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0860 - Die Blutbank von Venedig

0860 - Die Blutbank von Venedig

Titel: 0860 - Die Blutbank von Venedig
Autoren: Earl Warren
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Widerschein von Licht und Dunkelheit.«
    Er berührte das Amulett unterm Hemd. Es war kühl.
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Nicole. »Aber ich fürchte, die schönen Tage und die Entspannung sind vorbei. Ich habe ein sehr ungutes Gefühl. Meine Intuition sagt mir, dass es mit Christoph Zuber und seiner jungen Frau zusammenhängt. - Zamorra, ich fürchte, wir werden sie nicht lebend wiedersehen.«
    Der Parapsychologe stutzte. So deutlich und mit solcher Sicherheit hatte Nicole sich selten geäußert. Doch er nahm es auf die leichte Schulter. »Das bildest du dir ein, Chérie. Es besteht kein Grund zur Besorgnis. Das Amulett würde mich warnen, wenn Venedig tatsächlich von Vampiren heimgesucht würde.«
    »Bist du da sicher?«, fragte Nicole ein wenig beleidigt.
    Zamorra seufzte. »Warten wir's ab«, sagte er, denn er wollte die Frau, die er mehr als alles andere auf der Welt liebte, nicht kränken und mit ihr nicht über ihre Ängste und Vorahnungen diskutieren. Es war ja tatsächlich so, dass die männliche Logik der weiblichen Intuition oft unterlag.
    »Wenn du recht hast, werden wir es früh genug merken«, sagte Zamorra. »Und jetzt lass uns auf der Hotelterasse noch einen späten Imbiss nehmen und auf den Canal Grande hinunterschauen.«
    »Was du jetzt isst, bleibt dir auf den Rippen wie festgetackert.« Nicole versuchte, ihre trüben Gedanken loszuwerden. »Es sei denn, du begnügst dich mit einem Salat wie ich.«
    »Bin ich ein Kaninchen? Nein, ein Steak wird genommen. Medium, Vor-und Nachspeise.«
    »Fresssack.«
    Sie alberten wie zuvor, ehe sich der Schatten über Nicoles Gemüt gesenkt hatte, doch ein ungutes Gefühl blieb…
    ***
    Christoph und Marietta Zuber merkten, dass etwas nicht stimmte. Eng umschlungen hatten sie in der Gondel gesessen, die durch das nachtschwarze Wasser glitt, und waren damit beschäftigt gewesen, sich tief in die Augen zu schauen und sich an den Händen zu halten. Zuerst registrierte der junge Schweizer das Fehlen der Geräusche, die sie zuvor im Canale Grande gehört hatten.
    Es war zu ruhig.
    Er schaute auf.
    »Aber wo sind wir denn hier?«, fragte er den Gondoliere mit der reich bestickten Weste und dem Barett am Kopf, der Tracht der venezianischen Gondolieri.
    Der gut aussehende schwarzhaarige junge Mann wiederholte die Frage in Englisch, weil ihm einfiel, dass der Gondoliere sein Schwyzerdütsch nicht verstand. Der Gondoliere antwortete nicht. Er ruderte weiter durch den dunklen, schmalen Seitenkanal, unter einer Brücke hindurch.
    Aus den Häusern zu beiden Seiten des Kanals fiel kein Licht. Nur der Mond schien, und ferner Lichtschimmer gab eine spärliche Beleuchtung. Wortlos ging der Gondoliere an dem jungen Paar vorbei und zündete die Laterne am hohen Bugspriet der Gondel an.
    Marietta umklammerte ihren Gatten.
    »Seine Augen glühen«, wisperte sie ihm ins Ohr.
    Als sich der Gondoliere umdrehte, um an seinen Platz zurückzukehren, sah es Christoph. Unter dem Barett leuchteten zwei rote Funken in den Pupillen des Gondoliere.
    Christoph erschauerte. Er kniff sich in den Arm, um sich zu überzeugen, dass er nicht träumte. So etwas gab es nur im Film oder im Roman. Grauen erfasste ihn. Er zupfte den Gondoliere am Wams, als der an ihnen vorbeistieg.
    »Antworten Sie mir! Was soll das bedeuten?«
    Der Gondoliere streifte Christophs Hand weg. Er stellte sich ans Heck der unsymmetrischen Gondel, was sie sein musste, um das Drehmoment durch das einseitige Rudern auszugleichen. Geschickt steuerte und ruderte er weiter, duckte sich unter einer besonders niedrigen Brücke.
    Kein Laut war mehr zu hören, außer dem Plätschern des Ruders im Wasser und den Geräuschen, die in der Gondel selbst entstanden. Totenstille herrschte rundum, eine beängstigende, grauenvolle Stille.
    »Christoph, so unternimm doch etwas«, flüsterte Marietta.
    Der junge Mann verfiel in hektische Betriebsamkeit. Er kramte seinen Translator aus der Tasche, tippte Worte ein und versuchte, sich mit dem Gondoliere zu verständigen. Mit Händen und Füßen, italienische Worte vom Taschenübersetzer ablesend, äußerte sich Christoph.
    Der Gondoliere ruderte stur und stumm weiter. Das Paar auf der Hochzeitsreise erschauerte. Die beiden schauten sich an.
    »Wir werden entführt!« Marietta wagte es nicht, laut zu sprechen.
    »Von der Mafia«, raunte Christoph. »Sie werden uns ausrauben wollen.«
    Marietta schmiegte sich schutzsuchend an ihren Gatten. »Ich fürchte, es ist schlimmer als das«, raunte
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