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1122 - Der Prophet des Teufels

1122 - Der Prophet des Teufels

Titel: 1122 - Der Prophet des Teufels
Autoren: Jason Dark
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Schon einmal hatte es geklappt, und beim zweiten Mal würde es sicherlich auch glatt verlaufen.
    Wieder sah er das Zittern seiner Finger. Er spürte auch den Schweiß auf den Kuppen, der sich ebenfalls auf seinem gesamten Körper ausgebreitet hatte. Die Kleidung klebte. Sein Herz schlug schneller. Das Zittern regte ihn auf, war aber nicht zu vermeiden, und so griff er dann blitzschnell zu, um es hinter sich zu bringen. Er hatte in die Mitte des Kartenfächers gefasst und ein Blatt hervorgeholt.
    »Danke!« rief der Prophet.
    »Dann können Sie ja nun gehen!«
    »Nein, noch nicht, Herr Pfarrer. Sie haben vergessen, die Karte umzudrehen. Oder wollen Sie nicht wissen, was Sie da gezogen haben? Es ist wichtig für Sie.«
    »Ich würde sie am liebsten wegwerfen.«
    »Das wäre schlecht für Sie.«
    »Warum?«
    »Drehen Sie die Karte!«
    Die Worte hatten wie ein Befehl geklungen, gegen den sich der Pfarrer nicht wehren konnte. Darüber ärgerte er sich. Nie zuvor hatte er sich von einem Fremden so vorführen lassen, zudem noch unter den Augen von Zuschauern.
    An diesem Tag war alles anders. Man hatte ihm einen Teil seines Ichs genommen. Er fühlte sich in der Nähe des Propheten wie eine Marionette, die nur das tat, was ihr befohlen wurde. Er wusste auch, dass er sich nicht dagegen wehren konnte. Diese Kraft würde er einfach nicht aufbringen, und der andere wartete.
    Sekunden verstrichen. Der Prophet sprach ihn wieder an. »Wovor haben Sie Furcht? Vor der Zukunft? Vor Ihrem Schicksal? Sie haben das Kartenspiel als ein Gebetbuch des Teufels verurteilt. Wenn das stimmt, dann müssten sie Furcht vor dem Teufel haben. Dann glauben Sie auch an ihn. Oder liege ich da falsch?«
    »Hören Sie damit auf, verdammt!«
    Der Prophet lachte. »Ein fluchender Pfarrer? Wie nett! Das kommt in der Öffentlichkeit auch nicht oft vor. Aber drehen Sie endlich die gezogene Karte um. Es ist wichtig!«
    Die letzten Worte waren beschwörend gesprochen worden, und diesmal ließ sich der Pfarrer nicht lange bitten. Er drehte sie um und starrte jetzt auf die Vorderseite.
    Der erste Blick reichte aus, um den Eindruck zu bekommen, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Wäre er jetzt in das Grab gefallen, er hätte sich nicht gewundert. Aber er blieb stehen und spürte das Zittern in seinen Knien.
    Plötzlich verschwamm das Bild auf der Karte vor seinen Augen.
    Der Mann zwinkerte. Er hasste die Karte, und er hasste sich selbst, weil er sie gezogen hatte.
    Auf dem weißen Hintergrund zeichnete sich ein schwarzgraues Symbol ab. Ein Skelett mit einer Sense. Es war die Karte des Todes, die der Pfarrer gezogen hatte…
    ***
    Und wieder wurde es still. Sogar noch stiller, wie der Geistliche meinte. Er war geschockt. Zwar hatte er nie an diese Kartentricks geglaubt, aber in dieser Umgebung traf ihn die Wahrheit besonders hart. Der Prophet hatte von seinem Schicksal gesprochen, und der Pfarrer wusste plötzlich, dass es keine Lüge gewesen war.
    Er hielt es in der rechen Hand!
    Auch die Zuschauer sagten nichts. Es war nicht einmal sicher, ob sie überhaupt sahen, welche Karte ihr Pfarrer in der Hand hielt. Es musste eine schlimme Bedeutung haben, sonst hätte er nicht so gezittert. Es war ihm auch nicht möglich, die Karte länger zu halten.
    Sie rutschte aus seinen Fingern und fiel zu Boden. Dicht neben der Graböffnung blieb sie mit der Vorderseite nach oben liegen.
    Das wollte der Prediger nicht so hinnehmen. Er bückte sich und hob das Blatt auf. Diesmal behielt er es und streckte auch den Arm in die Höhe. Er drehte die Karte so, dass die anderen das Motiv ebenfalls erkennen konnten.
    »Ein Skelett. Euer Pfarrer hat die Karte mit dem Skelett gezogen. Kennt einer von euch die Bedeutung?«
    Eine ältere Frau, die ein schwarzes Kopftuch trug, ging einen Schritt zur Seite, bevor sie ihren Arm leicht anhob. »Ja, ich kenne die Bedeutung.«
    »Dann sagen Sie es allen.«
    »Die Karte«, sie musste Luft holen, »die Karte… sie … sie bedeutet den Tod.«
    »Sehr gut.« Der Prophet lachte scharf auf. »Ja, das haben Sie sehr gut erfasst. Diese Karte bedeutet den Tod. Sie ist die Karte des Schicksals, und es wird denjenigen treffen, der sie gezogen hat. Sie deutet sein Ende an, aber es ist das Ende, das sich in naher Zukunft einstellen wird. Ihr könnt jetzt schon damit beginnen, euch einen neuen Pfarrer zu suchen.«
    Dem wollte der Geistliche nicht zustimmen. »So wahr ich Frank Mielke heiße«, flüsterte er, aber so laut, dass es über das offene Grab
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