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1239 - Bilderbuch des Schreckens

1239 - Bilderbuch des Schreckens

Titel: 1239 - Bilderbuch des Schreckens
Autoren: Jason Dark
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sehen können, aber vor dem unendlichen Stausee des Himmels trieben die Schleier, und nur wenn Tommy Glück hatte, sah er den Mond als kalten weißen, verschwommenen Fleck, der so fern und unerreichbar für ihn war.
    In der relativen Nähe des Hauses standen die Bäume noch nicht so dicht. Das änderte sich erst an der Rückseite des Grundstücks, obwohl dort keine Grenze eingezeichnet war. Es gab keinen Zaun, kein Gitter, es ging einfach über in das freie Land.
    Dort stand das kleine Gartenhaus!
    Tommy wusste nicht viel darüber. Es war so alt wie das große Haus selbst. Man hatte es auch nicht aus Holz erbaut, sondern aus festem Stein, der Wind und Wetter trotzte. Der Regen hatte die Nord- und die Westseite des Steinbaus feucht werden lassen. Im Laufe der Jahre hatten sich Moose und Pilze angesammelt und auf dem Stein eine fingerdicke Schicht hinterlassen. Fenster gab es auch. Die allerdings lagen nicht mehr so frei, denn vom Boden her waren die Lianen und Efeugewächse in die Höhe gerankt und hatten auch die alten Fenster nicht ausgelassen. Sie mussten aus einem guten Glas bestehen, denn selbst die langen Jahre hatten bei ihnen keine Risse und Sprünge hinterlassen.
    Die Tür des Gartenhauses war recht schmal, aber auch stabil.
    Die lange Zeit hatte das Holz nicht verfaulen lassen, und für einen Moment blieb Tommy vor der Tür stehen.
    Um das Gartenhaus herum wuchsen Bäume, die es schützten wie Leibwächter. Auf dem feuchten Dach klebten Blätter, die den Weg bis zum Boden nicht geschafft hatten. Um das Haus herum verteilte sich das Laub wie ein Teppich aus schwermütigen Farben. Im Hellen waren auch die feinen Netze der herbstlichen Spinnweben zu sehen, die sich in das alte Mauerwerk festgekrallt hatten und selbst durch starke Orkanböen nicht abgerissen wurden.
    Tommy freute sich darauf, das Haus betreten zu können, aber er wartete noch ab. Er drehte sich um, weil er noch einen Blick zurückwerfen wollte. Seine Mutter hatte ihm in dieser Nacht überhaupt nicht gefallen. Okay, sie war nie dafür gewesen, dass er das Gartenhaus allein betrat, doch diesmal hatte er ihren Widerstand besonders hart gespürt. Da hatte sich sogar eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen gebildet. Er wusste, dass er seiner Mutter viel zumutete, und er hoffte, dass sie nicht auf die Idee kam, ihn eines Nachts doch noch zu begleiten.
    Nein, sie kam nicht.
    Wenn, dann bewegte sich nur der Dunst, aber kein Wesen in ihm, und das war gut.
    Tommy wandte sich wieder der schmalen Tür zu. Die alte Klinke hatte dicken Rost angesetzt. Das Zeug kratzte auf seiner Handfläche und schmierte auch, weil es feucht geworden war.
    Seine Mutter hätte das Gartenhaus ebenfalls betreten können, denn die Tür war nie abgeschlossen. Genau das aber getraute sie sich nicht, denn sie wollte nicht in das eindringen, das mit dem menschlichen Verstand so gut wie nicht zu begreifen war.
    Wie immer schabte die untere Seite der Tür über den Boden, und es hörte sich an, als würde ein Tier kaum unterdrückt aufstöhnen. Auch die Angeln hätten geölt werden müssen, denn sie protestierten ebenfalls gegen die Bewegung.
    Tommy zog die Tür nur so weit auf wie es nötig war, um in das Haus zu schlüpfen. Danach, drückte er sie wieder zu und blieb zunächst einmal stehen, wie immer.
    Er genoss die Atmosphäre. Er musste sich an sie gewöhnen.
    Er liebte diese absolute Stille, denn die alten Mauern hielten alles Fremde von ihm ab. Was draußen passierte, interessierte niemand mehr. Das war eine andere Welt, sogar eine andere Zeit, in der alles, was das Leben ausmachte, verschwunden war.
    Tommy schloss die Augen. Er musste es tun. Er wollte genießen. Und er wollte seine Verwandlung in einen anderen erleben, obwohl er innerlich der Gleiche blieb.
    Aber er wusste, dass er die normale Welt hinter sich gelassen hatte und nun in eine hineingetreten war, in der andere Regeln und Gesetze herrschten, obwohl sich diese Veränderung nicht offen zeigte.
    Er war ausersehen, er würde immer diesen Weg gehen, bis er das Ziel erreicht hatte.
    Nach ungefähr einer Minute hatte er sich an die neue Umgebung gewöhnt. Ein tiefer Atemzug nach dem Öffnen der Augen brachte ihn wieder zurück in die Wirklichkeit. Mit einer schnellen Bewegung holte er seine kleine Lampe aus der Tasche, schaltete sie ein und drehte sich, wobei seine Augen dem kleinen Lichtkegel folgten, der zuckend wie ein vom Himmel gefallener Stern durch die Dunkelheit wanderte und das sichtbar machte, was zu Beginn der
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