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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste
Autoren: Lee Child
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ist ein Stundenhotel.«

    Kontrollieren Sie die Situation, hatte Garber gesagt.
    »Herzinfarkt, stimmt’s?«, fragte ich. »Sonst nichts.«
    »Sieht so aus«, erwiderte Stockton. »Aber wir brauchen eine Autopsie, um sicherzugehen.«
    Im Zimmer war es still. Ich hörte nur Funkverkehr aus den Streifenwagen und Musik aus der Bar auf der anderen Straßenseite. Ich wandte mich wieder dem Bett zu. Sah mir das Gesicht des Toten an. Ich kannte ihn nicht. Ich betrachtete seine Hände. Er trug einen West-Point-Ring an der rechten und einen Ehering an der linken Hand - breit, alt, vermutlich neun Karat. Ich sah mir den Brustkorb an. Seine Erkennungsmarken lagen unter dem rechten Arm, wo sie hingerutscht waren, als er sich an den linken Bizeps gegriffen hatte. Ich hob mit einiger Mühe seinen Arm an und zog die Marken heraus. Sie steckten in kleinen Klarsichthüllen, damit sie nicht klapperten. Ich zog sie zu mir heran, bis die Kette um seinen Hals spannte. Er hieß Kramer, war katholisch und hatte Blutgruppe 0.
    »Wir könnten die Autopsie für Sie vornehmen«, sagte ich. »Im Walter Reed Army Medical Center in Washington.«
    »Außerhalb des Staates?«
    »Er ist ein General.«
    »Sie wollen den Fall vertuschen.«
    Ich nickte. »Klar will ich das. Würden Sie’s nicht auch versuchen?«
    »Wahrscheinlich«, sagte er.
    Ich ließ die Erkennungsmarken los und nahm die Nachttische und die eingebaute Ablage in Augenschein. Dort war nichts zu entdecken. Im Zimmer stand kein Telefon. In einem Billigmotel dieser Art gab es vermutlich ein Münztelefon am Empfang. Ich ging an Stockton vorbei und kontrollierte das Bad. Auf der Ablage über dem Waschbecken stand ein privat gekaufter Kulturbeutel von Dopp mit zugezogenem Reißverschluss. In das schwarze Leder waren die Initialen KRK eingeprägt. Ich öffnete ihn und fand eine Zahnbürste, einen Rasierapparat und kleine Tuben Zahncreme und Rasierseife für Reisende.
Sonst nichts. Keine Medikamente. Kein Herzmittel. Keine Kondome.
    Als Nächstes warf ich einen Blick in den Einbauschrank. Darin hing ein ordentlich auf drei Kleiderbügel verteilter Dienstanzug: die Hose über einem Bügel, das Jackett auf einem zweiten daneben, das Oberhemd auf einem dritten. In der Mitte der Ablage darüber lag die Dienstmütze eines Stabsoffiziers. Mit reichlich Goldbesatz. Links neben der Mütze sah ich ein zusammengelegtes weißes Unterhemd und auf der anderen Seite zusammengelegte weiße Boxershorts.
    Auf dem Boden des Kleiderschranks stand ein Paar schwarze Halbschuhe vor einem Kleidersack aus verblasstem grünem Leinen, der ordentlich ausgerichtet an der Rückwand lehnte. In den auf Hochglanz polierten Schuhen steckte je eine eng zusammengerollte schwarze Socke. Der ebenfalls privat gekaufte Kleidersack hatte abgewetzte Lederverstärkungen an den am meisten beanspruchten Stellen. Er war nicht sehr voll.
    »Sie würden die Ergebnisse bekommen«, sagte ich. »Unser Pathologe würde Ihnen den Untersuchungsbericht ohne Zusätze oder Streichungen übermitteln. Wären Sie mit irgendwas nicht zufrieden, bekämen Sie den Fall ohne Diskussion sofort wieder zurück.«
    Stockton schwieg, aber ich spürte dabei keine Feindseligkeit. Die meisten Kleinstadtcops sind in Ordnung. Ein großer Stützpunkt wie Fort Bird hat vielfältige Auswirkungen auf sein ziviles Umfeld. Deshalb müssen Militärpolizisten häufig mit ihren zivilen Kollegen zusammenarbeiten, was manchmal ziemlich nervig, manchmal aber auch ganz okay ist. Ich hatte das Gefühl, Stockton würde sich nicht besonders quer stellen. Er wirkte unaufgeregt. Fazit: Er kam mir ein bisschen faul vor, und faule Leute sind immer froh, wenn sie lästige Aufgaben auf andere abwälzen können.
    »Wie viel?«, sagte ich.
    »Wie viel was?«
    »Wie viel würde eine Nutte hier kosten?«

    »Zwanzig Dollar«, sagte er. »Hierzulande gibt’s nichts besonders Exotisches.«
    »Und das Zimmer?«
    »Fünfzehn, schätze ich.«
    Ich wälzte den Toten wieder auf den Bauch. Das war nicht leicht. Er wog mindestens neunzig Kilo.
    »Was halten Sie davon?«, fragte ich.
    »Wovon?«
    »Dass das Walter Reed die Autopsie vornimmt.«
    Danach herrschte einen Augenblick lang Schweigen. Stockton starrte die Wand über dem Bett an.
    »Das wäre akzeptabel«, sagte er dann.
    Jemand klopfte an die offene Tür. Einer der Cops aus den Streifenwagen.
    »Der Leichenbeschauer hat gerade angerufen«, sagte er. »Er kann in frühestens zwei Stunden hier sein. Schließlich haben wir Neujahr.«
    Ich
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