Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
106 - Schatten des Krieges

106 - Schatten des Krieges

Titel: 106 - Schatten des Krieges
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
Frage riss ihn aus seinen Gedanken.
    »Nein, Sir. Entschuldigung, Sir«, antwortete er und ging schneller. Die Stiefelsohlen des Generals knallten bei jedem Kontakt mit dem grauen Betonboden, seine eigenen klangen nur dumpf und schlurfend. Er versuchte mit Crow Schritt zu halten und gleichzeitig hinter ihm zu bleiben, denn die Geographie des weitläufigen Bunkersystems stellte ihn immer wieder vor Rätsel. Allein hätte er den Roosevelt-Raum vermutlich problemlos gefunden, in Gegenwart seines Vorgesetzten hakten seine Gedanken jedoch. Er war sich nicht mehr sicher, ob der Konferenzraum im gleichen Gang wie der Grant-Saal oder das Wilson-Zimmer lag.
    Crow bog so scharf nach rechts ab, dass Garcia beinahe mit ihm kollidiert wäre. Im letzten Moment wich er aus.
    »Entschuldigung, Sir.«
    Seit vier Wochen erst diente er als Adjutant des Generals, doch in dieser Zeit hatte er sich häufiger entschuldigt als in seinem gesamten vierunddreißigjährigen Leben. Er schien nichts richtig machen zu können, versagte selbst bei den einfachsten Aufgaben. Wenn er sich mit Crow in einem Raum aufhielt, wünschte er sich sehnlichst, unsichtbar zu werden.
    Am liebsten hätte er seinen Vater, der gleichzeitig sein Vorgesetzter war, gefragt, weshalb er ihn auf diesen Posten versetzt hatte, aber er fürchtete sich vor der Antwort. Also schwieg er und versuchte Crow so wenig wie möglich zu verärgern.
    »Garcia!«
    Er zuckte zusammen und drehte sich um. Crow hatte vor einer Tür gestoppt, auf der in schwarzer Schrift Roosevelt-Konferenzraum stand. Er selbst war in Gedanken versunken zwanzig Meter weiter gegangen.
    »Entschuldigung, Sir.«
    Garcia hastete zur Tür, öffnete sie und salutierte. Innen hörte er, wie jemand »Achtung!« brüllte und Stühle zurückgeschoben wurden.
    »Sergeant Major McGovern und Spähtrupp melden sich wie befohlen, General Crow, Sir!« Die Stimme des Soldaten hallte bis in den Gang hinein. Garcia schloss die Tür und blieb breitbeinig und mit hinter dem Rücken verschränkten Armen stehen.
    Die sechs Männer, die ihm entgegen blickten, salutierten.
    Crow erwiderte den Gruß und zog sich einen Stuhl heran.
    »Ich freue mich, dass Sie und Ihre Leute wohlbehalten zurückgekehrt sind, Sergeant Major«, sagte er. In seiner Stimme lag eine Freundlichkeit, die Garcia noch nie gehört hatte. »Setzen Sie sich. Mein Adjutant wird Ihnen etwas zu trinken und zu essen bringen, wenn Sie es wünschen.«
    McGovern blieb stehen. Er war ein harter, durchtrainierter Mann, der wie die anderen Soldaten seinen Kopf kahlgeschoren hatte. Alle sechs trugen eine Tätowierung über dem linken Ohr. Semper Fi , las Garcia, das Motto der Marines.
    »Danke, Sir!«, brüllte McGovern. Soldaten wie er verlernten bereits im Boot Camp, wie normale Menschen zu reden. »Das ist nicht nötig, Sir!«
    Crow nickte, als habe er nichts anderes erwartet. »Dann bitte ich um Ihren Bericht, Sergeant Major.«
    »Ja, Sir!«
    Garcia verzog das Gesicht, als McGovern lautstark die Erkenntnisse seines Teams vorzutragen begann. Tatsache reihte sich an Tatsache, Zahl an Zahl. Miki Takeos Androidenarmee schien erheblich größer geworden zu sein, die Produktionszeiten erheblich geringer. Crow hörte anfangs interessiert, dann angespannt zu.
    »Die Daten aus den Laborcomputern werden zur Zeit in der strategischen Abteilung analysiert, Sir. Wir konnten nur einen kurzen Blick darauf werfen, aber auch in Material und Ausstattung scheint es Verbesserungen zu geben. Das ist alles, Sir.«
    »Danke. Hervorragende Leistung, McGovern.« Crow lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Haben Sie alles mitgeschnitten, Lieutenant?«
    Garcia dachte an den Handcomputer, der vergessen in seiner Hosentasche steckte. »Nein, Sir. Entschuldigung, Sir.«
    Er bemerkte die kurzen Blicke, die sich die Teammitglieder zuwarfen, als Crow betont langsam mit der Hand über seine Glatze strich. Jedem im Raum war klar, was als nächstes passieren würde.
    McGovern räusperte sich. »Sir, ich habe mir die Freiheit genommen, meinen eigenen Bericht mitzuschneiden, um ihn später auf eventuelle Fehler oder Auslassungen zu überprüfen. Wenn Sie es wünschen, lasse ich Ihrem Adjutanten eine Kopie zukommen.«
    »Ich danke Ihnen, Sergeant Major.« Crow sah Garcia nicht an. »Lieutenant, rufen Sie das Büro des Präsidenten an. Ich brauche noch vor Mittag einen Termin.«
    »Ja, Sir!« Garcia salutierte so zackig wie möglich und drehte sich um. McGoverns Einwurf hatte ihn zumindest vorübergehend vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher