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091- Das Schloß der teuflischen Deborah

091- Das Schloß der teuflischen Deborah

Titel: 091- Das Schloß der teuflischen Deborah
Autoren: Larry Brent
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nach Pinselstrich. Das Bild,
das er vor zwei Tagen begonnen hatte, war fast fertig.
    Noch nie
hatte er mit einer solchen Besessenheit gemalt.
    »Legen Sie
alles hinein, was Sie zu geben imstande sind«, sagte Lady Deborah. »In diesem
Porträt müssen Sie meine Seele einfangen, Clermont!«
    »Sehr wohl,
Mylady. Ich habe mir die allergrößte Mühe gegeben.« Die Stimme des Malers klang
belegt. Seine Blicke gingen hinüber zu seinem Modell und begutachteten dann
wieder das Bild.
    Noch ein paar
Feinheiten fehlten, dann war die Arbeit abgeschlossen.
    Clermont
nickte. »Ich bin fertig, Lady Deborah«, sagte er mit schwerer Stimme. Er wußte,
was das bedeutete: Mit dem Ende der Arbeit stand Lady Deborahs Hinrichtung
unmittelbar bevor.
    Aber nicht
ein einziges Mal hatte sie darum gebeten, daß er langsamer malen sollte. Sie
wollte keine Zeit gewinnen. Es war ihr darauf angekommen, daß dieses Bild so
schnell wie möglich zu Ende gebracht wurde.
    Lady Deborah
erhob sich, verfolgt von Clermonts aufmerksamen Blicken.
    In der Nähe
dieser Frau fühlte er sich niedergeschlagen und bedrückt. Aber er schrieb es
der Stimmung zu, die allgemein im Schloß herrschte. Jeder wußte, was heute
passierte.
    Der
Richtblock war aufgestellt, der Henker wartete.
    Lady Deborah
kam mit kleinen, fraulichen Schritten von dem Podest herunter, auf dem sie
gesessen hatte. Durch das Fenster mit den Butzenscheiben fiel gelblich-braunes
Licht. Knorrige, schwarze Zweige zeichneten sich dahinter ab. Es war
Spätherbst. Alle Blätter waren gefallen, und es wehte ein scharfer, kalter
Wind.
    »Gute Arbeit,
Clermont«, lobte sie. Ihre Miene veränderte sich nicht. Sie schien kaum zu
atmen. Wie eine Statue stand sie da in ihrem enganliegenden, grünen Kleid mit
dem eckigen, rüschenbesetzten Ausschnitt. Die langen Ärmel umschlossen wie eine
zweite Haut die schmalen, feingliedrigen Arme. »Ja, das bin ich. Sie haben
meinen Geist, meine Seele eingefangen. Es ist ein lebensnahes Bild. Meine
Kinder werden ihre Freude daran haben.«
    Ihre Worte
klangen merkwürdig. Etwas wie Triumph schwang in ihrer Stimme mit. Minutenlang
stand Lady Deborah vor ihrem Porträt, das sie unmittelbar vor ihrer Hinrichtung
zeigte.
    Dann hob sie
leicht die rechte Hand. Ihre schmalen Finger waren dicht aneinandergelegt.
    Sie machte
einige seltsame, unverständliche Zeichen über dem noch farbfrischen Bild und
murmelte dabei unverständliche Worte. Im ersten Moment sah es so aus, als ob
sie das Porträt segnen wolle. Aber dann erkannte der junge französische Maler,
der seit Wochen als Gast auf Manor-Castle lebte, um hier einige Aufträge des
Schloßherrn zu erfüllen, daß die Bewegung über dem Bild kein Kreuzzeichen war.
    Clermont
stutzte und wurde bleich.
    Sprach Lady
Deborah mit dem Satan?
    Abrupt wandte
sie sich von dem Bild ab.
    Ohne ein Wort
zu sagen, ging sie zur Tür und riß sie auf. Die beiden Wachen standen mit
unbeweglichen Gesichtern in voller Montur vor ihr, die Hände umschlossen die
Stiele der Hellebarden.
    »Ich bin
bereit«, sagte Lady Deborah. »Ihr könnt mich abführen.«
    Die Wächter
fesselten ihre Hände und banden sie auf den Rücken. Wie ein Schlachtvieh wurde
Lady Deborah abgeführt. Doch es ging nicht direkt in den Saal, wo die
Hinrichtung stattfinden sollte.
    Die Wächter
begaben sich mit ihr in die Halle. Ihnen folgte der Künstler Clermont mit dem
Bild, das er vorsichtig am äußeren Rand mit den Fingerspitzen hielt, um die
noch frische Farbe nicht zu verwischen. Es gab einen weiteren kleinen Aufschub.
Die Zeremonie war genau abgesprochen. Lady Deborah durfte noch den Platz
bestimmen, an dem das Bild hängen sollte.
    Der Rahmen
war bereits gefertigt und stand in der Halle.
    Sie kamen
eine breite Treppe herab. Die Schritte hallten durch das stille Schloß. Niemand
begegnete ihnen. Der Zeitpunkt der Hinrichtung war gekommen. Seit dem frühen
Morgen wußte jeder, daß sich Clermonts Arbeit dem Ende näherte. Der dem Satan
dienenden Schloßherrin sollte keiner mehr begegnen, wenn sie zur
Hinrichtungsstätte geführt wurde.
    Unten in der
Halle wölbte sich hoch die Decke über ihnen. Bleich fiel das stumpfe Tageslicht
durch die Fenster.
    Die Wächter,
Lady Deborah und der Maler passierten das Gittertor, ließen es links liegen und
gingen direkt auf eine schmale, an der Wand nach oben führende Treppe zu, an
deren Ende eine blinkende Ritterrüstung stand.
    An der Wand
hingen mehrere Gemälde. Gegenüber lag das breite Hauptportal, das ins Schloß
führte. An
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