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1122 - Der Prophet des Teufels

1122 - Der Prophet des Teufels

Titel: 1122 - Der Prophet des Teufels
Autoren: Jason Dark
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hatte sich der Pfarrer überwunden, einige Worte zu sagen, und er hatte seine Stimme dabei kaum wieder erkannt.
    »Ich weiß es«, sagte der Mann mit dem Hut. »Ich komme immer zu spät, aber ich komme trotzdem früh genug.«
    »Das… das… verstehe ich nicht.«
    »Sie werden es noch begreifen.« Er schaute jetzt in die Runde. »Ihr alle werdet es begreifen, die ihr euch hier versammelt habt.«
    Die Menschen waren angesprochen worden. Nur traute sich keiner, dem Fremden eine Antwort zu geben. Jeder fühlte sich unwohl und eines Teils seiner Selbstsicherheit beraubt.
    Der Geistliche übernahm wieder das Wort. Er wusste, dass er auch weiterhin gefordert war. »Wer sind Sie?« fragte er. »Wie heißen Sie? Sie kommen nicht aus dem Ort…«
    »Das weiß ich.«
    »Dann sagen Sie uns Ihren Namen und erklären Sie bitte, was Sie hier wollen.«
    »Es ist nicht üblich, dass ich euch meinen Namen nenne. Trotzdem will ich sagen, wer ich bin. Ihr könnt mich als einen Prediger und Propheten bezeichnen. Ich bin derjenige, der euch an den Tod erinnern will. Ich bin ein Spieler. Ich bin ein Millennium-Mann. Ich weiß über das Schicksal Bescheid. Vielleicht bin ich auch ein Wahrsager oder ein Gott in menschlicher Gestalt.«
    »Das bestimmt nicht«, sagte der Pfarrer.
    »Bist du sicher?«
    »Ja!«
    Der Prediger lachte. »So habe ich viele aus deiner Zunft reden hören. Aber es kann auch sein, dass ich ein Engel bin und auf die Erde kam, um eine finstere Botschaft zu bringen. Die Botschaft vom Tod, vom Ende der Welt, vom großen Zusammenbruch. All das kann leicht passieren, und es wird auch geschehen.«
    »Wie schön«, sagte der Pfarrer. Er versuchte, locker zu sein, was ihm jedoch nicht gelang. »Warum kommen Sie dann ausgerechnet zu uns? Hätten Sie das nicht an einer anderen Stelle sagen können?«
    »Nein, das wäre nicht gut gewesen. Denn der Tod muss zum Tod kommen. Beide müssen sich begegnen. Erst dann ist der Kreislauf geschlossen. So und nicht anders sehe ich die Dinge…«
    »Ich verstehe Sie«, sagte der Pfarrer. »Aber zugleich weiß ich, dass der Tod eines Menschen nicht das Ende ist. Es ist mehr ein Neubeginn, denn der Mensch wird…«
    »Sagen Sie nicht das, was man Ihnen schon immer erzählt hat«, unterbrach der Prediger den Geistlichen. »Sie können es nicht beweisen, aber ich werde diesen Beweis antreten.«
    »Wie denn?«
    »Deshalb bin ich hier.« Er deutete eine Verbeugung an und wirkte dabei so überzeugend, als hätte sich der Teufel persönlich vor den Menschen und dem Toten verbeugt. Seine Augen waren nicht zu sehen, die Krempe saß einfach zu tief, aber er war jemand, der sich nicht aus dem Konzept bringen ließ.
    Mit lockeren Schritten ging er weiter. Er umrundete die kleine Trauergemeinde. Jeder von ihnen fühlte sich wie ein Schaf, das in der Herde Schutz suchte.
    Der Fremde ging zum Pfarrer hin. Der Mann wollte zurückweichen, da er den direkten Kontakt scheute. Er schaffte es nicht. Er versteifte sich nur, und er dachte auch daran, dass es vielleicht nicht gut war, wenn er vor den Trauergästen eine gewisse Feigheit zeigte.
    Deshalb blieb er auf seinem Platz stehen, auch wenn es ihm verdammt schwer fiel.
    »Wir können den Test machen«, schlug der Prediger vor.
    »Welchen Test?«
    Der Fremde breitete die Arme aus. »Wer von uns recht hat. Du oder ich? Ich stehe für den Tod. Du für das Leben. Alle sollen sehen, wer letztendlich die Wahrheit spricht.«
    Der Tote war vergessen, die Rede auch. Der Pfarrer war einzig und allein auf den Fremden fixiert und fragte: »Wie wird dieser Test denn aussehen?«
    »Sei nicht so neugierig. Ich will nur von dir wissen, ob du ihn mit mir machen willst oder nicht.«
    Der Pfarrer wusste, dass er sich jetzt nicht blamieren durfte. Wenn er ablehnte, war er bei den Menschen unten durch.
    Es passte nicht hierher. Er sah es als eine Störung des Rituals an.
    Schon als Blasphemie, doch die Sachzwänge überzeugten ihn, und so stimmte er mit einem Nicken zu.
    »Bravo, ich wusste es.«
    »Wollen Sie Zuschauer dabeihaben?«
    »Das wäre mir recht.«
    Der noch junge Pfarrer nickte. Gut ging es ihm nicht. Auf seinem Hals und im Nacken hatte sich kalter Schweiß gesammelt. Er atmete auch nicht mehr normal, der Druck war einfach zu stark geworden, und ihm war das Heft aus den Händen genommen worden. Er warf einen fast verzweifelten Blick zu der nahen Kirche hin, doch auch von diesem grauen Gemäuer wurde ihm kein Trost gespendet.
    Der Prophet und der Pfarrer standen nur einen
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