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Titel: 08
Autoren: Man stirbt nur zweimal
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erzählt. Ich glaube, bei Michael und Jeannie war es Liebe auf den ersten Blick gewesen.
    Im Gegensatz zu dem Hass auf den ersten Blick zwischen Sinclair und mir.
    Ach ja, das waren noch Zeiten.
    Ich hoffte, dass es zu einem friedlichen Verlauf der Gespräche beitragen würde, wenn sich Jeannie an unser erstes Treffen erinnerte. Schließlich hatte sie mir geholfen, mein Hochzeitskleid auszusuchen. Das machte uns doch beinahe zu Freundinnen.
    Zur gleichen Zeit hatte ich Derik und Michael das erste Mal getroffen. Michael war ganz der coole Anführer gewesen, aber Derik hatte sich sehr gut gelaunt und freundlich gezeigt.

    Damals.
    Wir starrten einander an. Das Schweigen wurde lang und ungemütlich. Als ich mich schließlich räusperte, um etwas zu sagen, ging Derik zu dem Sarg und ...
    Oh Mann, er tat es nicht wirklich. Er konnte doch nicht . . Doch, er tat es. Er hob den Sargdeckel.
    „Ich glaube, das ist keine gute Idee", sagte mein Mann ruhig. Ich nahm seine Hand und drückte sie, was die Knochen eines normalen Menschen pulverisiert hätte, aber auf Sinclair nur wie ein Mückenstich wirkte.
    Er erwiderte den Druck, und das tat weh.
    „Derik, Eric hat recht", sagte Michael warnend. Unter dem Neonlicht sah er milchigweiß aus. Sie waren alle sehr blass. Die Armen. Ich wusste nicht, mit wem ich mehr Mitleid hatte: der toten Antonia oder den lebendigen Rudelmitgliedern.
    „Ich muss sicher sein", sagte Derik stur, und ich zuckte wieder zusammen.
    Der arme Mann hoffte tatsächlich, dass wir einen anderen Werwolf mit Antonia verwechselt hatten. Dieser Gedanke war so dumm, dass ich zu Tränen gerührt war.
    Jetzt war der Deckel ganz oben. Derik starrte lange in den Sarg und schloss ihn dann wieder - sehr, sehr vorsichtig.
    Dann begann er zu heulen.
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    Wir waren alle schockiert, selbst seine Freunde. Derik, der normalerweise ein so sonniges Gemüt hatte (diesen Eindruck hatte ich zumindest vor einigen Monaten bekommen), brüllte wie ein tollwütiger Bär. Dann hob er die Fäuste über den Kopf und schlug mit aller Kraft auf den Sargdeckel, der sofort nachgab.
    Auf einmal hatte ich Schwierigkeiten zu schlucken. Und verspürte gleichzeitig ein unbändiges Verlangen nach etwas zu trinken. Irgendetwas, egal was.
    Einen Smoothie, einen Frozen Mudslide, Blut, Benzin, Reinigungsmittel, egal.
    Derik fixierte mich mit einem Blick, der es mir unmöglich machte wegzuschauen. „Ihr hättet ihr wenigstens das Gesicht waschen können."
    Heute Abend sollte ich wohl mehr als einmal zusammenzucken, obwohl ich dieses Mal beinahe zurückschreckte. Weil Derik natürlich recht hatte .. Aber hatte ich wirklich einen Fehler gemacht in dem Bemühen ihren mir unbekannten Ritualen Respekt zu zollen?
    Jessica hustete und wollte mir zu Hilfe kommen. „Wir, ähem .. wollten euch nicht beleidigen."
    „Beleidigen?", zischte Derik. Und plötzlich fiel mir ein, dass Antonia mir einmal erzählt hatte, dass Derik ihr einziger wirklicher Freund im Rudel gewesen war. „Beleidigen?"

    Krach! Noch mehr faustgroße Löcher in dem Sargdeckel, den er anscheinend zu Tausenden von samtbezogenen Zahnstochern verarbeiten wollte. Ich machte einen Schritt nach vorne . . doch
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    dann spürte ich, wie sich Sinclairs Finger um meinen Bizeps legten und mich sanft zurückzogen.
    Er hatte natürlich recht. Hier ging es nicht um mich. Ich sollte mich nicht einmischen. Aber dennoch. Ich konnte einfach nicht mit ansehen, wie jemand, selbst wenn er nur eine flüchtige Bekanntschaft war, so furchtbar litt.
    Meine Füße verweigerten meinem Gehirn den Gehorsam und taten noch einen langsamen Schritt . . und Sinclair zerrte mich zurück, dieses Mal nicht ganz so sanft.
    „Du hättest nie fortgehen dürfen!", schrie Derik in den Sarg hinein. „Du dumme Kuh. Du hast dein Rudel verlassen!"
    Darauf sagte niemand etwas. Was für eine Überraschung. Weil es nämlich wieder die Wahrheit war.
    „In Ordnung, das reicht jetzt", sagte Michael ruhig. Unter den Neonlampen glänzten seine kupferfarbenen Augen beinahe orange. „Bringen wir sie nach Hause, Derik."
    Also wurde Antonia in den Laderaum gehoben, wo es keine Sicherheitsgurte gab, weil sie dort keiner mehr benötigte.
    Jeannie saß am Steuer, Michael neben ihr. Derik saß uns gegenüber auf den Rücksitzen. Er sah uns nicht an, blickte durch uns hindurch.
    Während der gesamten neunzigminütigen Fahrt nach Cape Cod sagte niemand ein Wort.
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    „Himmel!", rief ich verblüfft, als ich aus dem Fenster sah. Sinclair fuhr
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