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117 - Der Zauberspiegel

117 - Der Zauberspiegel

Titel: 117 - Der Zauberspiegel
Autoren: Dämonenkiller
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verkaufen. Sie war in die Wohnung in der Park Lane gezogen, die ihr Vater eigentlich nur gemietet hatte, um ihr, wenn sie eine späte Vorlesung hatte, den weiten Weg nach Hause zu ersparen. Um sich zu betäuben, sich abzulenken, hatte sie voller Eifer ihr Studium wieder aufgenommen. Völkerkunde, Psychologie und Soziologie waren die Fächer, die sie besonders interessierten. Verzweifelt hatte sie Anschluß gesucht. Es war ihr unerträglich gewesen, allein zu Hause zu sein. Und sie hatte den Anschluß gefunden.
    Tony Burston war ihr als ein Geschenk des Himmels vorgekommen. Er und seine engsten Freunde und Freundinnen hatten eine Kommune gegründet. Begeistert hatte sie seinen Theorien gelauscht, die er mit Hilfe der Kommune praktisch erproben wollte. Burstons großes Vorbild war John Humphrey Noyes, der Prediger aus Vermont, der 1848 mit einer Gruppe treuer Gefolgsleute die Oneida- Gemeinschaft im Staat New York gegründet hatte.
    Sheila war ein naives Mädchen gewesen. Intime Beziehungen zu einem Mann hatte sie nie gehabt. Für sie war alles neu und faszinierend, was ihr Tony Burston erzählte. Sie war Wachs in Tonys Händen gewesen.
    Burston hatte Noyes Ansichten zu den seinen gemacht. Er behauptete, daß man zur geistigen Vollkommenheit gelangen könnte, wenn man die persönlichen Interessen dem Gemeinwohl unterordnete.
    Drei Tage, nachdem sie Burston kennengelernt hatte, war Sheila keine Jungfrau mehr gewesen; und sie hatte diesem Zustand auch keine Träne nachgeweint. Zwei Tage später trat sie in die Kommune ein und beauftragte ihren Anwalt Sam Westham, ihr ganzes Vermögen zu verkaufen. Doch das war nicht möglich, da das die Testamentsbestimmungen ihres Vaters verhinderten. Sheila konnte jährlich über etwa fünfzigtausend Dollar verfügen, die sie Burston gab, der daraufhin ein Haus in der Cornelia Street kaufte und es renovieren ließ.
    Die Kommune wuchs rasch. Bald gehörten ihr über zehn junge Paare an.
    Ein paar Wochen war Sheila glücklich gewesen. Burston predigte täglich die Lehren John Humprey Noyes und erzählte von der Oneida-Gesellschaft, verschwieg aber wohlweislich, daß die Gruppe sich 1880 aufgelöst hatte.
    Mit der Zeit rückte er auch mit den Ansichten von Noyes hervor, die er bisher verschwiegen hatte. Es handelte sich um den Kernsatz Noyes:
    Die Monogamie hindert den Mann wie die Frau daran, die beiden zentralen Lehren des Christentums zu befolgen nämlich Gott zu lieben und den Nächsten.
    Bei der Oneida-Gesellschaft war jeder Privatbesitz verboten gewesen, und auch Privatbindungen wurden abgelehnt. An die Stelle der Monogamie trat die Gesamtehe. Jeder Mann galt als Gatte jeder Frau und umgekehrt. Jeder durfte mit jedem sexuelle Beziehungen unterhalten. Verliebte sich jedoch ein Paar ineinander, so galt dies als Sünde.
    Sheila war entsetzt, als sie erfuhr, daß Tony Burston auch diese Grundsätze in der Kommune vertreten wollte; und sie war noch mehr entsetzt, als alle anderen Mitglieder Burstons Vorschlag begeistert zustimmten.
    Für sie war eine Welt zusammengebrochen, als sie die wahren Absichten Tony Burstons erkannt hatte, aber sie hatte noch zu sehr an ihm und dem angenehmen Leben in der Kommune gehangen; der Gedanke, wieder allein zu sein, war ihr damals unerträglich gewesen. Sie hatte nachgegeben und nach und nach sexuellen Kontakt mit allen männlichen Mitgliedern der Kommune gehabt. Sie hatte sich gefügt und sich einzureden versucht, daß das natürlich war. Doch ihr Widerwille und ihr Ekel waren von Tag zu Tag gewachsen, bis es einfach unerträglich für sie geworden war.
    Gestern hatte sie den Schlußstrich unter ihr Leben in der Kommune gezogen. Tony hatte ihr fassungslos zugehört, als sich ihre angestaute Wut entladen und sie ihm ins Gesicht geschrien hatte, was sie von ihm und seiner verdammten Kommune hielt. Fluchtartig hatte sie danach das Haus verlassen, war in die Wohnung in der Park Lane gefahren und hatte Doris Zabrowsky angerufen, die ihre einzige Freundin war.
    Das Zusammensein mit Doris hatte ihr gutgetan. Dann war die Bemerkung über die Spiegelsammlung gefallen. Doris wußte, daß Sheila seit jeher eine Schwäche für schöne alte Spiegel hatte; und Sheila war es als eine gute Idee vorgekommen, sich die Sammlung anzusehen.
    „Was ist in Jason Browns Haus geschehen?" fragte Sheila sich leise.
    Doch ihre Erinnerung kam nicht zurück.
    Erbost hob sie den Kopf, als Tony Burston ins Zimmer trat.
    „Ich habe dir gesagt, daß ich allein sein will", fauchte
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