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0841 - Der gläserne Tod

0841 - Der gläserne Tod

Titel: 0841 - Der gläserne Tod
Autoren: Christian Montillon
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langsam hob Shira einen weiteren Teil ihres Schädels aus dem Sand, bis ihr Gehörorgan frei lag.
    Sie vernahm das hämmernde Geräusch hastiger Schritte.
    Und dann sah sie es. Das Monster.
    Der Eindruck schierer Größe und Stärke überwältigte sie nahezu. Die Kreatur überragte Shira um das Dreifache. Die acht Extremitäten waren dick und unförmig. Sie erhoben den schmutzig schwarzen, aufgequollenen Leib weit über den Boden.
    Shira schwindelte. Sie kannte Zeichnungen dieser Wesen! Das musste einer der sagenumwobenen Wüstensprinter sein. Früher, so hieß es, hatten sich Staublinge und Wüstensprinter den Lebensraum geteilt, bis die große Teilung eingetreten war. Heute glaubte niemand in Shiras Kolonie mehr an die Existenz der Sprinter - jeder hielt sie für eine Legende wie etwa die Xpomule oder die Drachen.
    Shira zermarterte sich das Hirn. Was sagten die Überlieferungen über die Wüstensprinter? Angeblich handelte es sich nicht um Tiere, sondern um Intelligenzwesen, auch wenn das kaum glaubhaft war. Wie konnte etwas intelligent und gleichzeitig so hässlich sein? So Ekel erregend und widerwärtig?
    Der gewaltige Wüstensprinter erinnerte Shira an die kleinen Achtbeiner, die an den Decken der Wohnhöhlen ihre Netze woben und nur deshalb geduldet wurden, weil sie Schädlinge fingen und fraßen, ehe diese die Nahrungsvorräte der Staublinge verseuchen konnten. Nur war er größer, hundert- und tausendfach größer.
    Shira spürte, wie sich die Haut ihres Rückens zusammenzog und die Schuppen sich überlappten. Abscheu wühlte in ihren Gedärmen. Sie hasste die Achtbeiner! Alles in ihr widerstrebte dem, was sie nun tun musste. Aber es blieb keine andere Wahl.
    Sie hatte den Helden um Hilfe gebeten, also konnte sie diese Hilfe nicht verachten, wenn sie anders ausfiel, als sie es sich vorgestellt hatte! Wer war sie, dem Helden vorzuschreiben, wie er helfen sollte?
    Wenn Professorzamorra es für richtig hielt, ihr einen ekligen riesigen Achtbeiner über den Weg zu schicken, dann musste sie das akzeptieren.
    Blitzartig grub sie sich aus dem Sand und richtete sich zu voller Größe auf. Dazu erhob sie die vorderen Tatzenpaare vom Boden und streckte die Rückenmuskulatur. Ehe sie es sich anders überlegen konnte, rief sie: »Sei mir willkommen. Ich suche die heiße Quelle, die jenseits der Wüste verborgen ist.«
    Der Wüstensprinter verharrte in seinen Bewegungen und wandte den hässlichen, fetten Leib inmitten der Extremitäten herum. Vier runde, geschliffene Augen starrten Shira an. Ein Maul öffnete sich. Mahlende Knochenplatten wurden sichtbar. Speichel rann daraus hervor und tropfte zu Boden. Oder handelte es sich um Gift?
    Plötzlich erinnerte sich Shira daran, dass es in den Überlieferungen hieß, die Wüstensprinter seien gefährliche, mörderische Kreaturen. Sie hätten damals viele Staublinge gefangen, eingesponnen und gefressen.
    Von einem Moment auf den anderen hatte Shira Angst…
    ***
    Professor Zamorra zuckte zusammen, was Nicole Duval zu einem breiten Grinsen animierte. »Kitzlig, Chef?« Ihre Hände glitten über seine Taille, die Daumen rieben über die Rippen.
    »Ich… Nici, es…« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    Sie spürte sofort, dass es ihm ernst war. Sie ließ ihn los und setzte sich neben ihm im Bett auf. »Was ist los?« Doch nicht schon wieder das verdammte Buch mit den Siegeln?, durchfuhr es sie.
    Seine graue Augen verengten sich. »Jemand nimmt Kontakt zu mir auf.« Er stöhnte. »In meinem Kopf.«
    »Telepathie?« Ihr Blick huschte durch das Hotelzimmer, über die gelben Vorhänge, den wuchtigen Wandschrank, die Badezimmertür.
    Sein Gesicht verzog sich schmerzhaft. »Mehr als…« Wieder brach er ab. Sein Atem ging heftig und stoßweise. Er glaubte, dass sich eine glühende Klinge durch seine Schädeldecke bohrte. Der Schweiß brach ihm aus.
    Wie war es möglich, dass jemand ihn telepathisch erreichte? Er verfügte, wie nahezu alle seiner Freunde und Mitstreiter, über eine mentale Barriere, die genau solche Kontakte nicht zuließ. Nur wenn er es wollte und diese Abschirmung willentlich öffnete, konnten andere seine Gedanken lesen oder ihn mit ihren Gedanken erreichen!
    Wir müssen uns treffen!
    »Was willst du?«, stieß der Meister des Übersinnlichen aus.
    Nicole schwieg, denn sie wusste, dass ihr Geliebter nicht mit ihr redete. Übernatürliche Phänomene gehörten zu ihrem Alltag. Sie zögerte nicht und rief sein Amulett zu sich. Augenblicklich materialisierte Merlins
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