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0888 - Angriff auf die Vampirstadt

0888 - Angriff auf die Vampirstadt

Titel: 0888 - Angriff auf die Vampirstadt
Autoren: Andreas Balzer
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bereits. Die bibliophilen Kreaturen hausten in einer düsteren Höhle, die sie nur verließen, um weitere Wissensschätze heranzuschaffen. Die Wände schimmerten blutrot und tauchten das Innere in ein diffuses Licht. Dicke Tropfen einer zähflüssigen Flüssigkeit traten aus dunkel gefärbten Adern hervor und rannen langsam den Fels hinab. Sobald sie den Boden berührten, verdampften sie mit einem leisen Ächzen.
    Die Archivare hatten sich vor einem riesigen Steinaltar versammelt, auf dem sich meterhoch dicke Folianten und Ordner stapelten. Selbst für Höllenverhältnisse waren die Vierbeiner außergewöhnlich hässliche Kreaturen. Das struppige Fell bedeckte jeweils nur den Unterleib, während sich in den Falten der kahlen Oberkörper eitrige Pusteln eingenistet hatten, die bei jeder stärkeren Bewegung aufplatzten und ihren übel riechenden Inhalt freigaben.
    Der Sprecher der Gruppe wagte sich einen Schritt vor, erhob sich auf die Hinterbeine und verbeugte sich demütig.
    »Gebieter, welch unermessliche Freude, Euch so schnell wiederzusehen.«
    Das war eine dreiste Lüge. Lucifuge Rofocale wusste genau, dass der Wolfsartige ihn am liebsten ans andere Ende der Welt gewünscht hätte. Aber so furchterregend diese Kreaturen auch aussahen, sie waren zutiefst feige Wesen, die es nie gewagt hätten, sich einem Befehl ihres Herrn zu widersetzen.
    Doch für Schmeicheleien war der Herr der Hölle nicht sehr empfänglich. Er wollte Ergebnisse sehen. »Erspar mir das Gewäsch, du Wurm! Was habt ihr herausgefunden?«
    »Es war nicht leicht«, sagte der Archivar und duckte sich noch tiefer. »Aber wir haben tatsächlich etwas gefunden, was Euch von Nutzen sein könnte. Eine Waffe, der selbst Stygia nichts entgegensetzen kann.«
    »Rede endlich«, donnerte Lucifuge Rofocale, »bevor ich dich und deine verdammte Brut vom Antlitz der Hölle tilge!«
    »Wartet Herr«, kreischte der Wolfsartige »Ich zeige es Euch.«
    Mit gesenktem Kopf huschte der Archivar zu dem steinernen Altar. Er sprang auf den Tisch und nahm mit seiner Schnauze geschickt einen dünnen Ordner auf. Unwirsch riss Satans Ministerpräsident das Dossier an sich. Ungläubig las er, was die Archivare für ihn zusammengetragen hatten.
    »Das ist der größte Schwachsinn, den ich je gelesen habe«, brüllte der Herr der Hölle. »Kuang-shi ist Geschichte. Zamorra und seine Bande haben ihn besiegt. Das weiß jeder Satansbraten.«
    »Aber er ist immer noch eine ungeheure Kraftquelle«, winselte der Wolfsartige, erschreckt von der unerwartet heftigen Reaktion des Erzdämons. »Wenn unsere Informationen stimmen - und sie stimmen immer -, ist Kuang-shi nicht tot. Er schläft nur, und seine Träume haben die Macht, ganze Welten neu zu erschaffen oder zu zerstören. Wer sie kontrolliert, hat die Macht, die Realität so zu verändern, wie es ihm gefällt. Man braucht dazu nur den Hong Shi…«
    Satans Ministerpräsident hatte von diesem geheimnisvollen Stein gehört, der eng mit der Macht Kuang-shis verbunden war. Bisher hatte er sich jedoch nicht darum gekümmert. Vielleicht war das ein Fehler gewesen.
    »Und wer besitzt diesen Hong Shi euren geschätzten Informationen nach?«
    »Fu Long.«
    Lucifuge Rofocale stöhnte. Dieser oberschlaue chinesische Vampir hatte ihm gerade noch gefehlt. Mit seinen Fähigkeiten hätte es Fu Long in der Höllenhierarchie weit bringen können. Stattdessen hatte er es bevorzugt, sein eigenes schwarzes Blut zu verraten und sich mit Zamorra zu verbünden.
    »Unseren Unterlagen zufolge befindet sich der Verräter Fu Long zurzeit in Choquai…«, fuhr der Archivar fort, doch der Herr der Hölle unterbrach ihn unwirsch.
    »Was redest du da, du Narr? Choquai existiert schon lange nicht mehr!«
    »Ich würde es nie wagen, Euch zu widersprechen, Gebieter«, versicherte der Wolfsartige eilig. »Aber möglicherweise sind Eure Informationen nicht ganz… vollständig. Das irdische Choquai mag längst zu Staub zerfallen sein, aber Kuang-shis Vampirreich war immer viel mehr als eine reale Stadt in China. Choquai ist vor allem eine Idee, die ihre eigene Wirklichkeit hervorbringt. Und als solche existiert sie weiter - in einer Art Parallelwelt, gespeist von Kuang-shis Träumen…«
    »… und kontrolliert von Fu Long.« Langsam verstand Lucifuge Rofocale, welche ungeheuren Möglichkeiten sich ihm da auftaten. Der Sieg über Stygia würde nur der Anfang sein, wenn er die Macht besaß, die Realität nach seinem Gutdünken zu verändern. Doch dazu musste er diesem
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