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0882 - Der Sonnen-Dämon

0882 - Der Sonnen-Dämon

Titel: 0882 - Der Sonnen-Dämon
Autoren: Jason Dark
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Holzdielen. Die Kälte auf seinem Rücken breitete sich immer mehr aus. Die Gedanken zeichneten in seinem Kopf ein wirres Muster nach, und er fragte sich zum wiederholten Male, weshalb er so heftig reagiert und aufgelegt hatte.
    Nur wegen der fremden Stimme?
    Es konnte einen völlig normalen Grund haben. Da war ein Bekannter ans Telefon gegangen. Laroche hätte nur etwas warten müssen, damit der andere Clayton an den Apparat holte.
    Er hatte es nicht getan. Er fragte sich nach dem Grund und dachte an eine gewisse Vorahnung, die ihn überkommen hatte. Etwas stimmte nicht, die andere Stimme war nicht normal, zudem hatte sie sich seiner Meinung nach ziemlich dienstlich angehört. Er blieb vor einem der beiden hohen Fenster stehen, blickte nach draußen in die trübe Dunkelheit, hätte auch den Fluß sehen müssen, den er trotzdem nicht registrierte, weil er eben mit seinen Gedanken einfach zu weit entfernt war.
    Er hatte Angst um Clayton.
    Und er hatte Angst um sich selbst!
    Laroche schaute auf seine Finger. Sie zitterten, obwohl kein Grund vorhanden war. Der Schweiß lag noch auf seinem Gesicht, dafür war seine Kehle trocken wie die Wüste.
    Die Wasserflasche ragte wie ein dünner gläserner Turm zwischen all den Papieren und Fotos hervor.
    Ein Rest befand sich noch darin. Laroche drehte den Verschluß auf und trank die Flasche leer.
    Nachdenklich stellte er sie wieder weg. Dabei fiel sein Blick abermals auf das Telefon, was in seinem Kopf eine Initialzündung auslöste und ihn dazu brachte, es noch einmal zu versuchen.
    Diesmal nahm er auf der Kante seines Schreibtisches Platz. Er entknotete die alte Schnur, wählte die Nummer in London erneut, und wieder hörte er dieselbe Stimme.
    Diesmal war der Archäologe darauf vorbereitet. Er verlangte, Mr. Clayton zu sprechen.
    »Der ist nicht hier. Wer sind Sie?«
    »Ein Kollege.«
    »Was möchten Sie von Mr. Clayton?«
    »Es geht um fachliche Dinge.« Laroche holte tief Luft. »Aber sagen Sie mir, wer Sie sind.«
    Darauf ging der andere nicht ein.
    »Sie sind Franzose, wie ich Ihrer Stimme…«
    »Ja, aus Paris. Aber was soll das…?«
    Der Fremde in Claytons Wohnung räusperte sich. »Es tut mir leid, aber Sie können Francis Clayton leider nicht mehr sprechen.«
    Guy begriff nicht sofort. Vielleicht sperrte er sich instinktiv auch gegen die Wahrheit. »Ist er nur ausgegangen, oder lebt er nicht mehr in seiner Wohnung?«
    »Das hatte er.«
    »Reden Sie doch vernünftig.«
    »Er ist tot!«
    Drei Worte waren es, die Laroche beinahe zu Eis werden ließen. Und diese Worte klangen noch immer in seinem Hirn nach.
    Tot - tot - tot…
    Clayton war tot.
    Ein Mann in den besten Jahren war urplötzlich gestorben, und Laroche weigerte sich, an eine Krankheit zu glauben. Er wollte es einfach nicht, er biß sich auf die Unterlippe und schmeckte das Blut auf seiner Zunge.
    »He, sind Sie noch dran?«
    Die fremde Stimme störte ihn. »Ja, flüsterte er, ich bin noch dran. Reden Sie weiter. Wie starb er?«
    »Er hatte einen Blutsturz. Aber jetzt sagen Sie mir endlich, wer Sie sind, verdammt!«
    Durch einen Blutsturz, dachte Laroche. Durch einen verdammten Blutsturz. Er hörte die Stimme des fremden Mannes - wahrscheinlich ein Polizist, aber sie wurde leiser, weil Guy den Hörer vom Ohr nahm. Dann legte er auf.
    »Durch einen Blutsturz«, flüsterte er. »Mein Gott, wie ist so etwas möglich?« Er schlug die Hände vor das Gesicht und blieb regungslos auf der Schreibtischkante sitzen. Erst nach einer Weile kam er wieder zu sich, verließ diesen Platz und bewegte sich auf das Fenster zu. Er hatte das dringende Bedürfnis, hinausschauen zu wollen, um die eigentliche Realität zu sehen, denn was ihn umgab, kam ihm so unwirklich vor.
    Im Raum brannte nur die Schreibtischleuchte. Ihr Licht malte sich auch auf der Fensterscheibe ab, wie ein gelblicher Mond, der dabei war, sich allmählich aufzulösen.
    Laroche spürte die Kopfschmerzen. Zudem waren seine Glieder schwer geworden. In den letzten Sekunden verglich er sich mit einem Menschen, der um Jahre gealtert war. Seine Sinne hatten sich ebenfalls verändert. Sie nahmen Dinge wahr, auf die er sonst nicht geachtet hatte. Das leise Summen der Heizung, den Verkehrslärm draußen, auch die trockene Wärme zwischen den mit Bücherregalen vollgestopften Wänden.
    Ich muß hier raus, dachte er. Ich muß einfach weg. Ich will an die frische Luft. Ich muß über einiges nachdenken.
    Laroche löschte nicht einmal das Licht. Er ging zum Garderobenständer
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