Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0946 - Der sechste Schlüssel

Titel: 0946 - Der sechste Schlüssel
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
versiegelte Ende des U-Rohrs stieß.
    Das geschah einige Minuten später. Der Vorgang war eigenartig. Ich hörte von irgendwoher ein halblautes „Ping", und im selben Augenblick sackte die rote Flüssigkeit ruckartig in sich zusammen, als sei sie des größten Teils ihrer Substanz beraubt worden. Auf dem Boden des U-Rohrs fuhr sie fort, hin und her zu zittern, aber ihre Ausschläge besaßen jetzt nur noch einen winzigen Bruchteil der früheren Amplitude.
    Ich sah mich dort um, wo ich das „fing" gehört zu haben glaubte. Es gab da einen Wust kleiner bis winziger Einzelteile. Ich langte zu und versuchte, dem Gewirr beizukommen, indem ich die Teile vorsichtig auseinanderschob. Das gelang mir auch, da sie ziemlich elastisch waren.
    Und dann machte ich meine Entdeckung.
    Ich fand ein zweites U-Rohr, dieses mit einer bläulich phosphoreszierenden Flüssigkeit gefüllt. Es gab allerdings so wenig Flüssigkeit, daß nur der Boden des Uund rechts und links etwa ein Zentimeter der Schenkel gefüllt waren. Auch die blaue Substanz pendelte hin und her, aber ihre Ausschläge waren minimal.
    Ich wußte noch immer nicht, was ich vor mir hatte. Aber es war mir zum ersten Mal gelungen, einen funktionalen Zusammenhang zwischen zwei räumlich voneinander getrennten Bestandteilen des Drugun-Umsetzers zu erkennen. Das war ein Schritt vorwärts, nicht wahr?
    Ich richtete mich auf. Die kauernde Position vor der Maschine mußte die Zirkulation des Gehirns gedrosselt haben. Denn jetzt, aufrecht stehend, ging mir plötzlich auf, welch ein Narr ich war. Ich hatte zwei winzige Bestandteile des Umsetzers einander zuordnen können. Dabei wußte ich noch nicht einmal, ob die Zuordnung von Rot nach Blau oder umgekehrt verlief. Es gab Tausende, wahrscheinlich Zehntausende solcher Einzelteile. Ich hatte mehr als eine halbe Stunde gebraucht, um eine bestenfalls halbtriviale Erkenntnis zu gewinnen. Wenn ich in diesem Tempo fortfuhr, vergingen ein paar Jahre, bis ich das Gerät halbwegs verstand.
    Die Suche nach dem sechsten Schlüssel dagegen konnte nach meiner Schätzung nicht mehr als zwölf bis fünfzehn Stunden dauern.
    Wozu verschwendete ich hier meine Zeit?
    Ein Schmerz durchzuckte mich, der mir fast den Schädel zerriß.
     
    *
     
    Ich taumelte.
    Verbissen tastete ich nach der Innentasche, die das schmerzstillende Medikament enthielt. Der Schmerz war derart intensiv, daß ich sekundenlang die Koordination über meine Gliedmaßen verlor und nicht mehr wußte, wo sich die suchende Hand befand.
    Ich hörte ein scharfes Zischen und einen hellen Knall. Das mochten echte Geräusche sein oder Produkte meines gemarterten Bewußtseins. Ich stieß gegen etwas. Es war kochend heiß. Ein beißender Geruch drang mir in die Nase.
    Der Instinkt besiegte vorübergehend den Schmerz. Ich riß die Augen auf und sah Qualm aus dem Innern des Drugun-Umsetzers strömen. Die Geräusche, die von der Maschine ausgingen, waren lauter und hektischer geworden. Das Zischen gewann vor. Sekunde zu Sekunde an Intensität. Der Qualm verteilte sich durch die Halle und überzog alles wie mit einem wabernden Schleier.
    Auch im Zustand höchster Pein war mein Verstand noch in der Lage, das Gefahrensignal zu deuten. Ich rannte davon. Irgendwie erinnerte ich mich an die Richtung, aus der ich gekommen war. Ich rammte mit der Schulter gegen den Rahmen des Durchgangs, der in die Kammer mit den Bildgeräten führte. Der Aufprall drehte mich halb zur Seite, aber der Schwung trug mich weiter. Ich stürzte und rollte mich seitwärts.
    Draußen in der Hallte tat es einen donnernden Krach. Kleine Trümmerstücke pfiffen wie Gewehrgeschosse durch die Luft. Ein dichter Schwall grünlichen Qualms kam durch die Öffnung des Durchgangs in die kleine Kammer geschossen. Ich schloß vorsorglich den Helm meines Raumanzugs. Es lag mir nichts daran, am eigenen Leib zu erfahren, ob diese Gase giftig waren oder nicht.
    Wenige Augenblicke später trat Ruhe ein. Es hatte draußen in der Halle offenbar nur diese eine Explosion gegeben. Der grüne Qualm verflüchtigte sich rasch, als hätten die Klima-Aggregate einen höheren Gang eingelegt.
    Ich stand auf. Der Schmerz war noch da, aber er kam mir jetzt nicht mehr so unerträglich vor. Ich wollte in die Halle zurückkehren, um zu sehen, was dort geschehen war. Da fiel mein Blick auf eine der Bildflächen.
    Die Schar der Norane zog mit majestätischer Gelassenheit dahin. Sie bestand aus mindestens dreißig Exemplaren und mußte dicht an der Burg
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher