Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
vielleicht dergleichen Burschen bei dir bemerkt, Paddy?“
    „Hm!“ brummte der Wirt. „Traut ihr mir zu, allwissend zu sein? Kann man es einem Menschen an der Nase absehen, ob er vigiliert oder, wie ihr, massakriert?“
    „Blamiere dich nicht, Paddy! Ein Vorstehhund ist von einem Bluthund leicht zu unterscheiden, auch wenn beide Menschen sind. Ich gebe dir mein Wort, daß ich jedem Menschen, der zu diesem Ausschuß gehört, dies auf fünfzig Schritt Entfernung ansehe. Doch jetzt einstweilen von etwas anderm. Wir haben Hunger. Hast du Fleisch?“
    „Nicht so viel, wie man auf die Zungenspitze bringen kann.“
    „Eier?“
    „Kein einziges. Lauft stundenweit herum, und ihr werdet kein Schlachttier noch eine Henne finden. Daran sind euresgleichen schuld, welche überall aufgeräumt haben.“
    „Aber Brot?“
    „Nur Maisfladen, und auch die müssen erst gebacken werden.“
    „So mag deine Negerin backen; für frisches Fleisch werden wir selbst Sorge tragen.“
    „Ihr? Ich habe euch doch schon gesagt, daß nichts zu finden ist.“
    „Pshaw! Wir haben doch gefunden.“
    „Was?“
    „Einen Ochsen.“
    „Wohl gar! Unmöglich! Wo denn?“
    „Unterwegs, da hinten im Tal von Santa Cruz, notabene, dieser Ochse gehört zu einem Wagenzuge, dem wir begegnet, oder vielmehr, an dem wir vorübergeritten sind.“
    „Ein Wagenzug? Vielleicht Emigranten?“
    „Wahrscheinlich; vier Wagen, jeder mit vier Ochsen bespannt.“
    „Wieviel Menschen?“
    „Weiß ich nicht genau. Es waren nebst den Ochsenlenkern noch einige Reiter bei den Wagen. Wieviel Personen im Innern saßen, konnte ich nicht sehen.“
    „Aber gesprochen habt ihr doch mit ihnen?“
    „Ja. Sie wollen über den Colorado hinüber und werden heut nacht hier Rast halten.“
    „Hier? Hm! Hoffentlich geschieht nichts, was unsern guten Ort in Verruf bringen könnte, Sir!“
    Der Wirt machte bei diesen Worten eine nicht mißzuverstehende Gebärde.
    „Keine Sorge!“ antwortete Buttler. „Wir wissen unsre Freunde zu schonen. Freilich, der Wagenzug muß unser werden, aber erst, wenn er sich jenseits Tucson befindet. Hier werden wir uns bloß einen Ochsen holen, weil wir Fleisch brauchen.“
    „Mit der Absicht etwa, ihn zu bezahlen? Es wird diesen Leuten nicht einfallen, ein Zugtier zu verkaufen.“
    „Unsinn! Was fällt dir ein, Paddy? Wir nehmen wohl, aber wir bezahlen nie; das weißt du ja. Wenn wir bei dir einkehren, ist es freilich anders. Du bist unser Hehler, und dich bezahlen wir nicht bloß, sondern wir lassen uns sogar von dir betrügen. Übrigens werden uns diese Leute nicht viel Widerstand leisten. Es gab da vier Ochsentreiber, die wir kaum rechnen, zwei Knaben zu Pferd und den Scout, den sich die Emigranten gemietet haben. Dieser letztere allein ist zu fürchten, doch werden wir zwölf schnell mit ihm fertig werden. Er bekommt die erste Kugel. Wer in den Wagen saß, weiß ich nicht, wie bereits gesagt; aber wer so weichlich ist, sich unter die Plane zu stecken, von dem haben wir keine ernste Gegenwehr zu erwarten. Dann ritt noch so eine Figur hinterdrein, von der ich wahrlich nicht zu sagen vermag, ob sie eine männliche oder eine weibliche gewesen ist, obgleich sie ein Gewehr überhängen hatte und unter dem Mantel sogar einen Säbel zu tragen schien. Ich redete auch diese Gestalt an, bekam aber eine höchst kurze Antwort, die ich nicht verstand. Wenn ich mich nicht irre, ist es Deutsch gewesen.“
    „Welch ein Blödsinn! Wer hier einen Säbel trägt, der ist verrückt und jedenfalls nicht zu fürchten. Ihr werdet also diesen Zug überfallen?“
    „Gewiß.“
    „Dann hoffe ich, daß ihr mich bei dem Geschäft beteiligen werdet!“
    „Natürlich. Die Bedingungen sollst du sofort hören.“
    Da jetzt die alte Negerin aus der Hütte trat, um die Gäste zu bedienen, steckten die beiden die Köpfe zusammen, um ihr Gespräch leise fortzusetzen. Die andern elf hatten auf dasselbe wenig geachtet und sich miteinander in überlauter Weise unterhalten, wobei sie dem Brandy so fleißig zusprachen, daß die leer gewordenen Flaschen bald mit vollen vertauscht werden mußten. Die Indianer des Ortes, welche währenddem ihren Beschäftigungen nachzugehen hatten, machten ziemliche Umwege, um nicht an der Schnapsbude vorüberzukommen. Sie fürchteten sich vor den lärmenden Weißen, von denen ihnen die Erfahrung sagte, daß sie besser fern von denselben blieben.
    Und dazu hatten sie allen Grund. Der Irländer hatte die zwölf Reiter mit dem Namen ‚the
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher