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0824 - Liebestanz der Totenbräute

0824 - Liebestanz der Totenbräute

Titel: 0824 - Liebestanz der Totenbräute
Autoren: Jason Dark
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ihre Hände, als wollte sie diese waschen.
    »Du glaubst mir nicht, Jane?«
    »Das – das habe ich nicht gesagt, aber es fällt mir schwer, es zu kapieren. Da bringt der Postbote einen Brief mit deinem eigenen Blut. Das ist doch ein Ding, das ist…«
    »Außergewöhnlich.«
    »Richtig.«
    »Aber es gibt einen Grund, der plausibel ist.«
    »Da bin ich gespannt.«
    Lady Sarah setzte sich auf die Schreibtischkante. Sie schaute noch im Umschlag nach, weil sie nach einer Nachricht suchte, aber die war nicht vorhanden. »Es ist alles so eingetroffen, wie wir es verabredet haben – damals.«
    »Wann damals?«
    »Wir waren junge Mädchen, und wir haben schon immer viel gelesen. Nicht nur Mädchenbücher, sondern eigentlich alles, was uns in die Hände geriet.« Sie lächelte etwas verloren, als sie ihre Gedanken weit in eine andere Zeit schweifen ließ. »Unter diesen Büchern befanden sich auch spannende Romane. Geschichten, die eigentlich nur von Jungen gelesen wurden. Indianergeschichten, Abenteuerbücher, wo es noch edle Helden gab, die den Schurken die Stirn boten. Unter anderem faszinierten uns die Wild-West-Geschichten des deutschen Autors Karl May. Wir waren begeistert von Old Shatterhand und Winnetou, sogar so begeistert, dass wir damit anfingen, uns so zu fühlen wie sie. Hetty und ich verloren uns in diese herrliche Traumwelt der Bücher – wie viele Jungen und Mädchen vor und auch nach uns. Auch heute ist ein Buch nochimmer spannender als irgendein Videofilm oder die Beschäftigung mit diesen Game Boys. Lesen ist ja Kino im Kopf, aber ich schweife ab. Jedenfalls haben wir uns so in diese Welt des Winnetou und des Old Shatterhand hineinversetzt, dass wir beschlossen, zu Blutsschwestern zu werden.«
    Jane haute es beinahe um. »Was habt ihr getan?«
    »Wir tauschten Blut aus. Sie erhielt mein Blut, und sie gab mir ihres. Hetty hat meines behalten, und ich besitze ihr Blut ebenfalls. Ich habe dir die kleine Flasche nie gezeigt, jedenfalls ist sie dicker als das Gefäß, das ich zerstört habe in meiner Dummheit. Wie dem auch sei, wir haben ja nicht nur unser Blut gegeben, wir haben dies auch mit einem Versprechen verbunden. Wenn es irgendeinem von uns schlecht gehen sollte, dann wollte die eine der anderen das Blut schicken. Es ist eine Nachricht, und die habe ich nun erhalten.«
    Jane Collins nickte. An diese Auflösung hätte sie nie im Leben gedacht, und sie konnte es auch jetzt noch nicht fassen. »Du glaubst wirklich, dass es dein Blut ist?«
    »Hundertprozentig. Es kann nur einen Grund geben, weshalb sie es mir geschickt hat.«
    »Sie braucht Hilfe.«
    »Ja.«
    »Und was willst du tun?«
    Sarah setzte ihr strenges Lehrerinnengesicht auf. »Das müsstest du doch wissen, Jane. Da sie mir mein Blut geschickt hat, kann ich davon ausgehen, dass es ihr nicht gut geht und sie um meine Hilfe bittet.« Ihre Stimme klang plötzlich traurig. »Es ist auch durchaus möglich, dass sie mich noch einmal sehen will, bevor sie… nun ja, bevor sie … du weißt schon, was ich meine.«
    »Bevor sie stirbt, nicht?«
    »So ist es.«
    Jane konnte es nicht fassen, aber sie sah auch keinen Grund, weshalb Sarah sie hätte belügen sollen. Das alles war ihr suspekt, doch wenn sie Lady Sarah so anschaute, dann glaubte sie schon, dass sich die Horror-Oma nicht immer so verhalten hatte, wie man es von einem jungen Mädchen erwartete. Auch heute war sie die außergewöhnlichste Person, die Jane kannte.
    »Was willst du tun?«
    Sarah Goldwyn hob den Umschlag an und drehte ihn herum. Sie suchte den Absender, fand ihn – er war nicht blutdurchtränkt – und sagte: »Ich werde zu ihr fahren.«
    Jane schnappte nach Luft. »Aber das ist beinahe in Cornwall!«
    »Na und? Es gibt doch Züge.« Sarah hielt den Umschlag dicht vor ihre Augen. »Lintford House«, murmelte sie. »Hört sich herrschaftlich an.«
    »Hatte Hetty denn Vermögen?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Aber ich habe sie Jahrzehnte nicht gesehen. In der Zwischenzeit kann sich einiges verändert haben.«
    »Es hört sich an, als wäre es ein Hotel oder sogar ein Alten- und Seniorenheim.«
    »Da kannst du Recht haben.«
    »Und du willst wirklich hin?«
    »Ja. Sie ist in Not, wir sind Blutsschwestern. Ich muss einfach herausfinden, was mit ihr geschehen ist.«
    »Reicht da nicht ein Anruf?«
    »Den werde ich vorher erledigen.«
    »Sie hätte dich auch anrufen können.«
    Sarah überlegte. »Im Prinzip hast du Recht. Dass sie es nicht getan hat, stimmt mich schon etwas
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