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0824 - Don Jaime, der Vampir

0824 - Don Jaime, der Vampir

Titel: 0824 - Don Jaime, der Vampir
Autoren: W.K. Giesa
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ein Zimmer bewohnte - zumindest jetzt, in den Semesterferien schliefen längst. Charlotte öffnete die Kühlschranktür und fand eine Butterpackung. Die nahm sie mit feinem Lächeln heraus, um sie Jaime zu geben. War zwar nur ein Viertelpfund, aber für den Gag reichte es allemal.
    Sie hörte die Spülung - und dann zwei Türen zugleich.
    Jaime verließ die Toilette, und Charlottes-Vater das Schlafzimmer, weil er das stille Örtchen ebenfalls mit seiner Anwesenheit adeln wollte. Im Flur trafen sie aufeinander.
    Jaime zuckte zusammen.
    Vater Jules auch. Dann brüllte er los. »Was ist das denn hier? Eine öffentliche Bedürfnisanstalt? Na warte, du Einbrecher!« Woher er den schweren Knüppel hatte, blieb allen Beteiligten außer ihm selbst ein Rätsel, aber er schwang das Ding schon, um auf den vermeintlichen Einbrecher loszudreschen. Jaime duckte sich erschrocken, schrie auf und floh. Dabei stieß er unten mit Charlotte zusammen.
    Jules polterte nun auch die Treppe hinunter.
    »Nicht!«, schrie Charlotte auf. »Lass ihn! Der gehört mir! - Äh, zu mir, wollte ich sagen. Ich habe ihn aus der Discothek mitgebracht!«
    »Dann verkaufe ihn schnellstens auf dem Flohmarkt weiter, sonst schmeiße ich ihn auf den Kompost!«, knurrte Jules knüppeldrohend. »Mann, Mädchen, was hast du dir für einen feigen Tattergreis angelacht? Statt dass er um dich kämpft, haut er einfach ab und schreit um Hilfe! Was für ein Held!«
    »Ich bin eben kein Held«, jammerte Jaime, »und das Kämpfen überlasse ich lieber meinen Soldaten!«
    »Wie war das gerade?« Jules schnappte nach Luft. »Deinen Soldaten? Was glaubst du eigentlich, wer und was du bist? Napoleon Bonaparte? Der hatte Soldaten und ist damit bis fast nach Moskau marschiert! Aber du…«
    »Will nicht nach Moskau«, protestierte Jaime. »Was soll ich da? Da reden doch alle russisch, und das versteht kein anständiger Mensch! Eure Nasenkrankheit ist schon schlimm genug! Spanisch ist die einzig wirkliche, schöne Sprache!«
    »Ich lasse gleich den Knüppel sprechen, du Pseudonapoleon!«, drohte Jules.
    Jaime straffte sich. »Ich bin Don Jaime de Zamorra, und…«
    »Und ich bin der Kaiser von China. Raus, du Laus!« Jules schwang den Knüppel schon wieder.
    Jaime machte einen Kratzfuß und schwenkte einen imaginären Huf. »Pardon, Mademoiselle Charlotte, aber ich weiche der Gewalt!«
    »Mann, ist der feige!«, ächzte Jules.
    »Nur sicherheitsbewusst«, korrigierte Jaime und verließ das Haus.
    Jules lief ihm bis zur Zauntür nach. Er sah gerade noch ein großes Cabriolet davonrasen. Kopfschüttelnd kehrte er wieder zurück.
    »Das ist ja ein irrer Vogel«, murmelte er. »Immerhin fährt er ein fesches Auto.«
    »Au ja«, spottete Charlotte, das Butterpäckchen noch immer in der Hand. »Einen rostigen und lauten Kleinlaster mit leerem Tank.«
    »Einen gepflegten Oldtimer mit offenem Verdeck, lang und riesig«, sagte Jules. »Wenn du so was wirklich für einen Kleinlaster hältst… Du hast doch nicht wirklich mit diesem Nappi angebandelt? Etwas mehr Geschmack hätte ich dir schon zugetraut, mein Mädchen. Und nun wollen wir still sein, damit Mutter nicht wach wird, ja?«
    War sie längst, durch das anfängliche Gebrüll ihres Gatten. Welcher immer noch nicht zur Toilette konnte, weil seine aufgeweckte Justine die gerade besetzt hatte…
    ***
    Don Jaime grinste vor sich hin und bleckte dabei die langen Vampirzähne. Die Show, die er da abgezogen hatte, amüsierte ihn selbst, wenn er auch beinahe Prügel von dem. Vater des Mädchens bezogen hätte.
    Was das Wichtigste war: Er hatte jetzt eine Basis!
    Er gehörte als Vampirdämon und Familienoberhaupt einer Blutsaugersippe zu denen seiner Art, die nicht auf die Nacht angewiesen waren. Er lebte schon lange genug, um sich auch bei Tage bewegen zu können, wenngleich er dann auch vorsichtshalber einen breitkrempigen Hut trug, in dessen Schatten er sein Gesicht verbergen konnte, dazu eine Perücke, die den Rest seines Kopfes schützte, sowie Sonnenbrille und Handschuhe. Er war eben, wie er es ausgedrückt hatte, sicherheitsbewusst und ging kein Risiko ein.
    Deshalb hatte er sich hier erst einmal eine Basis geschaffen. Wie es der Ritus erforderte, hatte er diese Charlotte dreimal gefragt, ob sie ihn ins Haus eintreten ließe. Sie hatte es ihm gestattet. Ab jetzt konnte er kommen und gehen, wie er wollte.
    Da spielte es kaum eine Rolle, dass er seine langen Zähne noch nicht in ihrem weichen Hals hatte versenken können, um an ihrem
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