder schloss.
    Noch im Lokal zog sie ihre mit Lammfell gefütterte Jacke an, die sie erst vor der Tür nachlässig schloss. Es reichte ihr, wenn sie den Schal um den Hals gewickelt hatte.
    Nach der Wärme des Lokals tat ihr die Kühle der Nacht gut.
    Tief durchatmen. Den Blick nach oben richten. An den Autos vorbeigehen, die wie Tiere aus Metall auf dem Parkplatz standen, und sich nur auf das Knirschen der Schritte zu konzentrieren. Allein sein, tief durchatmen, die Luft genießen und die Stille.
    Im Gegensatz zu den Sommermonaten hielt sich im Winter der Verkehr in Grenzen. Nur wenige Autos rollten in der Dunkelheit durch den Ort mit den kleinen Straßen und manchmal richtig engen Gassen, die so ein verwunschenes Flair ausstrahlten. Nelly hatte immer das Gefühl, in einer Märche nwelt zu sein. Obwohl sie öfter durch den kleinen Ort gegangen war, glaubte sie, ihn bei jedem Gang neu zu entdecken. Es war wie ein kleines Wunder, das sich einem Menschen immer mehr öffnete, je länger er sich damit beschäftigte.
    Nelly hatte die Hände in die Taschen ihrer Jacke geschoben.
    Sie schlenderte dahin. Sie schaute mal zu Boden, dann wieder in die Höhe, um den Himmel zu sehen. Sie hielt ihr Gesicht gegen den Wind. Sie nahm den Geruch wahr, der für den Herbst so typisch war. Das feuchte Laub gab ihn ab, die Rinde der Bäume ebenfalls, aber es mischte sich auch ein anderer Geruch mit hinein.
    In einigen Häusern loderte das Feuer in den Kaminen. Durch die Öffnungen der Schornsteine wurde der leichte Brandgeruch geschickt, der sich ausbreitete und Nellys Nase traf. Sie mochte ihn und schmeckte ihn sogar auf der Zunge.
    Er ließ sie immer an zu Hause denken, denn auch ihre Eltern hatten gern das Feuer im Kamin angezündet, und dieses Flair aus der Kindheit hatte Nelly
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