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1056 - Die steinerne Charta

Titel: 1056 - Die steinerne Charta
Autoren: Unbekannt
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sagte er finster.
     
    2.
     
    Manchmal kam der kleine Oliver Javier zu seinem Vater, preßte wortlos sein Gesicht gegen die in abgewetzten Cordhosen steckenden Schenkel und ließ sich von den bläulich schimmernden Händen des Kommandanten streicheln.
    Waylon Javier, den man auch den Mann mit den Kirlian-Händen nannte, wußte um die beruhigende Kraft, die von seinen Fingern ausging, und er hätte sie seinem Sohn in keiner noch so angespannten Situation verweigert.
    Oliver Javier, von den Raumfahrern Olli-Bolli genannt, war in den Augen vieler Besatzungsmitglieder der BASIS ein wahrer Quälgeist, und einige waren sogar der Ansicht, der Kommandant sollte ihn härter anpacken und an den Ohren ziehen, statt im Nacken zu kraulen. Wer Vater und Sohn jedoch näher kannte oder die beiden gründlich beobachtete, wußte, daß sie eine innige Beziehung zueinander unterhielten, die so schnell durch nichts gestört werden konnte.
    Auch diesmal, als sein Sohn den Kopf zwischen seinen Beinen vergrub, strich Waylon Javier ihm über den Kopf, allerdings nicht so konzentriert, wie er das sonst zu tun pflegte.
    Olli-Bolli reagierte darauf mit einem mißbilligenden Brummen.
    „Tut mir leid", entschuldigte sich Waylon sofort und klopfte dem Kleinen auf den Rücken.
    „Aber ich bin mit meinen Gedanken schon auf Khrat."
    Der Junge hob den Kopf und sah zu dem Kommandanten auf.
    „Ich habe Angst, wenn du wieder dorthin gehst!"
    Waylon Javier lächelte.
    „Unsinn!" sagte er. „Das psionische Labyrinth ist erloschen und die Seth-Apophis-Komponente aus dem Dom Kesdschan vertrieben. Tengri Lethos, dessen Bewußtsein sich in der Hülle des Domes befindet, hat zusammen mit den Domwarten und Zeremonienmeistern die völlige Kontrolle über die Anlage. Es besteht nicht die geringste Gefahr für Besucher."
    Mit seiner Antwort bewies das Kind, daß es trotz seiner sechs Jahre in der Lage war, kompliziertere Überlegungen anzustellen.
    „Die Anlage ist sicher in Ordnung. Aber wie sieht es darunter aus? In diesem Gewölbe?
    Ich weiß, daß ihr, Perry, Roi und du, dorthin gehen wollt."
    Waylon nickte langsam.
    „Das ist richtig, aber es handelt sich nur um den Besuch in einer Art Lager. Lange werden wir uns dort sowieso nicht aufhalten, denn die Feierlichkeiten für Perrys Ritterweihe im Dom Kesdschan sollen bald beginnen."
    „Ist Perry nicht mehr krank?"
    „Ich glaube nicht", antwortete der Kommandant unsicher und fuhr fort, seinen Sohn gedankenverloren zu streicheln. „Du weißt, daß wir ihn sogar für tot hielten. Der Kampf um den Dom hat ihn viel Kraft gekostet, aber er hat eine gute Konstitution."
    „Und einen Zellaktivator!"
    „Ja, natürlich."
    „Möchtest du auch einen?"
    „Ja", sagte Waylon widerstrebend. „Jeder träumt ab und zu von der Unsterblichkeit, und ich mache da keine Ausnahme."
    „Eines Tages würde ich dann älter sein als du!"
    „Gesetzt den Fall, ich trüge einen Aktivator - ja."
    Waylon, der sein Kind genau kannte, spürte, daß Oliver angestrengt darüber nachdachte. Was er dem Jungen nicht verraten hatte, war, daß er tatsächlich Unbehagen empfand, wenn er an den bevorstehenden Ausflug in das Gewölbe unter dem Dom Kesdschan dachte. Dieses Gefühl hing zweifellos mit den Ereignissen zusammen, die sieh vor einigen Tagen zugetragen hatten und bei denen ein erbarmungsloser (wenn auch für die meisten menschlichen Beobachter unverständlicher) Kampf um den Dom stattgefunden hatte.
    Für Javier war es ein Schock gewesen, einen Ableger von Seth-Apophis hier, 86 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt, aktiv zu erleben. Das deutete auf Zusammenhänge hin, von denen bisher niemand - ausgenommen vielleicht Perry Rhodan - etwas geahnt hatte.
    „Kommandant Waylon Javier wird in der Hauptschleuse von Sektor acht erwartet", kam eine Stimme aus dem Interkom und unterbrach seine Überlegungen.
    Er zog den Jungen hoch und stellte ihn auf die Beine.
    „Es ist soweit", sagte er. „Perry und Roi warten wahrscheinlich schon auf mich."
    Er küßte Oliver auf die Stirn.
    „Bringst du mir etwas mit?" wollte das Kind wissen.
    Waylon sah ihn abschätzend an.
    „Woran denkst du?"
    „An etwas aus dem Gewölbe! Es muß mir Macht und Stärke verleihen."
    „Macht und Stärke hältst du also für unbedingt erstrebenswert", stellte der Kommandant der BASIS mißbilligend fest. „Wie oft haben wir uns darüber unterhalten, daß ..."
    „Es muß nur gerade so viel sein, daß ich genauer zielen kann als Leo und
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