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0814 - Der geheimnisvolle Engel

0814 - Der geheimnisvolle Engel

Titel: 0814 - Der geheimnisvolle Engel
Autoren: Christian Schwarz
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höllischen Schurken. Eines fernen Tages werden wir wissen, welche Ziele er wirklich verfolgt.«
    »Dann, mein Lieber, könnte es bereits viel zu spät sein«, orakelte des Professors bessere Hälfte düster.
    ***
    Bruder Claudius konnte es noch immer nicht fässen. Fahrig leierte er sein Morgengebet herunter. In Gedanken war er ganz woanders. Heute Nacht hatte ihn ein leibhaftiger Engel in seiner Zelle besucht ! Ein strahlendes, reines Wesen von so vollkommener Schönheit und Anmut, dass der Mönch auf die Knie gefallen war und geweint hatte vor lauter Glück.
    Nein, es war kein Traum gewesen, davon war der Zisterzienser auch jetzt noch überzeugt. Der Engel hatte ihn leibhaftig visitiert. Sicher keiner der niederen Engel, sondern ein Cherubim oder gar ein Seraphim.
    Bruder Claudius hatte keine Ahnung, dass gut 850 Jahre vorher ein gewisser Eskil von Lund, dessen Name ihm aber durchaus ein Begriff war, ganz ähnliche Überlegungen anstellte.
    So strahlend schön der Engel auch gewesen war, so schlecht waren die Nachrichten, die er überbrachte: Bruder Passionatus hatte bei seinem Doutschlandbesuch eine Prostituierte besucht und war in ihren Armen gestorben. Entsetzlich!
    Nicht so sehr, dass Bruder Passionatus einer Frau beigelegen hatte. Desgleichen war nicht auszurotten, denn das Fleisch war gelegentlich schwach, auch bei Mönchen und anderen Geistlichen. Deswegen tolerierte Mutter Kirche sexuelle Beziehungen ihrer Diener stillschweigend. Wirkliche Schwierigkeiten bekamen nur die, die heiraten wollten. Also wollte Bruder Claudius deswegen nicht den Stab über seinem Mitbruder brechen. Komisch war es allerdings schon, dass Bruder Passionatus nicht stärker im Glauben gewesen war, denn schließlich hatte er als Auserwählter gelebt - so wie Bruder Claudius selbst auch. Nein, das alles wäre trotzdem noch kein Beinbruch gewesen Die eigentliche Katastrophe war, dass Passionatus nicht in Bruder Claudius’ Armen gestorben war…
    Der Mönch seufzte schwer, was ihm missbilligende Seitenblicke seiner Mitbrüder eintrug, da es während des Gebetes war. Danach ging Bruder Claudius, der in der belgischen Zisterzienserabtei Orval seine weltliche und geistige Heimat gefunden hatte, nicht, wie sonst üblich, an seinen Arbeitsplatz in die Abtei-Brauerei. Er folgte vielmehr den Anweisungen des Seraphims und begab sich in die Ruinen der historischen Abtei, die, zusammen mit den zahlreichen neueren Gebäuden, fast schon ein kleines Dorf bildete.
    Bruder Claudius sah sich nervös um. So früh war noch niemand zwischen den gras- und moosüberwucherten Spitzbögen, die allerdings sehr gepflegt aussahen, unterwegs. Gut so. Beim Mathilda-Brunnen drückte der Mönch mit klopfendem Herzen fest auf einen ganz bestimmten Stein an den umlaufenden Bogenarkaden. Nun würde sich zeigen, ob ihn der Seraphim tatsächlich besucht oder ob ihn doch bloß ein Traum genarrt hatte.
    Nein! Es geschah alles so, wie der Engel es ihm gesagt hatte. Mit leichtem Quietschen öffnete sich ein gut zwei auf zwei Meter großes Quadrat auf dem kopfsteingepflasterten Boden. Eine steinerne Treppe wurde sichtbar, die in der Finsternis unter den Ruinen verschwand.
    Tatsächlich, geheime Räume unter den Ruinen, von denen die heutigen Mönche nichts mehr wussten!
    Das war atemberaubend. Mit der-Taschenlampe, die er vorsorglich eingesteckt hatte, tastete sich Bruder Claudius in die Finsternis vor. Schmale steinerne Gänge taten sich vor ihm auf, Ratten huschten durch den Lichtkegel, überall hingen Spinnweben, deren Besitzerinnen sich in der plötzlichen Lichtflut rasch zurückzogen, irgendwo tropfte Wasser, es roch nach Moder und Verwesung.
    Einen Moment lang stockte Bruder Claudius der Atem, als der Lichtstrahl ein menschliches Skelett aus dem ewigen Dunkel riss, das direkt vor ihm im Gang lag. Er bekreuzigte sich, stieg über den Unglücklichen, von dessen Schicksal er besser nichts wissen wollte, hinweg und erreichte nun den kleinen Raum, auf den ihn der Seraphim aufmerksam gemacht hatte.
    Bruder Claudius fröstelte trotz seines dicken Ordensgewandes. Er leuchtete den Raum, in dem es unerklärlich kalt war, sorgfältig ab. Auch er bestand aus gemauerten Feldsteinen. Welchen Zwecken et einst gedient hatte, war heute nicht mehr ersichtlich. Aber es interessierte den Mönch auch nicht. Wichtig war die kleine Wandnische, die halb zugemauert war.
    Als er dahinter leuchtete, stieß Bruder Claudius erst mal scharf den Atem aus. Dann fasste er vorsichtig in die Öffnung und
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