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0973 - Das verfluchte Volk

0973 - Das verfluchte Volk

Titel: 0973 - Das verfluchte Volk
Autoren: Andreas Balzer
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schmalen Lippen zu einem sarkastischen Grinsen, doch der ältere Mann, der über eine gesicherte Webcam-Verbindung mit ihm kommunizierte, blieb ernst. Sein Gegenüber auf dem Laptop-Bildschirm war Anfang 60, trug einen perfekt gestutzten Schnurrbart und hatte eine Glatze, die von einem schwarzen Haarkranz gesäumt wurde.
    »Das gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht.«
    »Mir auch nicht, Will«, räumte Devaine ein. Der hagere US-Amerikaner zog nachdenklich an seiner Zigarette. »Es ist die klassische Ruhe vor dem Sturm. Wenn Zamorra und dieser Gryf recht haben, ist das Ding, nachdem es unsere A-Bombe weggeputzt hat, stärker denn je. Es wird nur den richtigen Zeitpunkt abwarten, bis es wieder zuschlägt.«
    »Ja, aber erklären Sie das mal den Betonköpfen in Washington.« William Cummings verzog das Gesicht. Er war der Leiter der CIA-Sondereinheit, der auch Richard Devaine angehörte. Aufgrund seines ungewöhnlichen Durchsetzungsvermögens wurde Cummings von seinen Untergebenen respektvoll »Iron Will« genannt, aber vor den sturen Bürokraten im Weißen Haus und im Pentagon musste selbst er oft genug kapitulieren. »Diese London-Scheiße ist uns ganz schön in die Parade gefahren. Wie soll ich den hohen Herren klarmachen, dass von einem fast unbewohnten Dschungelgebiet, in dem nichts passiert, eine globale Bedrohung ausgeht, wenn sich gleichzeitig eine der wichtigsten Metropolen der Welt in einen Urwald verwandelt? Und alle 7,5 Millionen Einwohner mal eben mir nichts dir nichts verschwinden.«
    »Immerhin hat das Ding hier eine Atombombe geschluckt, Sir.«
    »Hat es das? Der Stabschef hat mich tatsächlich gefragt, ob das Ding nicht vielleicht nur ein Blindgänger war und nie detoniert ist. Ich sag Ihnen was Dick« -Devaines väterlicher Freund und Mentor war der Einzige, der Devaine so nennen durfte, ansonsten reagierte der CIA-Mann auf diese Koseform von Richard äußerst allergisch - »manchmal wünschte ich mir, das Ding würde zur Abwechslung mal ein paar umliegende Dörfer platt machen, nur damit den Arschgeigen klar wird, wie ernst die Sache ist.«
    Richard Devaine war sich nicht sicher, ob Cummings das wirklich ernst meinte, aber er fragte lieber nicht nach.
    »Das Einzige, was Washington davon abhält, uns den Hahn zuzudrehen, ist die geografische Nähe«, sagte Cummings. »Wenn in seinem Hinterhof Gefahr droht, wird Uncle Sam ganz schnell nervös. Aber wir stehen auf der Prioritätenliste nicht gerade ganz oben. Und das kann sich bitter rächen, wenn diese verdammte Anomalie irgendwann doch wieder aktiv wird. Ich nehme an, unsere Eierköpfe sind auch noch keinen Schritt weiter.«
    Devaine schüttelte den Kopf. »Dr. Espinosa hat inzwischen genug Genies um sich geschart, um in den nächsten zehn Jahren alle Nobelpreise im Alleingang abzuräumen, aber er hat immer noch nicht die geringste Ahnung, womit wir es hier zu tun haben. Ich fürchte, es gibt nur einen Experten, der uns helfen kann.«
    Devaine sah, wie sich die Gesichtszüge seines Vorgesetzten verhärteten. »Das kommt überhaupt nicht infrage. Der Mann ist nicht zuverlässig. Das weiß keiner besser als Sie.«
    »Aber er hatte recht, Will. Die Bombe zu zünden, war eine fatale Idee.«
    »Es war nicht an ihm, das zu entscheiden.« Cummings’ Stimme war kalt wie Stahl. »Daran gibt es nichts zu rütteln, Dick: Zamorra ist aus dem Spiel!«
    ***
    Tagebuch von Friedrich Dörfler,
    9. September 1801
    Meine Expedition steht! Doch selbst mit Francescas Ersparnissen reichten meine Mittel gerade aus, um in den übelsten Spelunken der Stadt ein paar verwegene Gestalten anzuheuern, die vermutlich mehr als einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind.
    Mich kümmert es nicht. Diese Männer sind wie ich, sie haben viel gesehen und nichts mehr zu verlieren. Ihr Anführer ist ein pockennarbiger Mestize namens Paco. Er kaut die ganze Zeit auf seinen Kokablättern herum und spricht nicht viel. Doch nach dem, was man sich hinter vorgehaltener Hand zuflüstert, hätte er nicht einmal Angst davor, den Teufel selbst herauszufordern. Genau so einen brauche ich. Denn wer weiß, ob wir es nicht mit dem Beelzebub persönlich aufnehmen müssen, wenn wir diesen zauberkundigen Wilden begegnen.
    Morgen brechen wir auf.
    ***
    »Ich kann das nicht tun, Paula. Versteh doch!«
    Paula hockte angespannt auf dem abgewetzten Sofa ihres Zwei-Zimmer-Apartments und zog an ihrer Zigarette. Vier Jahre lang hatte sie keine Kippe mehr angerührt. Doch die Ereignisse im Dschungel forderten
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