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1020 - Doriel

1020 - Doriel

Titel: 1020 - Doriel
Autoren: Jason Dark
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ihrer Umgebung sah, hatte sie das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Irgend etwas, das Sie sich nicht erklären konnte, lauerte in ihrer Nähe. Sie wußte nicht, was es war. Vielleicht bildete sie sich die Dinge auch nur ein. Es spielte ihr die Phantasie einen Streich. Je näher sie allerdings der Insel kam, um so stärker wurde der Eindruck.
    Manchmal drehte sich Jane auf ihrer Sitzbank sogar ruckartig um, aber sie sah nichts. Der Nebel war einfach zu dicht. Er blieb auch nicht liegen. Er bewegte sich. Er trieb, er rollte sich in sich selbst auf. Er war ein Gebilde ohne Anfang und Ende und sorgte auch dafür, daß die Geräusche verschluckt wurden.
    So hörte sie zwar das Klatschen der Wellen gegen die Außenwände des Boots, aber das klang gedämpft, denn der Nebel verschluckte einen Teil der Laute.
    Einmal schlug etwas gegen die Bordwand. Als hätte eine Hand sie berührt. Jane zuckte zusammen, schaute nach und lachte, denn es war nur ein starrer Ast, der auf der Wasseroberfläche trieb.
    Kein Ufer, keine Berge dahinter. Keine Matten. Nur Nebel und Wasser. Ein Anblick, der trübsinnig machen konnte.
    Jane Collins gehörte nicht zu den Menschen, die einen Auftrag so schnell verfluchten. In diesem Fall allerdings wäre sie am liebsten umgekehrt und hätte Chadwick den Schlüssel für sein Haus auf der Insel am liebsten zurückgegeben. Auf der anderen Seite stand ihr Ehrgeiz, denn bisher hatte Jane immer durchgehalten.
    Und so fuhr sie weiter.
    Sie hielt den Kurs.
    Nach Norden, immer nach Norden, auf das gegenüberliegende Ufer zu. Irgendwo in der Mitte des Sees würde sie dann Chadwick Island erreichen, dort anlegen, den Wein holen, wieder in das Boot steigen und so schnell wie möglich zurückfahren.
    Immer wieder malte sich Jane diese Vorgänge aus, während sie in die graue Suppe starrte. Ihr schmerzten bereits die Augen, denn dieses Starren war sie nicht gewohnt.
    Wenn zumindest ein Schatten erschienen wäre. Ein Umriß in dieser grauen Wand. Vielleicht auch ein Spalt, aber da war einfach nichts zu sehen. Auch der Wind hatte sie verlassen. Es gab nichts, was den grauen Umhang hätte aufreißen können.
    Und doch erlebte Jane eine Veränderung. Zuerst nur sehr langsam, und sie dachte schon, sich geirrt zu haben, aber es passierte tatsächlich. Der sie umgebende Nebel verlor seine Kompaktheit. Er riß an einigen Stellen auf, so daß erste Lücken entstanden und an ihr die grauen, langen Fetzen vorbeihuschten.
    Eine Hoffnung. Es würde aufklaren. Über Janes Lippen huschte zum erstenmal seit langer Zeit ein Lächeln. Im übertragenen Sinne sah sie endlich Land.
    Der Nebel wich tatsächlich. Er verschwand nicht ganz, ein leichter Dunst blieb noch immer zurück.
    Aber das war nichts im Vergleich zu der Suppe, die Jane durchquert hatte. Sie atmete wieder durch.
    Die grauen Wände hatten dicke Löcher bekommen und standen dicht vor der Auflösung. Das Wasser um sie herum war wieder zu einer weiten welligen Fläche geworden, sogar das helle Licht der Sonne schimmerte in ihrer Nähe wie ein breiter Scheinwerferkegel.
    Und sie sah Land!
    Dies im wahrsten Sinne des Wortes, denn vor ihr zeichnete sich tatsächlich das Ufer einer Insel ab.
    Es war nicht mehr zu weit entfernt, obwohl es Jane noch nicht möglich war, die Umrisse klar zu erkennen, denn sie schwammen auch weiterhin im Nebel. Aber die Schatten blieben nicht mehr ohne Kontur. Hell und dunkel war zu unterscheiden. Es hatte sich ein breiter Vorhang gehoben, und Jane Collins atmete tief durch.
    Dann sah sie das Haus.
    Fast wäre sie vor Überraschung aufgestanden. Es stand auf der Insel wie ein grauer Kasten, umweht von den Dunstfetzen. Ein Haus ohne Türme, ohne irgendwelche Verspieltheiten. Es war karg, es war auf eine bestimmte Art und Weise sachlich, und es paßte haargenau in diese Gegend. So konnte Jane eigentlich zufrieden sein.
    Wie das Ufer geartet war, sah sie nicht. So entdeckte sie noch keine Stelle, an der sie anlegen konnte, aber es gab auch keine große Brandung, die ihr hätte gefährlich werden können. Nur die normalen Wellen schlugen dort vorn an.
    Jane Collins dachte nicht daran, die Fahrt zu beschleunigen, und so tuckerte das Boot auf die Insel zu. Seltsamerweise empfand Jane keine Freude, den Nebel hinter sich gelassen zu haben. Sie war auch nicht stolz darauf, auf dem Kurs geblieben zu sein und freute sich nicht darüber, dicht vor dem Ziel zu stehen. Etwas anders hielt sie umfangen, und es erinnerte an ein unsichtbares Netz aus Neugierde,
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