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1159 - Seth-Apophis

Titel: 1159 - Seth-Apophis
Autoren: Unbekannt
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dornartig verhärtete Spitze drang durch den schwarzen Pelz des Nagers. Augenblicklich erstarrten die panischen Bewegungen des kleinen Körpers. Das Gift, das Seth-Apophis in einer Drüse unterhalb der Zunge speicherte, war tödlich.
    Der Heel hatte sein Opfer. Er zerrte es vollends aus dem sandigen Trichter hervor und legte es zu Boden. Warum hatte er das getan? Sein Bauch war voll. Wozu also hatte er den Nager geschlagen?
    Er sah auf. Sein Blick fiel auf die goldene Maschine. Eine ungewöhnliche Anziehungskraft ging von ihr aus. Er wußte mit einemmal, warum er das kleine Tier getötet hatte. Er packte es mit den Zähnen beim Genick und hob es auf. Er sicherte nach allen Seiten, und als er sich vergewissert hatte, daß ihm von nirgendwoher Gefahr drohte, setzte er sich in Bewegung.
     
    *
     
    Über ihm wölbte sich das riesige Gebilde der goldenen Maschine. Er hätte Angst empfinden sollen, aber die Regungen des Instinkts wurden unterdrückt von einem mächtigen Empfinden, das er nie zuvor in solcher Intensität gespürt hatte: Zuneigung, Verehrung und - Neugierde.
    Das Äußere der Maschine bestand aus großen, glatten Flächen, die aus einem harten, goldfarbenen Metall gefertigt waren und entlang geradliniger Kanten in stumpfen Winkeln aufeinander stießen. So glatt waren die metallenen Flächen, daß Seth-Apophis die Hügel, den Wald und die sanft dahingleitenden Wellen des Sees sich darin spiegeln sah.
    Aus vier der strahlend glatt polierten Seitenflächen ragten plattformähnliche Auswüchse.
    Die Einzelheiten seines Vorhabens waren dem Heel noch nicht klar. Er hatte keinen Plan.
    Er verfolgte eine empirische Vorgehensweise, bei der sich der nächste Schritt aus dem vorhergehenden ergab. Aber eines war ihm klar: Er mußte eine der vier Plattformen erreichen. Das wiederum war eine schier undurchführbare Aufgabe, denn der niedrigste der vier Vorsprünge lag fünfzehn Meter über dem Boden.
    Acht spiralförmige Gebilde ragten aus den Ecken der goldenen Maschine hervor. Sie wirkten zart und zerbrechlich, und Seth-Apophis erwartete unwillkürlich, sie im Wind schwanken und zittern zu sehen. Aber sie ragten starr und unbeweglich in die Höhe, in den klaren Himmel gerichtet, einer Aufgabe dienend, die der Heel nicht zu erfassen vermochte.
    Noch nicht...
    Nachdem er die Maschine mehrmals umrundet hatte, wußte er, daß es nur eine Möglichkeit des Aufstiegs gab, und selbst die war so prekär, daß er unter normalen Umständen den dürren, haarlosen Schwanz eingezogen und sich davongetrollt hätte. Die Wurzeln eines mächtigen Baumes hatten sich nach einem der letzten Regengüsse so gelockert, daß der Stamm vornüber gesunken war. Einer der Äste führte in Sprungweite an der Außenkante der zweitobersten Plattform vorbei. Seth-Apophis war kein besonders guter Kletterer. Er jagte seine Beute zu ebener Erde. Aber hier gab es keine Wahl. Eine Macht, die sich in seinem trüben Bewußtsein angesiedelt hatte, gebot ihm, sein Widerstreben zu überwinden und den Aufstieg zu wagen.
    Die Mühe war längst nicht so groß, wie er erwartet hatte. Es überraschte ihn, wie schnell er vorwärts kam, obwohl er immer noch das tote Beutetier im Fang trug. Seinen Krallen wohnte eine neue Kraft inne, sein Gleichgewichtsempfinden war untrüglich.
    Flink, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, als sich im Gezweig der Bäume zu bewegen, huschte er den Ast entlang. Dort, wo er dem Rand der Plattform am nächsten kam, machte er halt. Er schwenkte den Kopf hin und her, um dem schlaffen Körper des Nagers den nötigen Schwung zu versetzen; dann öffnete er den Rachen und ließ die Beute fahren. Sie landete mitten auf der Plattform. Seth-Apophis wußte es nicht, aber er hatte in diesem Augenblick ein Prinzip angewandt, das ihm früher nie in den Sinn gekommen wäre. Um sich den Sprung hinüber zur Plattform zu erleichtern, hatte er, wenn auch nur vorübergehend, sich seines kostbaren Jagdpreises entledigt. Wäre ihm die Fähigkeit des Nachdenkens gegeben gewesen, er hätte sich wohl den Kopf darüber zerbrechen mögen, woher solche Klugheit plötzlich kam.
    Er setzte mühelos zur Plattform hinüber. Die ausgiebige Mahlzeit, die er erst vor kurzer Zeit zu sich genommen hatte, behinderte ihn nicht mehr. Er nahm die Beute wieder auf und trottete dorthin, wo die schimmernde Wand der goldenen Maschine in die Höhe ragte.
    Er wußte wohl, daß das Bild, das er in der glatten, spiegelnden Fläche vor sich sah, sein eigenes war. Aber es
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