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1230 - Psychofrost

Titel: 1230 - Psychofrost
Autoren: Unbekannt
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Ernst Ellert, der mit Ras Tschubai und den restlichen Überlebensspezialisten des Unternehmens Winterplanet als Eingreifreserve auf der Korvette zurückgeblieben war, riet uns von dem Wagnis ab.
    Aber wir hatten keine andere Wahl.
    Wir mußten Verbindung mit der hanischen Bevölkerung aufnehmen. Wir mußten herausfinden, warum die Hyperfunksender, die Radiound Trivideostationen des Planeten schwiegen. Auf Zülüt lebten zwei Milliarden Hanen. Waren sie alle dem Psychofrost zum Opfer gefallen? Waren sie in die erbarmungslose Falle des psychomotorischen Wiederholungszwangs gegangen, oder in der barbarischen Kälte der kryophysikalischen Komponente erfroren?
    Jenseits der Grenzen des Pliyirt-Systems sammelte sich eine Evakuierungsflotte aus mehreren tausend GAVÖK-Einheiten. Gatas und die anderen zivilisatorischen Zentren der galaktischen Eastside hatten Hospital- und Containerschiffe in Marsch gesetzt. Aus dem Kugelsternhaufen M13 näherten sich Flottentender vom DINO-Typ: Fliegende Großtransmitter, deren Gegenstationen auf Olymp standen, wo in fieberhafter Eile Vorbereitungen für die Rettung von zwei Milliarden Blues getroffen wurden.
    Doch die Rettungsaktionen konnten erst anlaufen, wenn die Situation auf Zülüt geklärt war; wenn wir mehr über die Eisigen, ihre Pläne, ihre Stärke erfahren hatten.
    Zu oft hatten in der Vergangenheit Mißverständnisse zu Katastrophen geführt.
    Und deshalb durften Einheiten der GAVÖK, der LFT und der Hanse das Pliyirt-System erst anfliegen, wenn das Unternehmen Winterplanet abgeschlossen war.
    Wir erreichten die Küstenstadt.
    Und was wir dort vorfanden, übertraf unsere schlimmsten Befürchtungen.
    Die Satellitenbilder hatten uns auf den heulenden Schneesturm vorbereitet, der die Häuser der Stadt unter weißen Bergen begrub. Wir wußten, daß die Straßen und Gassen vereist waren und daß das Eis wie Kristall auffunkelte, wenn der Blizzard Atem holte und die Sonne für kurze Sekunden am Himmel sichtbar wurde. An den Kais wuchsen Gletscher empor und zermalmten die vor Anker liegenden Schiffe, die Hafenanlagen und die nahen Gebäude. Arktische Kälte hielt die Stadt umfangen.
    All das hatten wir erwartet.
    Aber niemand hatte sich vorstellen können, daß in dieser sturmgepeitschten Tiefkühltruhe Hanen in leichter Sommerkleidung über das gefrorene Küstenmeer wandeln würden. Hanen, eisverkrustet wie ihre Stadt, mit Rauhreif auf den Augen.
    Ich habe Blues gesehen, die bei sechzig Grad unter Null im Blizzard saßen und schweigend beobachteten, wie Eiszapfen an ihren Tellerköpfen wuchsen.
    Ich habe Blues gesehen, die reglos, leblos in verschneiten Zimmern lagen, erfroren im Psychofrost, und die sich plötzlich regten, bewegten und zu einem neuen Leben erwachten, das nichts mit ihrem alten Leben zu tun hatte.
    Ich habe Blues gesehen, die unter dem Einfluß der psychomotorischen Komponente sinnlose Gesten und tausendmal gesagte Worte ständig wiederholten, bis plötzlich Rauhreif ihre Glieder überzog und der Funke einer fremdartigen Intelligenz in ihren Augen aufglomm.
    In dieser Stadt lernten wir die dritte und gefährlichste Komponente des Psychofrosts kennen: Die metamorphische Komponente. Und als wir begriffen, was sich dahinter verbarg, da dämmerte uns zum erstenmal das wahre Ausmaß der ungeheuerlichen Gefahr, die von Wesen wie Yürn ausging.
    Während die psychomotorische Komponente die Seele gefror und die kryophysikalische Komponente eine ganze Welt in eine Tiefkühltruhe verwandeln konnte, machte die dritte Komponente des Psychofrosts aus Geschöpfen unseres Kosmos... Eisige.
    Wer der dritten Komponente erlag, verlor fast alle persönlichen Erinnerungen an sein altes Leben, büßte seinen alten Charakter ein und behielt nur abstrakte Kenntnisse und Fähigkeiten. Er verwandelte sich an Geist und Körper. Er metamorphierte zu einem Eisigen und verbreitete von diesem Moment an ebenfalls den Psychofrost.
    Das Schneeballsystem.
    Der Psychofrost war mehr als eine psychologische Waffe, mehr als ein Mittel zur Anpassung der physikalischen Umwelt an die Bedürfnisse eines Eisigen. Der Psychofrost sorgte dafür, daß die Zahl der Eisigen wuchs, und zwar mit einer Schnelligkeit, die uns zutiefst erschreckte.
    War nicht jeder Widerstand von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn ein Eisiger genügte, die nach Milliarden zählende Bevölkerung eines ganzen Planeten in Eisige zu verwandeln? fragten wir uns. War die Milchstraße unter diesen Umständen überhaupt vor diesem
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