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0850 - Rache aus der Totenkammer

0850 - Rache aus der Totenkammer

Titel: 0850 - Rache aus der Totenkammer
Autoren: Jason Dark
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gequält. Sie war so etwas wie die Todeszelle. Es gab dort sogar eine Rinne, in der das Blut ablaufen konnte.
    Das System war nicht nur pervertiert, es war in seiner Perversion auch perfekt gewesen, doch es hatte sich überlebt und war vernichtet worden. Unblutig, aber die Erinnerungen blieben, auch für einen Mann wie Franz Jochem. Er hätte nicht gedacht, daß sie ihn beim Anblick der Tür so hart erwischen würden. Dabei hatte er gedacht, daß alles vorbei war, daß ihn nichts…
    Er stöhnte auf und ging nicht mehr weiter. Schweiß lag auf seiner Stirn. Mit einer müden Bewegung wischte er darüber hinweg, und beim Atmen riß er den Mund weit auf. Er konnte nichts anderes einatmen, als diese feuchte, alte, muffige Luft, die bei ihm einfach Übelkeit verursachte, den Magen hochtrieb, denn jeder Atemzug war vermischt mit schrecklichen Erinnerungen.
    Jochem zitterte. Es gab keinen Grund dafür. Niemand griff ihn an, keiner wollte etwas von ihm, und doch konnte er das Zittern nicht unterdrücken. Es war einfach in ihm, es peitschte ihn auf, und es war ihm nicht möglich, den Strahl der Lampe ruhig zu halten.
    Der Anfall ging vorbei. Franz Jochem nahm sich vor, sich nicht mehr so stark von seinen Erinnerungen bedrängen zu lassen. Das war überhaupt nicht gut für ihn. Er mußte sich zusammenreißen und handeln wie ein Mann und nicht wie eine Memme.
    Die letzte Tür war wichtig.
    Die Waschküche!
    Einige Male sprach er den Namen aus, und aus jedem Buchstaben sickerte die Furcht hervor. Gebeugt wie unter einer schweren Last legte er die letzten Schritte zurück, bis er sein Ziel erreicht hatte. Vor dieser Tür blieb er stehen.
    Sie bestand aus Metall. Es gab keine Gitter, es war einfach nur diese dicke Tür, und sie war nicht mal durch ein besonderes Schloß gesichert. Man drehte nur den Schlüssel zweimal herum und war danach in der Lage, die Tür aufzuziehen.
    Damals zumindest – heute nicht mehr. In der Zeit nach der sogenannten Wende konnte jeder die Tür aufziehen, denn verschlossene Türen gab es in den Zuchthäusern nicht mehr.
    Die alte Klinke war noch immer da. Früher war das Metall blank vom vielen Anfassen gewesen, heute hatte es Rost angesetzt. Die Jahre hatten ihre Spuren auch hier hinterlassen.
    Jochem schnaufte, als er die Klinke berührte. Das Licht seiner Lampe reichte aus. Er wußte, was geschah. Er brauchte die Tür nur aufzuziehen, dann würde er diese nacke, leere, kalte und geflieste Zelle betreten können.
    Warum ziehe ich die Tür nicht auf? fragte er sich. Es ist doch so leicht. Andere hatten es ihm früher vorgemacht. Er aber stand da und wartete auf etwas, das er nicht fassen konnte.
    Ein ungewöhnliches Gefühl hatte ihn überkommen. Er selbst dachte darüber nach, war aber nicht in der Lage, es zu beschreiben.
    Hätte ihn jemand danach gefragt, er hätte nur die Schultern leicht angehoben. Mehr war nicht möglich.
    Jochem wartete noch immer.
    Sekunden verstrichen.
    Der Mann überlegte, was ihn wohl hätte davon abhalten können, die Tür zu öffnen. War es die Furcht vor dem, was er möglicherweise zu sehen bekam?
    Franz Jochem konnte sich selbst keine Antwort darauf geben. Am besten wäre es gewesen, wenn er wieder zurückgelaufen wäre. Das aber wollte er auch nicht. Er befand sich in einer Zwickmühle und war innerlich zerrissen.
    Egal, kneifen galt nicht. Er wollte den langen Weg nicht umsonst gemacht haben.
    Trotz der Jacke fror er, aber darum kümmerte sich Jochem nicht.
    Er hatte sich überwunden, er zog die Tür sehr hart und auch sehr schnell auf, rechnete mit schlimmen Dingen, und er lachte in die Düsternis hinein, wobei sein Lachen von den kahlen Wänden als schauriges und hohl klingendes Echo zurückgeworfen wurde.
    Eine leere Zelle.
    Was sonst?
    Was hatte er sich denn gedacht?
    »Du bist ein alter Narr, Jochem!« beschimpfte er sich selbst. »Du bist ein dummer, blöder, alter Narr.«
    Er hob die Lampe an. Der Strahl glitt in die Zelle hinein und erwischte die ihm gegenüberliegende gekachelte Wand. Alle vier Wände waren hier gekachelt, sogar der Boden bestand aus dem gleichen Material. Es waren kleine Kacheln. Früher einmal hellgrau, im Laufe der Zeit waren sie aber schmutzig geworden.
    An der rechten Seite zog sich die Rinne hin. Durch sie war schon vieles in den jetzt rostigen Abfluß geflossen, und Jochem wollte gar nicht daran denken.
    Es gab kein Licht. Wer in dieser Zelle hockte, der mußte sich mit der Finsternis abfinden, die nur dann unterbrochen wurde, wenn die
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