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0872 - Die Urbanen

0872 - Die Urbanen

Titel: 0872 - Die Urbanen
Autoren: Volker Krämer
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oder?«
    Frank schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht .« Er schritt vor Zamorra die wenigen Stufen hinauf, die zum Hauptportal des Gebäudes führten. Offenbar hatte man die beiden Professoren bereits gesichtet, denn die Tür wurde von einer äußerst attraktiven Dame geöffnet, die Golar freundlich begrüßte.
    »Sie wollen doch sicher zu unserem Kellereremiten, Professor Golar, nicht wahr?«
    Frank grinste die junge Frau an, die ihn wohl recht gut kannte und einzuschätzen wusste.
    »Ich denke, ich werde ihn dort finden, oder?«
    Die Frau lachte leise auf. »Wo sonst, Professor? Nichts und niemand bekommt ihn aus den unteren Regionen nach oben. Da wären wohl selbst die berühmten ›zehn Pferde‹ machtlos, die man in solchen Fällen sprachlich so gerne bemüht.«
    Golar wechselte noch ein paar Floskeln mit ihr, dann nahm er Zamorra beim Arm und führte ihn zum Treppenhaus. »Wir haben zwar auch einen Fahrstuhl, doch unser Freund dort unten ist ziemlich schreckhaft. Aber keine Sorge - er ist absolut friedfertig. Er heißt übrigens Jean Dupont.«
    Zamorra blieb stehen und zwang auch Golar damit zum Innehalten. »Jetzt mal langsam, Frank. Zu wem bringst du mich? Warum lebt diese Person offenbar im Keller dieser Klinik? Und warum hast du Trehin und sein Urville erwähnt? Ein wenig an Information hätte ich schon gerne. Vor allem… Jean Dupont?«
    Frank Golar grinste spitzbübisch. »Okay, der Name ist kein wirklich großer Wurf, das gebe ich zu. Ich habe ihn so getauft.«
    In Frankreich war die Namenskombination Jean Dupont in etwa das, was in den USA John Doe bedeutete - oder in Deutschland der berühmte Max Mustermann.
    »Als wir ihn hier aufnahmen, da musste das Kind schließlich einen Namen haben.« Zamorra blickte nach wie vor verständnislos. »Also gut - Jean ist uns sozusagen zugelaufen. Besser gesagt: Ich habe ihn gefunden. Vor etwa drei Jahren sah ich einen Mann in der Nähe der Sorbonne. Er kniete auf dem Boden und malte mit einem Stück Kreide irgendwelche geometrischen Formen auf den Gehsteig. Ich habe ihn nach seinem Namen gefragt. Er wusste ihn nicht. Und er wusste auch nicht, wo er herkam. Also habe ich ihn hierher mitgenommen. Wir gaben ihm ein Zimmer. Er schien damit zufrieden zu sein. Dann haben wir versucht seine Identität zu erforschen. Ohne Erfolg. Wir haben die Polizei eingeschaltet. Nichts. Und so lebt er noch heute hier…«
    »Im Basement?« Zamorra war sich nicht sicher, ob er nun neugierig oder genervt reagieren sollte, denn schließlich hatte er seine Zeit nicht gestohlen. Es gab mehr als genug unfertige Baustellen, die seiner harrten. Dennoch war da ein seltsames Gefühl in der Magengegend des Parapsychologen. Frank hatte diesen Trehin und seine gezeichnete Stadt sicher nicht ohne Grund erwähnt.
    Der Sorbonne-Professor schritt die Stufen hinunter, die in den unterirdischen Teil des Gebäudes führten. »Im Basement, richtig. Das gesamte Gebäude ist unterkellert. Richtige Katakomben, wie du gleich selbst sehen wirst. Ein geringer Teil davon wird als Lager verwendet, doch das Meiste steht ganz einfach leer. Wir wollten den Kellertrakt ebenfalls komplett ausbauen, doch dann ging uns schließlich doch das Geld aus.«
    »Du redest um den heißen Brei herum. Ich mag keinen Brei…«
    Golar lachte. »Schon gut, Zamorra. Jean Dupont war keine zwei Monate bei uns, als das Pflegepersonal mich informierte - sie konnten ihn nirgendwo im Gebäude finden. Gut, ich hielt ihn für vollkommen ungefährlich, also machte ich mir keine großen Gedanken. Entweder versteckte er sich hier irgendwo oder er war einfach gegangen. Schließlich stand ihm das frei.«
    Die Stufen endeten unter einem gemauerten Bogen. Golar drehte sich zu Zamorra um.
    »Am übernächsten Tag war er plötzlich wieder da. Der Hunger hatte ihn aus seinem Versteck gelockt. Er wollte uns nicht verraten, wo genau er gesteckt hatte. Also beauftragte ich einen Pfleger, sich auf die Lauer zu legen. In der kommenden Nacht verließ Dupont erneut sein Zimmer, doch der Pfleger war auf der Hut. Er folgte Jean hier hinunter. Zielsicher ging er in den unbenutzten Teil der Katakomben und begann sein Werk fortzusetzen.«
    Frank Golar führte Zamorra in den nächsten Raum.
    Und Zamorra wusste plötzlich genau, woher das Gefühl in seinem Magen stammte. Irgendwie hatte er geahnt, was er nun zu sehen bekam.
    Der Raum war absolut leer. Bis zur Decke waren es sicher nicht mehr als sieben Fuß - mit ausgestrecktem Arm konnte man sie leicht
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