Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0861 - Manege der Hölle

0861 - Manege der Hölle

Titel: 0861 - Manege der Hölle
Autoren: Volker Krämer
Vom Netzwerk:
wusste wahrscheinlich noch nicht einmal, in welcher Lage sich Nicole befand. Es gab nur ein logisches Tun: Nicole Duval rief Merlins Stern. Ganz sicher hatte man sie nicht hierher verschleppt, sie in ein Raubtierkostüm gesteckt, um freundlich mit ihr zu plaudern.
    Der Panikpegel raste in einem Ruck bis zum Anschlag nach oben. Merlins Stern reagierte nicht! Nicole wusste sofort, warum dem so war, doch sie konnte den Grund einfach nicht verstehen.
    Sie besaß eine mentale Sperre, die sie nach Belieben öffnen oder schließen konnte - fast jeder, der an der Seite des Meister des Übersinnlichen, Professor Zamorra, gegen Dunkelheit und Chaos kämpfte, war gegen jede Form der geistigen Beeinflussung und Übernahme gefeit.
    Nicole Duvals Geist war frei, daran lag es nicht, dass sie das silberne Amulett nicht erreichen, es in ihre Hände bringen konnte. Das lag an etwas anderem. Der Gedankenbefehl war nicht nach außen gedrungen.
    Außen? Nicole blickte an sich hinunter. Was sie sah, das ließ ihr den Atem stocken.
    Was war sie?
    Die Dame… oder der Tiger?
    ***
    Sie hatte ihren menschlichen Körper behalten, ihren schönen Körper, an dem sich so mancher einfach nicht satt sehen konnte. Nackt war sie… und doch wieder auch nicht. Wunderbar glänzendes Fell hüllte Nicoles ganzen Körper ein. Arme und Beine endeten in Pfoten, deren Krallen mehr als gefährlich schienen; selbst für ihre Besitzerin, die mit ihnen nicht umzugehen wusste.
    Die Farbe des Felles schwankte wie ein besonders gelungener Farbverlauf zwischen Gelb und Ocker - nur unterbrochen von den so typischen schwarzen Streifen, die dem Tiger zu seiner Ausnahmestellung unter den Raubkatzen verhalfen.
    Die Frage war entschieden: Die Dame war zum Tiger geworden! Jedoch zu einem, der sich durchaus humanoid fortbewegen konnte. Am befremdlichsten jedoch war eindeutig der schlanke Schweif, der nervös und unkontrolliert zuckend Nicoles Aufmerksamkeit beanspruchte.
    Eine Hülle… mehr nicht. Ein Kokon, der die wahre Nicole in sich gefangen hielt. Noch ließ er ihr jede Eigenständigkeit Noch.
    Etwas schabte an ihrem Halsfell. Was hätte sie nun für einen Spiegel gegeben? Andererseits fürchte sie sich vor dem Anblick des eigenen Gesichts. Vorsichtig tastete sie mit eingezogenen Krallen nach dem Ding um ihren Hals. Ein Gewebeband, gut drei Finger breit, lag eng um ihre Kehle. Ein Hundehalsband! , war Nicoles erster Gedanke. Dann erfühlte sie den eingelassenen Stein. Nur ein Schmuckstück? Sie wollte nicht wirklich daran glauben.
    »Blau.«
    Nicole zuckte herum, als sie so unvermittelt angesprochen wurde. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie doch nicht alleine war. In einer Ecke des Raumes lag zusammengerollt ein hellbraunes Etwas, das sich nun langsam aufrichtete. Von der Fellfarbe und den Zügen des Gesichts zu urteilen, war es eine Löwin. Wie sie selbst ein Zwitterwesen aus Mensch und Raubtier.
    Die Löwin kam nicht auf die Beine, blieb am Boden hocken. Ihre Bewegungen waren unnatürlich langsam, irgendwie müde und deprimiert.
    »Was… was meinst du?« Nicole stammelte, denn sie hatte keine Ahnung, wie sie sich in dieser Situation zu verhalten hatte. Defensivität konnte sicher nicht schaden.
    »Er ist blau.« Mit der Schnauze deutete die Löwin in Richtung von Nicoles Hals. »Der Stein ist blau. Aber du kannst dir ja meinen betrachten. Einen Spiegel kann ich dir hier leider nicht bieten.« Es lag keine Ironie in der Stimme der Raubkatze. Es tat ihr wirklich leid, Nicole nicht helfen zu können.
    Die Französin betrachtete das Löwenwesen. Es war von der Größe her sicher ein wenig kleiner als sie selbst, machte einen ausgemergelten Eindruck. Entweder wurde es nicht ausreichend mit Nahrung versorgt oder es war krank. Die Brüste der Löwenfrau schienen geschwollen.
    Die Löwin registrierte Nicoles Blicke sehr wohl, konnte sie ausgezeichnet einschätzen.
    »Ehe du fragst - ja, ich habe vor Kurzem ein Kind geboren. Es ist tot…« Der Kopf der Löwin sackte nach vorne. »Zerstampft von den Hufen der Zentauren. Doch ich mache den Pferdekreaturen keinen Vorwurf. Ein anderer hat das zu verantworten. Und der ist es auch, der dich und mich in diesen Käfig gesperrt hat. Sicher hofft er, dass wir uns gegenseitig zerfleischen.«
    Nicole vernahm ein lautes Schnurren. Nur langsam begriff sie, dass sie dieses Geräusch selbst erzeugt hatte. Nur kurz blieb ihr Blick an dem Halsband der Löwin hängen - es war schwarz, und in seiner Mitte thronte ein blauer Stein.
    Beinahe wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher