Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0799 - Gefangen in Choquai

0799 - Gefangen in Choquai

Titel: 0799 - Gefangen in Choquai
Autoren: Andreas Balzer
Vom Netzwerk:
sich sein Magen immer mehr verkrampfte, nur mit Mühe unterdrückte er ein Würgen. Tsa Mo Ra ahnte, dass es seine Überlebenschancen nicht unbedingt verbesserte, wenn er sich vor den Füßen des Herrschers von Choquai übergab. Also bot er all seine Kräfte auf, um seinen rebellierenden Magen zur Ordnung zu rufen.
    Endlich hatte Tsa Mo Ra das Podest erreicht. Er sank auf die Knie und presste die Stirn gegen den hellen Mamorboden.
    »Du bist also der Mensch, der es geschafft hat, zwei der größten Zauberer meines Reiches in tiefste Verwirrung zu stürzen.«
    Die Stimme war seltsam dunkel, und sie klang fast amüsiert.
    »Das war nicht meine Absicht, großer Kuang-shi«, sagte Tsa Mo Ra. Er versuchte, so selbstbewusst wie möglich zu klingen, doch es gelang ihm nicht ganz.
    »Nein, das war es wohl nicht«, fuhr Kuang-shi fort. »Und doch würde dich Wu Huan-Tiao am liebsten auf der Stelle umbringen. Wu ist ein weiser und überaus mächtiger Mann, aber Duldsamkeit ist nicht gerade seine Stärke. Dagegen scheint die schöne ShaoYu durchaus ein gewisses - Interesse an dir zu haben.«
    Tsa Mo Ra hatte selbst bemerkt, dass die Vampirfrau ihm manchmal Blicke zuwarf, die verrieten, dass sie in ihm möglicherweise mehr sah als ein faszinierendes Rätsel. Und er konnte nicht leugnen, dass er dieses eigenartige Wesen ebenfalls sehr anziehend fand.
    »Kreaturen wie du kommen normalerweise nicht in mein Reich, Tsa Mo Ra. Und wenn doch, dann bestimmt nicht freiwillig. Aber ein Spion der benachbarten Reiche bist du sicher auch nicht. Mit deiner Größe und deiner rosigen Haut wärst du für jemanden, dessen Aufgabe es ist, im Verborgenen zu agieren, viel zu auffällig. Also verrate mir, Mensch, wer bist du?«
    »Es tut mir Leid, Oberster Guan von Choquai. Ich weiß es selbst nicht. Ich erinnere mich an nichts, was vor dem Tag, an dem mich Eure Soldaten gefangen haben, passiert ist. An nichts außer meinem Namen.«
    »Tsa Mo Ra, ein seltsamer Name, fürwahr«, sagte Kuang-shi. Und dann spürte Tsa Mo Ra, wie etwas nach seinem Geist griff. Es war ähnlich wie vorher beim Verhör, nur sehr viel intensiver. Etwas schien sein Gehirn zu umklammern und bei der Suche nach einem Einfallstor fast zu zerquetschen. Dann, nach einer Ewigkeit, ließ der Druck nach.
    Als Kuang-shi wieder seine Stimme erhob, klang sie eher neugierig als verärgert. »Du bist wirklich ein erstaunliches Wesen, Tsa Mo Ra. Selbst mir gelingt es nicht, die Geheimnisse deines Geistes zu erforschen. Dafür erkenne ich ein ungeheures magisches Potenzial in dir. Wärst du hierher gekommen, um meinem Volk zu schaden, wärst du vielleicht die größte Bedrohung, der sich Choquai je gegenüber gesehen hätte.«
    Tsa Mo Ra sah schweigend zu Boden. Er wusste, dass die nächsten Sekunden über sein Schicksal entscheiden würden. Und er ahnte, dass die Sache nicht gut für ihn aussah. Umso mehr erstaunten ihn die nächsten Worte des Götterdämons: »Aber ich erkenne keine Bösartigkeit in dir. Deine Aura ist die eines aufrechten Wesens, und mein Instinkt hat mich bisher noch nie getäuscht. Vielleicht bin ich zu großmütig, aber ich werde dir dein Leben schenken. Mehr noch: Ich lade dich ein, als Gast in meinem Reich zu leben, Tsa Mo Ra. Du bist anders als die Menschen, die uns als Sklaven oder als Nahrung dienen. Es wird auch für uns von Vorteil sein, von deinen Fähigkeiten zu profitieren.«
    Tsa Mo Ra neigte den Kopf noch tiefer. »Ich danke Euch, Kuang-shi. Ich stehe tief in Eurer Schuld.«
    »Ja, das tust du. Und jetzt sieh mich an, Tsa Mo Ra!«
    Der Mensch hob den Kopf und sah zum ersten Mal das Wesen, das ihm gerade das Leben geschenkt hatte. Kuang-shis Körper war in eine schlichte Robe aus roter Seide gehüllt. Der Kopf war schmaler als der eines Menschen und ebenso wie die Hände mit weißem Fell bedeckt. Die gelblichen, spiralförmig gedrehten Fingernägel waren über einen Meter lang, und zwei Fangzähne ragten wie die eines Säbelzahntigers über die Unterlippe.
    Ein plötzlicher Fluchtimpuls erfüllte Tsa Mo Ra. Doch er wusste, dass sein gerade wieder gewonnenes Leben damit unrettbar verloren gewesen wäre. Außerdem schien von dieser unheimlichen Kreatur keine unmittelbare Gefahr auszugehen. Im Gegenteil, Kuang-shi lächelte ihn milde an.
    »Wu Huan-Tiao und Shao Yu sind zwei der größten Magier, die Choquai je hervorgebracht hat. Aber es kann nicht schaden, die Zahl meiner Zauberer zu vergrößern. Ich werde Shao Yu bitten, deine Ausbildung zu übernehmen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher