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0983 - Die Schamanin

0983 - Die Schamanin

Titel: 0983 - Die Schamanin
Autoren: Jason Dark
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die grüne Dschungellandschaft. Er konnte sich sogar vorstellen, daß sich in dieser Pflanzenwelt irgendwelche Tiere versteckt hielten, die nur auf ein Kommando hervorkamen, wobei sich Bill besonders vor Schlangen fürchtete. Der Gedanke war kaum in ihm hochgestiegen, als ein leises Plätschern die Stille unterbrach. Automatisch schaute der Reporter auf den Pool mit dem dunklen, öligen Wasser. An einer bestimmten Stelle warf es Wellen, und in der Tat schaute plötzlich der Kopf einer Schlange aus der Brühe hervor. Bill entdeckte sogar die kleinen, schimmernden Augen des Reptils, bevor es wieder verschwand.
    Imelda hatte mit einer Schlange gebadet, möglicherweise sogar mit mehreren.
    Darüber mußte Bill erst hinwegkommen. Imelda, die ihm seine Gedanken ansah, drehte den Kopf. »Das gefällt dir nicht, wie?«
    »Ich weiß nicht. Also mein Fall wäre es nicht.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Sie schlug die Beine übereinander. »Du bist doch sicherlich gekommen, um mehr über mich in Erfahrung zu bringen, nicht wahr?«
    »Das stimmt.«
    »Hat sich mein Ruhm schon bis in dein Land herumgesprochen?«
    »Ich habe über dich gelesen.«
    »Aha.«
    »Und jetzt möchte ich mehr wissen, denn ich bin gekommen, um mit dir zu sprechen, weil ich über dich eine Geschichte schreiben will. Über dich und deine Kunst.«
    Imelda mußte lachen. Sie legte den Kopf zurück und strich ihr Haar glatt.
    Es rahmte das Gesicht zu beiden Seiten ein und machte es noch mehr zu einer Maske. »Kunst, sagst du?«
    »Ist es das nicht?«
    »Kann schon sein, aber für mich ist es mehr eine Fähigkeit, wenn du verstehst.«
    »Nicht genau«, gab er zu.
    »Ich spreche mit dem Jenseits, das meinst du doch - oder?«
    »Nein, das meine ich nicht.«
    Da Bill eine Pause einlegte, drängte sie ihn, sich zu äußern. Was er auch tat. »Ich habe gelesen, daß du deinen Geist vom Körper lösen kannst. Er ist es dann, der durch die anderen Welten fliegt oder surft. Daß dieser Geist sogar zu spüren ist, bei fremden Personen und auch bei dir selbst, meine ich.«
    »Du weißt viel.«
    Bill lächelte. »Möglicherweise, Imelda, aber ich weiß noch nicht genug.«
    »Den Rest willst du von mir hören?«
    »Deshalb bin ich hier.«
    »Ohne Angst zu haben?«
    »Müßte ich das?«
    »Viele Menschen haben vor mir Angst«, flüsterte sie. »Sehr viele sogar. Ich kann sie dir gar nicht alle aufzählen. Sie halten mich für eine Hexe, für eine Teufelin und mehr.«
    »Du bist eine Schamanin.«
    »Das bin ich. Gut gelesen.«
    »Ich mußte mich informieren.«
    »Schön, dann können wir ja reden.« Sie reckte sich. »Aber nicht sofort.«
    Ihr Kopf ruckte nach links, und die dunklen Augen starrten Bill an. »Du hast doch Zeit - oder?«
    »Ja, die habe ich.«
    »Und du bist allein?«
    »Auch das.«
    Sie lächelte kalt. »Bist du tatsächlich allein?«
    »Ja, außer uns beiden ist niemand hier.« An Ortiz dachte der Reporter nicht.
    »Gut«, sagte Imelda und schnickte mit den Fingern. Dabei stieß sie einen schrillen Pfiff aus, der in einem glockenhellen Trällern endete.
    Bill wußte nicht, was das bedeutete. Sehr bald bekam er es zu sehen, denn auf einmal huschte ein Schatten durch die Luft, und er hörte das Schlagen von Flügeln.
    Er starrte hoch.
    Der Schatten war groß und bizarr. Er glich schon dem einer gewaltigen Fledermaus, und plötzlich fiel er zusammen. Genau da bekam Bill den Luftzug mit, der über sein Gesicht strich. Etwas Großes huschte an ihm vorbei, bevor das Tier zur Landung ansetzte und sich dafür die vor der Brust verschränkten Arme der Frau ausgesucht hatte.
    Es war ein riesiger, nachtschwarzer Rabe mit hellgelben Augen…
    ***
    Bill hielt den Atem an, weil er einen derartig großen Raben noch nie zuvor gesehen hatte. Der war auch nicht normal. Dieses Tier mußte eine Mutation sein. Er war widerlich. Er war einfach zu groß, und Bill spürte die Kälte auf seiner Haut.
    Der Rabe tat ihm nichts. Er blieb auf den Armen der Frau hocken. Dort hatte er sich festgekrallt. Den Kopf hielt er gedreht. Er starrte Bill böse an, als wollte er ihm im nächsten Augenblick die Augen aushacken, aber er blieb ruhig.
    Imelda schnalzte mit der Zunge. Der Rabe reagierte augenblicklich. Er drehte den Kopf und schaute sie an. Dabei öffnete er seinen Schnabel, als wollte er krächzen, aber es war Imelda, die etwas sagte. Sie flüsterte ihm etwas zu, und diesmal waren es nur kehlige Laute, die über ihre Lippen strömten. Bill konnte sie nicht deuten.
    Der Rabe schon.
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