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0853 - Tanz der Skelette

0853 - Tanz der Skelette

Titel: 0853 - Tanz der Skelette
Autoren: W.K. Giesa
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Zombies daraus ins Freie geklettert waren, schon, aber ein ganzer Friedhof mit allen Gräbern? Das war ihm noch nie untergekommen.
    Juan Pereira führte sie zum Doppelgrab seiner Eltern. Zamorra sah, dass es ihm schwer fiel. Vor dem Grab kniete er nieder und sprach ein Gebet. Dann erhob er sich wieder. Rolando half ihm dabei, als sei er ein gebrechlicher alter Mann. Diesen Eindruck machte Pereira momentan auch auf Zamorra.
    »Was nun?«, fragte er brüchig.
    »Mal sehen«, murmelte Zamorra und löste sein Amulett von der Silberkette, an der er es vor der Brust trug. Auch wenn Nicole und er eigentlich nur nach Rio gekommen waren, um Urlaub zu machen, trug er die handtellergroße Silberscheibe bei sich. Rein aus Gründen der Vorsicht. Das war ihm in all den Jahren so in Fleisch und Blut übergegangen, dass es sich zum Reflex entwickelt hatte.
    Kommissar da Cavaneiro kannte die Prozedur, die jetzt stattfinden sollte, noch von damals. Zamorra versetzte sich mit einem posthypnotischen Schaltwort in Halbtrance und verschob einige der unübersetzbaren Hieroglyphen. Die Zeitschau wurde aktiviert.
    Der stilisierte Drudenfuß in der Mitte des Amuletts veränderte sich. An seiner Stelle wurde eine Art Mini-Bildschirm sichtbar, der die nächste Umgebung zeigte. Gleichzeitig entstand das Bild auch direkt in Zamorras Wahrnehmung. Es war, als würden sich zwei Bñder überlagern oder durchdringen.
    Zamorra konnte dieses Bild in Richtung Vergangenheit steuern wie in einem rückwärts laufenden Film. Auf diese Weise konnte er herausfinden, was in jüngster Vergangenheit geschehen war. Die maximale »Reichweite« der Zeitschau ging für ihn allerdings nicht über 24 Stunden hinaus. Die Magie forderte ihren Tribut; sie zehrte um so mehr an seiner geistigen und körperlichen Kraft, je weiter er in die Vergangenheit vorstieß. Überschritt er die 24-Stunden-Grenze, würde er sterben.
    In diesem Fall aber bestand keine Gefahr. Das Geschehen lag sicher nur wenig länger als 12 Stunden zurück. Das kostete zwar auch schon eine Menge Kraft, aber es war noch nicht lebensgefährlich. Er würde danach allerdings ein paar Stunden Ruhe benötigen, um sich wieder zu erholen.
    Schwarzmagier hatten es da einfacher. Sie benötigten nur ein Blutopfer, um sich zu regenerieren. Und einen Menschen rituell zu töten, war alles andere als schwer…
    Zamorra »sah« die Skelette aus den Gräbern steigen.
    Und dann sah er die Flötenspielerin…
    ***
    Und die Flötenspielerin sah ihn.
    Wieder tauchte sein Bild, das sie schon einmal gesehen hatte, vor ihr auf, um im nächsten Moment wieder zu verschwinden, aber ihr Instinkt, der sie schon vorher warnte, verriet ihr, dass dieser Mann in der Lage war, ihren Standort herauszufinden.
    Ihre Aura zu verbergen, dazu reichte die Zeit nicht mehr. Der Gefährliche hatte sie bereits registriert. Wenn er nun nach ihr suchte, würde er sie zwangsläufig finden. Das ließ sich nicht mehr verhindern.
    Sie erschauerte. Sie spürte Angst, denn er war mächtig.
    Aber da war auch noch etwas anderes in oder an oder bei ihm…
    ***
    Zamorra sah, was sich in der Nacht abgespielt hatte. Es war doch ein wenig früher geschehen, als er gedacht hatte, und kostete ihn entsprechend mehr Kraft, aber das war zu schaffen. Er sah die Flötenspielerin, und er sah, wie die Skelette ihrem Spiel folgten. Er bedauerte, dass er den Klang nicht hören konnte, die Melodie, der die Bewegungen der Gerippe folgten. Vielleicht hätte er daraus Rückschlüsse ziehen können.
    Vielleicht kannte er das Lied ja und konnte eine Gegenmelodie schaffen, die die Skelette in ihre Gräber zurückkehren ließ und sie dem Zwang der Flöte entriss. Sicher wäre dieses Lied dann alles andere als melodisch, sondern eher eine Schrecken erregende Aneinanderreihung von Disharmonien. Aber es mochte wirksam sein, ähnlich wie in der Physik, wo ein Wellental einen Wellenberg neutralisierte und eine Ebene schuf. So würde es auch hier sein, mit dem Resultat, dass der Flötenklang nicht mehr zu hören wäre.
    Aber solange er die Melodie nicht hören konnte, ließ diese Idee sich nicht verwirklichen. Sie würde höchstens eine totale Katastrophe hervorrufen.
    Das war einer der Nachteile der Zeitschau.
    In der Bildwiedergabe aus der Vergangenheit setzte sich die Flötenspielerin in Bewegung. Leicht tänzelnd verließ sie den zerstörten Totenacker. Im gleichen Rhythmus der Bewegungen folgten die Skelette ihr.
    Zamorra versuchte, aus den Tanzbewegungen etwas über das Lied
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