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0907 - Die blutenden Bäume

0907 - Die blutenden Bäume

Titel: 0907 - Die blutenden Bäume
Autoren: Jason Dark
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anderen Bäume, die wie mächtige Leibwächter wirkten.
    Hin und wieder glitt der Blick des einsamen Mannes in die Höhe. Er sah den Himmel, aber er sah auch die Vögel, die ihren Kreis nicht verlassen hatten.
    Nur schrien sie ihm jetzt keine Warnung mehr zu. Sie flogen nur und beobachteten ihn, hatten sich allerdings dem kahlen Geäst der Bäume schon sehr genähert.
    Die Strahlen der Märzsonne wärmten ihn nicht mehr. Raskin fror, aber es konnte auch eine andere Kälte sein, die sich durch seine Knochen schob.
    Angst…
    Er wußte es nicht, und er ging weiter über den weichen Boden, um hin und wieder dem Klopfen seiner Tritte zu lauschen, oder dem Rascheln des alten Laubs, wenn es von seinen Füßen in die Höhe geschleudert wurde. Hin und wieder drangen auch Fremdgeräusche an seine Ohren, denn außer ihm gab es noch andere Lebewesen in dieser Umgebung.
    Das alles kümmerte Raskin nicht mehr, als er vor sich das hellere Gebiet sah. Nicht durch das Sonnenlicht geschaffen, sondern durch die Stämme der Birken. Für ihn war es der Beweis, daß er sein Ziel mit wenigen Schritten erreicht haben würde.
    Er lächelte, ging schneller rund blieb neben dem ersten Stamm der Birke stehen, als er ihn erreichte. Raskin drehte sich ihm zu. Auf seinen Lippen lag ein Lächeln, und in den Augen schimmerte ein irgendwie fremder Glanz. Er atmete die würzige Luft durch die Nasenlöcher ein und mußte zugeben, daß er sich wohl fühlte. Er war zurückgekehrt in seine Welt, in seine Heimat, und er freute sich darüber.
    Als wäre die Rinde die Haut einer Frau, so zärtlich strich er über sie hinweg. Er suchte nach klebrigen Stellen. Er fand auch welche, sie fühlten sich eher an wie getrocknetes Harz.
    Er ging weiter.
    Der nächste Stamm war dicker. Helle Rinde, dann die schmalen Äste und Zweige des Baums, die in die Höhe ragten und ihr erstes zaghaftes Grün bereits zeigten.
    Er suchte nach Blut.
    Kein frisches war zu sehen.
    Keine Birke weinte.
    So hatte er es genannt, wenn sie ihren Saft abgaben. Das Wort Blut gefiel ihm nicht so gut, er nannte es die Tränen der Bäume. Sie gaben den Menschen Kraft, besonders ihm.
    Wieder lächelte er, wollte weitergehen und sich einen Baum aussuchen, unter dem er seinen Platz finden konnte. Dort wollte er warten, bis die Dämmerung einsetzte und die Birken anfingen zu weinen und zu bluten.
    Er wußte, daß in der Nähe ein kleiner Altar errichtet werden sollte. Die Dankbarkeit der Menschen, die durch das Blut der Birken gesundet waren. Man hatte schon angefangen zu bauen, dann aber war der Winter dazwischengekommen. Man würde wohl bald weitermachen.
    Wenn sich das alles einmal herumsprach, würde dieser Wald zu einer Pilgerstätte werden, und das gefiel ihm gar nicht.
    Er fand einen Baum, der ihm zusagte. Vor dem Stamm befand sich eine kleine Mulde, die sich gut als Sitzplatz eignete.
    Fritz Raskin ließ sich nieder. Es tat ihm gut, er stöhnte auf, als er den Druck des Stammes in seinem Rücken spürte. Er liebte die Bäume, und er hoffte, daß er diese Liebe auch zurückbekam, denn dies hier sollte vorerst sein letzter Besuch sein.
    Er wartete…
    Stille umgab ihn.
    Aber sie hielt nicht lange an. Ungewöhnliche Geräusche »weckten« ihn, und Raskin wußte im ersten Augenblick nicht, wo er- hinschauen sollte.
    Ihm fiel die Höhe ein, er blickte gegen das natürliche Dach über seinem Kopf und sah die Vögel.
    Sie waren da.
    Aber sie schwebten nicht mehr in so großer Höhe. Die dunklen Vögel bewegten sich jetzt dicht über dem Geäst, als wollten sie darauf Platz nehmen. Noch taten sie es nicht, sie flatterten durch die Luft, aber es gab einige von ihnen, die sich die Zweige der Birken als Sitzplätze ausgesucht hatten.
    Das Geäst wippte, wenn die Vögel ihre Landeplätze einnahmen. Waren es zunächst nur zwei, drei gewesen, so waren diese als Vorbildfunktion in Erscheinung getreten, denn die anderen Vögel taten es ihnen nach.
    Sie fanden ihre Plätze im Geäst der Birken, sie warteten dort und sahen aus wie dunkle Klumpen.
    Das Unbehagen in Fritz Raskin wuchs. Er hatte nichts gegen die Tiere des Himmels, er liebte die Vögel sogar, aber in dieser Stunde mußte er seine Meinung revidieren. Jetzt stellten sie für ihn eine Bedrohung dar, die immer größer wurde, je mehr Vögel sich ihre Plätze aussuchten. Er konnte sie nicht mehr zählen, es waren bestimmt zwanzig und noch darüber, die sich versammelt hatten.
    Aufpasser für ihn. Wächter, die ihn nicht aus den Augen ließen. Sollte
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