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0907 - Die blutenden Bäume

0907 - Die blutenden Bäume

Titel: 0907 - Die blutenden Bäume
Autoren: Jason Dark
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war nicht die eines feinen Menschen. Er hockte vorgebeugt, und sein Kinn befand sich dabei dicht über dem Teller. Den Kaffee schlürfte er und kümmerte sich dabei nicht um die etwas verwunderten Blicke des Hotelbesitzers, der seinen Gast so noch nie hatte essen sehen. Die Kanne leerte der Mann bis zum letzten Tropfen und er hatte nicht eine Scheibe Wurst, Käse oder Brot zurückgelassen.
    Sogar den Teller, auf dem die Spiegeleier gelegen hatten, wirkte wie abgeleckt. Dann rülpste er, wischte Hände und Mund ab, lehnte sich zurück, und auf seinem feist wirkenden Gesicht erschien ein zufriedenes Grinsen.
    Raskin gehörte zu den Menschen, deren Körper sehr behaart waren. Die kleinen, schwarzen Haare wuchsen sogar auf seinem Handrücken. Auch sein Haar war dunkel und korrekt geschnitten. Auf der Oberlippe zeichnete sich ein dunkelgrauer Schatten ab, der allerdings nie zu einem Bart wurde, weil Raskin ihn zuvor stets abrasierte. Bartschatten bedeckten auch seine Wangen. Sie glichen den Pupillen der düsteren Augen. Früher, als Raskin seine Haare noch lang getragen hatte, da war ihm der Spitzname Rasputin gegeben worden, und das hatte auch gepaßt, denn er hatte ziemlich schlimm ausgesehen.
    »Das Frühstück war gut, nicht wahr?«
    »Ja, sehr gut«, erwiderte Raskin und legte die zerknüllte Serviette auf den Teller.
    »Kann ich abräumen?«
    »Können Sie.«
    »Schön, Herr Raskin. Wenn Sie noch etwas haben möchten, dann…«
    »Aber sicher will ich etwas haben.« Er lächelte breit. »Nach diesem Essen brauche ich ein trübes Weizenbier und einen von Ihren Selbstgebrannten Obstschnäpsen.«
    »Eine gute Idee«, lobte der Wirt. »Welchen Obstler wollen Sie denn? Sie wissen ja, Sie haben die Auswahl.«
    »Pflaume.«
    »Geht in Ordnung.«
    Der Wirt räumte ab, und sein Gast holte sich die Zeitung von der Fensterbank hinter seinem Rücken weg. Er wollte lesen, was in der Welt passiert war, obgleich es ihn persönlich nicht sonderlich interessierte, denn er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
    Raskin schlug die Zeitung auf. In Jugoslawien schien es wieder richtig rundzugehen. Man schrieb noch immer über den Giftgasanschlag in Tokio und die Türken im Irak. Das alles gehörte zu einer Welt, die an Kriegen nicht ärmer geworden war. Raskin blätterte weiter, denn der lokale Teil interessierte ihn besonders. Möglicherweise war etwas über den Wald zu lesen, über seinen Wald, denn er befürchtete immer wieder aufs Neue, daß auch andere Menschen diese Blutquelle entdeckten.
    Es war nicht der Fall.
    Klatsch und Tratsch aus Bamberg und den kleineren Orten in der Nähe füllten die Seiten. So konnte Fritz Raskin zufrieden sein, und er war noch zufriedener, als die Getränke gebracht wurden.
    Die Zeitung sank nach unten.
    »Ich habe Ihnen gleich einen Doppelten mitgebracht, Herr Raskin. War es recht so?«
    Raskin lachte. »Können Sie Gedanken lesen?«
    »Nein, aber ich kenne meine Gäste.«
    »Das ist für einen Wirt immer gut.« Raskin griff nach dem Schnapsglas, hob es an - und kippte den Schnaps mit einem Ruck in die Kehle. Dann stöhnte er auf, stellte das Glas wieder auf den Tisch und bestellte einen neuen.
    »Auch Pflaume?«
    »Klar.«
    »Sie wissen, was gut schmeckt.« Der Inhaber zog sich grinsend in den Thekenbereich zurück.
    Fritz Raskin beschäftigte sich mit seinem Weizenbier. Er trank die ersten Schlucke mit Genuß, atmete tief ein, nahm noch einen dritten Schluck und war mit sich und der Welt erst dann zufrieden, als der Wirt das zweite Glas neben ihn stellte.
    »Wohl bekomm's!«
    »Danke.« Raskin trankt diesmal nicht ex. Er sagte dann: »Ich werde Ihnen hier unten noch ein wenig erhalten bleiben, weil ich auf meine Kollegin warte.«
    »Das stört mich nicht.«
    »Wunderbar.« Raskin grinste innerlich. Er hatte die Frau als Kollegin ausgegeben, was sie natürlich nicht war. In der Zeitung hatte er in einer Anzeige über eine Begleiterin gelesen, und die hatte er sich zu seinem Hotel bestellt, ihr aber auch erklärt, daß sie nicht eben nuttig auftreten sollte, sondern normal, mehr schlicht und gediegen. Er hoffte, daß sie sich daran hielt.
    Die Zeit wurde ihm lang. Er brauchte die Frau. Nicht nur einmal, er würde sie mehrmals rannehmen, das hatte er ihr schon angekündigt und zur Antwort bekommen: »Wenn Sie bezahlen können, ist alles klar.«
    Das könnte er. Sogar bar und nicht mit einem Scheck oder einer Kreditkarte.
    Um elf Uhr herum wollte sie eintreffen. Das Hotel war ihr bekannt, sie selbst
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