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0785 - Der Kinderschreck

0785 - Der Kinderschreck

Titel: 0785 - Der Kinderschreck
Autoren: Jason Dark
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abspielte.
    Von unten her, als hätte die Person genau dort gelauert, schob sich das Gesicht in die Höhe.
    Nicht das des Mannes von der letzten Nacht, diesmal war es ein anderes und gehörte einer Frau.
    Davy erschrak über den Anblick. Messer schienen tief in seinen Körper hineinzustoßen, schienen mit ihren scharfen Klingen Herz und Seele zu zerschneiden. Was er da sah, das kannte er bisher nur aus seinen eigenen Phantasien, denn er hatte oft genug davon geträumt, mal einer Hexe oder einer bösen Frau gegenüberzustehen.
    Ein böses Gesicht!
    Eine Fratze und dabei so starr wie Holz. Er konnte nur direkt in das Gesicht schauen, vom übrigen Kopf sah er nicht viel, da er von einem Tuch verdeckt wurde.
    Der Anblick aber reichte ihm – und natürlich auch die bösen Augen. So etwas hatte Davy noch nie in seinem Leben gesehen. Sie waren so abgrundtief schwarz und hässlich, und trotzdem wirkten sie klar, als hätten sich diese Pupillen ihm geöffnet.
    Davy konnte nicht sprechen, nicht einmal atmen, zumindest hatte er das Gefühl. Dieses hässliche Gesicht jagte ihm einen Schauer nach dem anderen über den Körper. Für ihn waren plötzlich Märchen in die Realität umgesetzt worden.
    Einen Mund gab es in dem Gesicht auch. Nicht viel mehr als zwei Striche dicht über dem Kinn, die zuerst zuckten und sich dann in die Breite zogen, als sie den Jungen angrinsten.
    Dabei leuchteten die Augen noch stärker, und links neben dem Gesicht erschien eine Hand, deren Zeigefinger vorgestreckt und auch gekrümmt war, so dass er mit dem langen Nagel an der Scheibe kratzte. Das Geräusch legte die Nerven des Jungen blank. Über die Stränge hinweg schienen knisternde Funken zu huschen.
    Er hörte ein leises Kichern, dann bewegte sich der Mund wieder und bildete ein O.
    Der Start für einen flüsternden Singsang, den der Junge sogar aus den alten Geschichten kannte.
    »Knusper, knusper, knäuschen – wer knuspert an meinem Häuschen…?«
    Die Hexe! schoss es Davy durch den Kopf. So kann nur eine Hexe sprechen. So hat sie auch im Märchen gesprochen, und dann hatte sie die Kinder genommen und in den Ofen gesteckt.
    Bei jedem gedanklichen Wort weiteten sich die Augen des Jungen.
    Für ihn war dieses böse Märchen zu einer bitteren Wahrheit geworden. Nur eines stimmte nicht mit der Geschichte überein. Nicht er und seine Schwester waren durch den Wald bis zum Hexenhaus gegangen, die Hexe war hier bei ihnen erschienen.
    Sie wollte die Kinder holen.
    Er dachte wieder an den Ofen, und zwar so stark, dass das Gesicht der Hexe vor seinen Augen verschwamm und einem anderen Platz machte, dem Gebilde seiner Phantasie, denn plötzlich schimmerte der Ofen in der Scheibe. Ein gewaltiger Klotz, der dampfte, brodelte und zischte. Eine Hand erschien, umklammerte den Griff einer vorderen Klappe und zerrte sie mit einem Ruck auf.
    Wie ein Raubtier schoss eine Feuersbrunst aus der Öffnung, um Davy zu verbrennen. Er bildete es sich nur ein, glaubte jedoch, die Hitze zu spüren, die über sein Gesicht hinwegfuhr und an der Haut kokelte. Dieses Gefühl war derart stark, dass Davy sich nicht mehr halten konnte und mit einem Schrei zurückglitt. Er stieß dabei gegen einen Hocker. Der geriet aus dem Gleichgewicht und landete mit einem dumpfen Laut neben dem Teppich auf dem Fußboden.
    Davys Schrei und das folgende Geräusch rissen Brett Gibson aus dem Schlaf. Er fuhr in die Höhe. Im Gegensatz zu seinem Sohn vorher war er sofort hellwach, beinahe wäre er beim Aufstehen noch aus dem Bett gekugelt, und sein nachfolgender Ruf riss auch Cindy Gibson aus dem ersten Tiefschlaf.
    »Davy, was ist?«
    Der Junge saß auf dem Boden, dem Fenster zugewandt. Er hatte eine Hand ausgestreckt und deutete gegen die Scheibe. »Da… da … war das Gesicht wieder Dad!«
    Gibson schaute hin.
    Er sah nichts, nur das Fenster selbst, das gekippt worden war.
    »Was ist denn?«, rief Cindy.
    Amy fing an zu quängeln.
    Brett kümmerte sich um beide nicht. »Bleibt ihr hier!«, sagte er nur und streifte bereits seinen Bademantel über.
    »Wo willst du denn hin, Brett?«
    Gibson gab seiner Frau keine Antwort. Er suchte nach den Schuhen, die in der Ecke standen. Okay, es waren nur die Slipper, nicht eben für Schnee geeignet, aber er streifte sie trotzdem über.
    Dann eilte er aus dem Schlafzimmer, verfolgt von den Rufen seiner Frau, auf die er nicht hörte. Er sprang in den Flur, griff noch nach seiner Jacke, hängte sie um und dachte daran, dass er sich diesen Hundesohn holen
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