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081 - Hexentanz

081 - Hexentanz

Titel: 081 - Hexentanz
Autoren: Frank deLorca
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›Cafes au lait‹ und berichtete von meiner Autopanne, die mich in Bouillon für drei Tage festhalten würde.
    »Sie sollten die Unterkunft wechseln«, riet mir meine Begleiterin.
    Sie sagte es mit soviel Ernst in der Stimme, daß mir meine eher spöttische Entgegnung im Halse stecken blieb.
    »Warum?« fragte ich folgerichtig.
    Sie seufzte und schüttelte den Kopf.
    »Ich möchte keinen Ärger und will Ihnen nur soviel verraten, daß es in dem Gebäude spukt«, flüsterte das Mädchen.
    »Zugegeben, ich hatte nicht den besten Eindruck, als ich gestern abend das Zimmer nahm. Aber es war das Hotel, das am nächsten lag und abgesehen von der schrulligen Besitzerin und ihrem nicht gerade hübschen Knecht ist alles in Ordnung.«
    »Ach, Victor Babeuf ist harmlos gegen die Alte«, winkte die Kleine ab.
    »Mir schien es eher umgekehrt zu liegen«, erwiderte ich.
    »Es liegt ein Fluch auf der Familie der Clouets«, beharrte die Kleine auf ihren Standpunkt. »Wußten Sie, daß alle männlichen Nachkommen seit dem zwölften Jahrhundert Selbstmord begangen haben?«
    »Aber dann wäre das Geschlecht längst ausgestorben.«
    »Ich vergaß zu erwähnen, daß die männlichen Mitglieder der Familie das erst mit dreißig Jahren tun. Und morgen wird Armand dreißig Jahre alt. Sie sehen ihm übrigens ähnlich.«
    »Sehr schmeichelhaft für ihn«, flachste ich. »Ich habe ihn nie zu Gesicht bekommen. Wo steckt er?«
    »Er ist seit einem Jahr nicht mehr auf der Straße gewesen. Er weiß um den Fluch. Er kennt sein Schicksal. Er kann nicht entrinnen.«
    »Warum haut – er nicht rechtzeitig ab?«
    »Es hat keinen Sinn. Viele vor ihm versuchten so dem Fluch zu entgehen. Sie wurden in Spanien, in Deutschland, in einem Fall sogar in den Vereinigten Staaten, von ihrem Schicksal ereilt. Selbstmord. Und jedesmal mit einem Jagdgewehr.«
    »Insofern haben sich die Unglücklichen der Neuzeit also angepaßt«, grinste ich. »Denn im zwölften Jahrhundert gab es derlei Waffen noch nicht. Habe ich recht?«
    »Mag sein«, nickte die Schöne und nippte an ihrem Kaffee.
    Ich hätte den Teufel getan und eingeräumt, daß ihre Worte die Wirkung auf mich nicht verfehlt hatten. Ich wollte in ihren Augen nicht als Hasenfuß dastehen oder als einen Mann, der finsterem Aberglauben huldigt. Ich wollte schließlich Eindruck machen.
    »Übrigens, mein Name ist Elger Douglas«, holte ich nach, was ich versäumt hatte. Ich deutete eine Verbeugung an.
    »Blanche Morgan«, lächelte das Mädchen. »Mein Vater ist Bürgermeister. Ich studiere in Brüssel Chemie und verbringe, nur die Semesterferien im Elternhaus. Mir bleibt nur noch eine Woche.«
    »Sie sind Naturwissenschaftlerin?« fragte ich erstaunt. »Wie können Sie dann an den Hokuspokus glauben, der tatsächlich oder vermeintlich mit dem Hause Clouet in Verbindung steht?«
    »Ich habe nur wiederholt, was man sich in Bouillon hinter vorgehaltener Hand seit eh und je zuflüstert. Es muß nicht so sein. Aber es könnte. Im übrigen beschäftigt sich die Naturwissenschaft lediglich mit der Erforschung, Nutzbarmachung und Erklärung chemischer oder physikalischer Prozesse, nicht mit jenen Grenzgebieten, die hier wohl berührt werden, mit dem, was Metaphysik ist, die Welt jenseits der Materie.«
    »Immerhin hätte ich eher bei einem geistlichen oder einer alten Dame Aberglauben vermutet als ausgerechnet bei Ihnen. Sie mögen über alles lächeln, aber ein klein wenig sind Sie doch beeindruckt von dem, was sich im Hause Clouet abspielt. Sonst hätten Sie mich nicht gewarnt. Sie erinnern mich an den Mann, der pausenlos verkündet, er halte Astrologie und Voraussagen des Schicksals für schieren Unsinn und der dann doch heimlich in seiner Tageszeitung das Horoskop liest.«
    Blanche Morgan lachte herzlich.
    »Ich gestehe, Herr Staatsanwalt«, lächelte sie.
    Ihr Gesicht wurde plötzlich tiefernst.
    »Tatsache ist, daß keiner der männlichen Nachkommen jenes Pierre Clouet, der mit Gottfried von Bouillon ins Morgenland zog, so etwa um 1086 und dann steinreich zurückkehrte, im Gegensatz zu vielen unglücklichen Kampfgefährten, unbestreitbar ist also, daß keiner der Nachfahren männlichen Geschlechts älter als dreißig Jahre wurde.«
    »Schwermut ist erblich, auch die Neigung zum Selbstmord gehört dazu.«
    »Richtig. Aber warum genau mit dreißig, immer an diesem Tag«, konterte Blanche Morgan und nahm einen Schluck Kaffee.
    »Was erzählen sich die Einwohner von Bouillon?« fragte ich, weil ich keine Erklärung
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