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1122 - Der Prophet des Teufels

1122 - Der Prophet des Teufels

Titel: 1122 - Der Prophet des Teufels
Autoren: Jason Dark
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Schritt voneinander entfernt. Es hatte sich eine fast fühlbare Spannung zwischen ihnen aufgebaut, und auch die übrigen Menschen auf der anderen Seite des offenen Grabs spürten etwas davon. Sie trauten sich kaum, ein Wort zu sprechen, aber sie gingen auch nicht weg. Alle standen da wie durch einen Fluch auf der Stelle gebannt.
    Der Prophet lächelte. Er sagte aber nichts. Stattdessen griff er untersein dunkles Cape, das an den Innenseiten wohl eine Tasche hatte. Lange brauchte er nicht zu suchen. Mit einem Griff hatte er die dünnen Packen Karten gefunden und hervorgeholt. Mit der linken Hand hielt er sie hoch, damit jeder sie sehen konnte. Dabei fächerte er sei mit flinken Fingern auseinander.
    »Karten?« flüsterte der Pfarrer.
    »Ja.«
    »Das verstehe ich nicht. Sind Sie ein Kartenspieler? Sind Sie ein Betrüger, der…«
    »Seien Sie nicht arrogant. Das steht Ihnen nicht zu. Es ist ein Spiel, aber auch Spiele können Wahrheit enthalten, das wussten schon Generationen vor Ihnen.«
    »Sie wussten aber auch, dass Karten Teufelswerk sind.«
    Der Prophet lachte. »Ja, viele haben sie verflucht. Man hat das Kartenspiel sogar das Gebetbuch des Teufels genannt, und auch ich habe darüber nachgedacht. Für mich hat die Angst der Menschen damit zu tun. Es stimmt. Sie fürchteten sich nicht vor den Karten, nein, sie fürchteten sich davor, sie offen zu legen und dann daraus zu lesen, was sie für sie bedeuten können.«
    »Ich glaube nicht daran.«
    »Aber Sie wollen mitspielen.«
    »Dabei bleibe ich auch.«
    »Sehr gut.« Der Prophet lächelte. »Ich bewundere Sie, weil Sie Ihr Versprechen einhalten.« Er senkte die linke Hand. Der Fächer aus Karten verschwand, dann begann er, sie blitzschnell zu mischen.
    Mit einer Fingerfähigkeit, über die der Geistliche nur staunen konnte. Kein Kartenhai in einem Spielcasino hätte es besser machen können.
    Auch die anderen Zuschauer waren fasziniert. Sie traten sogar näher heran, um besser zuschauen zu können. Der Grund, weshalb sie auf den Friedhof gekommen waren, der war vergessen.
    Der Prediger genoss seinen Auftritt. Er ließ die Karten zwischenseinen Händen fliegen. Dabei zeigte er den Zuschauern nicht nur die Rückseiten, aber die roten und schwarzen Farben verschmolzen ineinander bei diesem schnellen Mischen.
    Mit einer geschickten Fingerübung fächerte der Prophet sie wieder auseinander. Der Pfarrer und die Zuschauer schauten abermals die Rückseiten an, als hätte es kein Mischen gegeben.
    »Du bist ein Mann«, sagte der unheimliche Besucher, »und ich weiß, dass du als Mann genau die richtige Karte ziehen wirst. Das Schicksal hat es so bestimmt.«
    »Welche Karte soll ich ziehen?«
    »Es ist der Herz-König!«
    Der Pfarrer schaute den anderen an. Er tastete mit seinen Blicken das Gesicht ab. Er wusste selbst nicht, wonach er suchte. Wahrscheinlich nach einem Lächeln im Gesicht. Nach einem Ausdruck der Täuschung, doch die Züge blieben glatt.
    »Ziehen Sie, Herr Pfarrer. Ich bin sicher, dass Ihnen die richtige Karte in die Hand fällt.«
    »Herz-König?«
    »Ja.«
    »Und wenn nicht?«
    »Haben Sie gewonnen!«
    Der Prophet war das Risiko bewusst eingegangen, das wusste auch der Pfarrer. Er hatte vorhin beim Mischen so gut wie es eben ging zugeschaut. Jetzt wusste er auch, dass dieses Spiel aus verschiedenen Karten bestand und nicht nur aus Herz-Königen. Die Chance, ihn nicht zu ziehen, war um ein Vielfaches größer.
    »Bitte. Warum zögern Sie noch?«
    »Was hat es für einen Sinn?«
    »Den werde ich Ihnen erklären, wenn Sie die Karte gezogen haben, Herr Pfarrer.«
    »Ja, gut. Sie sollen Ihren Willen haben. Aber wenn das hier vorbei ist, dann werden Sie verschwinden. Ich bin niemand, der diesen Ort als heilig bezeichnet, aber durch Ihr Erscheinen ist er mir trotzdem wie entweiht vorgekommen.«
    »So dürfen Sie nicht reden. Es ist ein Spiel. Das Spiel von Leben und Tod. Sie können sich ihm nicht mehr entziehen…«
    Der Geistliche sah den Blick der Augen. Urplötzlich hatte der andere seinen Kopf leicht angehoben, und so hatten die Augen den Schutz der Krempe verlassen können Sie waren ruhig. Sie waren glatt, und sie waren kalt. Es gab kein Gefühl darin, und auch in den Pupillen bewegte sich nichts. Dieser Mensch strahlte eine Ruhe aus, die schon nicht mehr als menschlich zu bezeichnen war. Man konnte sie als siegessicher ansehen. So einer wie er beherrschte die Bühne des Lebens.
    »Jetzt!« sagte der Prophet.
    Der Pfarrer ärgerte sich darüber, dass die
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