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084 - Mord aus dem Jenseits

084 - Mord aus dem Jenseits

Titel: 084 - Mord aus dem Jenseits
Autoren: Earl Warren
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herumgehen. Die Mumie wurde mir geschenkt und ich behalte sie auch. Sie können sie sich gerne ansehen und meinetwegen auch an Ort und Stelle Untersuchungen daran vornehmen, aber einen Rückkauf schlagen Sie sich am besten gleich aus dem Kopf.“
    Calaveras stand in der Mitte des Zimmers. Trotz der Mittagshitze trug er einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine altmodische Krawatte.
    „Sie sollten sich das sehr genau überlegen, Senor Braun. Es gibt in Mexiko mächtige, einflußreiche Leute, die sehr an der Mumie des Cuitlahuac interessiert sind. Es handelt sich nicht nur um wissenschaftliche Gruppen, sondern auch um Bünde historischer und religiöser Prägung.“
    „Religiöser Prägung?“
    „Sie würden es Sekten nennen, Senor Braun. Die Azteken waren in manchen Dingen weiter fortgeschritten als wir Menschen des 20. Jahrhunderts. Sie besaßen ein fundiertes Wissen um die Geheimnisse der Natur, um das Diesseits und
    Jenseits, das in unserer Zeit verdrängt und vergessen worden ist. Der Glaube der Azteken lebt in ihren Nachkommen fort.“
    Braun deutete einladend auf einen Stuhl, doch Calaveras ignorierte den Hinweis. Er blieb stehen.
    „Wenn ich Sie recht verstehe, Herr Calaveras, wollen Sie die Mumie im Auftrag einer Sekte zurückkaufen?“
    „Legen Sie meine Worte aus, wie Sie wollen. Sie jedenfalls haben kein Anrecht auf Cuitlahuacs Körper. Er gehört denen, die den Glauben, die Überlieferungen und Riten … wie sagt man?“
    „Praktizieren“, warf Romen ein.
    „Ja, praktizieren.“
    „Wieviel wollen Sie für die Mumie haben, Senor Braun?“
    „Ich sagte Ihnen bereits, Cuitlahuac ist unverkäuflich. Ich bin froh, daß ich dieses Prunkstück in meiner Sammlung habe. Das ist mein letztes Wort, Herr Calaveras.“
    Calaveras trat auf Sebastian Braun zu. Der Millionär erhob sich und stand dem Indio gegenüber. Calaveras dunkle, stechende Augen bohrten sich in die grauen Brauns.
    „Es wäre besser für Sie, Senor Braun, wenn Sie auf mein Angebot eingingen.“
    „Wollen Sie mir drohen?“
    „Ich will Sie warnen. Geben Sie mir die Mumie!“
    „Nein.“
    „Bueno, wie Sie meinen, Senor. Falls Sie Ihre Meinung ändern, können Sie mich im Hotel‚ Zum Hessischen Hof’ erreichen. Ich wohne seit gestern dort.“
    „Ich habe mich entschieden und will Sie nun nicht länger aufhalten. Gerda, sei so freundlich und bringe Herrn Calaveras zur Tür. Er möchte gehen.“
    „Hüten Sie sich, Senor Braun, hüten Sie sich! Es gibt Mächte, von denen Sie nichts ahnen und die stärker sind als Menschenwille und Menschenkraft. Wenn die Schwingen des Todes Ihr Ohr streifen und Sie die Macht der Melodie des Grauens gespürt haben, werden Sie Ihre Ansicht revidieren.“
    Sebastian Braun maß seinen Worten keine Bedeutung bei. Calaveras ging.
    „Komischer Heiliger“, sagte er zu Romen. „Komm, Robert, wir wollen uns die Mumie ansehen, wegen der Herr Calaveras sich den weiten Weg von Mexiko gemacht hat.“
    Die beiden Männer verließen das Kaminzimmer.
    Auf der Treppe zum ersten Stock holte Gerda Link die beiden Männer ein.
    „Er ist weg“, sagte sie.
    Ein hoher, luftiger Raum von hundertzwanzig Quadratmetern empfing die drei. An der Rückwand prangte eine Reliefkarte von Tenochtitlan, der Hauptstadt des aztekischen Reiches. Brauns Sammlung umfaßte hauptsächlich Gegenstände aus dem Kulturbereich der Azteken, Inkas und Mayas. Andere Einflüsse und Kulturen waren nur wenig vertreten.
    Romen sah prächtige gewebte Teppiche an den Wänden, Feder– und Mosaikarbeiten sowie kunstvolle Gold – und Kupfermasken. Am Boden standen Vasen und allerlei andere Gefäße mit prachtvollem Dekor. Auf langen Tischen lagen Erzeugnisse der Gold – und Silberschmiedekunst, Holzschwerter mit Obsidianklingen, Wurfspeere und viele Gegenstände, deren Zweck nicht immer auf den ersten Blick klar ersichtlich war.
    An der einen Wand standen mehrere ausgestopfte Wattepanzer, an der anderen – der Westwand – war das Prunkstück der Sammlung aufgestellt. In einem dunklen, hölzernen Sarkophag mit prachtvollen Schnitzereien lag die Mumie Cuitlahuacs. Über dem Wattepanzer war das Obsidianschwert gegürtet, die Federhaube saß auf ihrem Kopf.
    „Das ist er. Cuitlahuac, der Oberpriester des Huitzilopochtli, der blutigen Gottheit der Azteken. Cuitlahuac war ein Vorfahre des späteren Aztekenherrschers gleichen Namens.“
    Romen betrachtete die Mumie. Die dunklen Zähne bleckten ihn an, das Gesicht war schwarz und rissig. Wie Leder
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