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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste
Autoren: Lee Child
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es nicht im Traum eingefallen, so etwas bei irgendjemandem zu versuchen - am allerwenigsten bei mir. Selbst wenn er gewusst hätte, dass ich am Telefon sein würde.
    »Reacher«, meldete ich mich.
    Eine lange Pause.
    »Ich dachte, Sie sind in Panama«, sagte er.
    »Bin versetzt worden«, erklärte ich.
    »Von Panama nach Fort Bird? Weshalb?«
    »Steht mir nicht zu, das zu fragen.«
    »Wann war das?«
    »Vor zwei Tagen.«
    »Das ist ein Tritt in den Arsch«, sagte er. »Stimmt’s?«
    »Ist es das?«
    »Panama war vermutlich aufregender.«
    »Es war okay.«
    »Und Sie sind schon am Silvesterabend als Offizier vom Dienst eingeteilt?«
    »Ich hab mich freiwillig gemeldet«, gab ich zur Antwort. »Damit die Leute mich hier mögen.«
    »Ein hoffnungsloses Unterfangen«, sagte er.
    »Eine Sergeantin hat mir gerade Kaffee gebracht.«
    Er machte eine Pause. »Hat jemand Sie vorhin wegen eines toten Soldaten angerufen?«
    »Vor acht Minuten«, sagte ich. »Ich hab ihn an die Kommandantur verwiesen.«
    »Und die hat den Fall auch weitergeschoben, und ich bin gerade
aus einer Party gerufen worden, um alles darüber zu erfahren.«
    »Weshalb?«
    »Weil der tote Soldat, um den’s hier geht, ein Zweisternegeneral ist.«
    Wieder eine Pause.
    »Ich hab nicht daran gedacht, danach zu fragen«, sagte ich.
    Das Telefon blieb stumm.
    »Auch Generale sind sterblich«, sagte ich. »Wie jedermann.«
    Keine Antwort.
    »Die Umstände waren nicht verdächtig«, fuhr ich fort. »Er ist abgekratzt, das war alles. Herzinfarkt. Wahrscheinlich hatte er Gicht. Ich hab keinen Grund gesehen, mich deswegen aufzuregen.«
    »Hier geht’s um Würde«, sagte Garber. »Wir dürfen keinen Zweisternegeneral öffentlich mit dem Bauch nach oben liegen lassen, ohne zu reagieren. Wir müssen Präsenz zeigen.«
    »Durch mich?«
    »Jemand anders wäre mir lieber. Aber Sie sind heute Nacht vermutlich der höchstrangige nüchterne Militärpolizist der Welt. Deshalb sind Sie unser Mann.«
    »Ich brauche eine Stunde, um hinzukommen.«
    »Er geht nirgendwohin. Er ist tot. Und sie haben noch keinen nüchternen Leichenbeschauer gefunden.«
    »Okay«, sagte ich.
    »Seien Sie respektvoll.«
    »Okay.«
    »Seien Sie höflich. Außerhalb des Stützpunkts sind wir ihnen ausgeliefert. Dort gilt zivile Gerichtsbarkeit.«
    »Mit Zivilisten kenne ich mich aus«, erklärte ich. »Ich hab schon mal einen kennen gelernt.«
    »Aber kontrollieren Sie die Situation«, sagte er. »Sie wissen schon, wenn sie kontrolliert werden muss.«
    »Er ist vermutlich im Bett gestorben«, bemerkte ich. »Wie’s die Leute tun.«

    »Rufen Sie mich an«, sagte er. »Wenn’s nötig ist.«
    »War’s eine gute Party?«
    »Ausgezeichnet. Meine Tochter ist zu Besuch.«
    Er legte auf, und ich rief den zivilen Dispatcher an und ließ mir Name und Adresse des Motels geben. Dann erzählte ich meiner Sergeantin, was passiert war, und ging in meine Unterkunft, um mich umzuziehen. Ich rechnete mir aus, dass eine Präsenz keinen Tarnanzug mit Tarnmuster, sondern meinen grünen Dienstanzug erforderte.
     
    Ich holte mir bei der MP-Fahrbereitschaft ein Humvee und verließ den Stützpunkt durchs Haupttor. Das Motel fand ich binnen fünfzig Minuten. Es lag dreißig Meilen entfernt genau nördlich von Ford Bird, und die Fahrt dorthin führte durch dunkle, eintönige Landstriche von North Carolina, die zu gleichen Teilen aus Einkaufszentren, verkrüppeltem Wald und Feldern, auf denen vermutlich Süßkartoffeln wachsen würden, zu bestehen schienen - für mich eine neue Landschaft. Ich war noch nie hier stationiert gewesen. Auf den Straßen herrschte kaum Verkehr. Alle waren noch beim Feiern. Ich hoffte, dass ich wieder in Bird sein würde, bevor sie sich alle auf den Nachhauseweg machten. Andererseits gefiel mir die Vorstellung, wie ein Humvee bei einem Frontalzusammenstoß mit einem Personenwagen abschneiden würde.
    Das Motel gehörte zu einer Ansammlung von niedrigen Gewerbebauten, die sich in der Nähe eines großen Highwaykreuzes in der Dunkelheit zusammendrängten. Ihren Mittelpunkt bildete eine Raststätte mit einem Tag und Nacht geöffneten Schnellrestaurant und einer Tankstelle, die den größten Sattelschleppern Platz bot. Dazu gehörte ein namenloses Striplokal mit viel Neonreklame, aber ohne Fenster. Es hatte eine rosa angestrahlte Werbetafel, die Exotic Dancers versprach, und einen Parkplatz von der Größe eines Footballfeldes. Überall auf dem Asphalt standen Pfützen, auf denen Dieselöl schillerte.
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