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0785 - Der Kinderschreck

0785 - Der Kinderschreck

Titel: 0785 - Der Kinderschreck
Autoren: Jason Dark
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ihn ab. Er musste aufstoßen. »Worauf willst du hinaus?«, fragte er, als er den Teller wieder abstellte.
    »Das weißt du genau. Wir sollten auch nicht mehr länger warten, mein Lieber.«
    Oleg überlegte. Dabei verkleinerten sich seine Augen. »Willst du sie jetzt schon holen?«
    »Warum nicht? Wir können schauen. Die Leiter hast du doch gut versteckt, nicht wahr.«
    »Ich finde sie sofort wieder.«
    Olinka blies die Kerze aus. Dunkelheit schwappte über den beiden zusammen. »Dann lass uns jetzt gehen«, drängte ihr Flüstern über den Tisch. »Jetzt sofort.«
    »Die Kinder?«
    »Wer sonst?« Olinka stand auf. Stuhlbeine schabten über den Boden. Das kratzende Geräusch hörte sich an, als würde ein Dämon im Boden sitzen und lachen. Olinka bewegte sich im Dunkeln ebenso wie im Hellen. Im Haus roch es nach Fleisch. Letzte Feuerreste glühten im Kamin nach.
    Oleg verfolgte Olinkas Schatten. Er dachte über sie und ihre wilde Gier nach. Sie war unberechenbar, sie war eine Hexe, und es wunderte ihn nicht, dass die Menschen damals, als sie in dem anderen Land lebten, Angst vor ihr gehabt hatten. Da hatte man sie auch schon gejagt, da waren sie der Kinderschreck gewesen, doch selbst ein totalitäres System wie früher hatte vor der Natur kapitulieren müssen. Es war keinem Häscher gelungen, sie in dem dichten Wald aufzuspüren.
    Man hatte von ihren schrecklichen Taten gewusst. Nur war damals nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Als die Grenze schließlich durchlässiger geworden war, hatte das Paar sein Heimatland verlassen.
    Geändert hatten sich beide nicht.
    Sie würden auch weiterhin den Schrecken verbreiten, besonders Olinka, und Oleg musste zugeben, dass er manchmal sogar Angst vor dieser Person bekam.
    Wenn sich die Dinge einmal zuspitzten, würde auch sie ihn nicht verschonen…
    ***
    Amy und Davy Gibson hatten zwar geschlafen, als ihre Eltern das Schlafzimmer betraten, doch die flüsternden Stimmen der beiden hatten sie aufgeweckt. Es war ihnen nicht gelungen, herauszufinden, was beide miteinander sprachen, sie spürten nur eine gewisse Unruhe, die beide erfasst hielt. Sie schwächte sich auch nicht ab, als Mutter und Vater im Bett lagen, sehr dicht beisammen, denn in der anderen Hälfte schliefen die Kinder.
    Im Gegensatz zu Davy war Amy eingeschlafen, der Junge aber lag wach, er lauschte in die Finsternis und hätte eigentlich beruhigt sein müssen, weil er die Nähe seiner Eltern spürte. Er war es nicht, und dies wiederum machte ihm zu schaffen. Mit dem sicheren Instinkt eines Kindes erfasste er die Bedrückung, die sich in dem Ferienhaus ausgebreitet hatte.
    Er begriff auch nicht, weshalb die beiden manchmal über Ratten gesprochen hatten. Vor Ratten fürchtete sich Davy. Es waren Tiere, die ihm Angst einjagten. Pelzige Körper mit langen Schnauzen und scharfen Zähnen. Zwar kannte er sie bisher nur von Bildern oder Fotos her, das aber hatte ihm gereicht, vielleicht auch deshalb, weil auf manchen Zeichnungen die Ratten als übergroß dargestellt worden waren.
    Seine Eltern waren müde. Irgendwann versickerten auch ihre Geräusche, und Davy hörte den ruhigen und tiefen Atemzügen der beiden zu. Neben ihm bewegte sich Amy. Sie sprach manchmal im Schlaf. Zusammengerollt wie ein Bündel lag sie auf der Seite, den Kopf ein- und die Beine angezogen. Das Gesicht seitlich in den Kissen vergraben, den Teddy im Arm und die helle Stoffkatze neben sich liegend.
    Es sah alles so friedlich aus.
    Trotzdem konnte Davy nicht schlafen. Zum Glück brannte das Licht im schmalen Flur. Seine Eltern hatten es nicht gelöscht. Der Schein fiel auch durch die halb geöffnete Tür in das Zimmer.
    Wenn Davy den Kopf nach rechts drehte, konnte er auch das viereckige Fenster sehen. Dahinter war die Luft klar, auch nicht so dunkel, weil sich die Helligkeit der Außenleuchten und auch die der Lichtergirlanden auf den Bäumen vor den Häusern verteilte. Hinzu kam die dicke Neuschneeschicht. Sie lag dort in einem strahlenden Weiß, und die dicken Wolken am Himmel hatten sich verzogen, so dass Davy sogar das Licht der Sterne sehen konnte. Den Mond sah er nicht, doch das Funkeln weit oben reichte ihm.
    Er beobachtete gern die Sterne. Da er ein Junge mit Phantasie war, hatte er sich oft vorgestellt, im Raumschiff eines Zauberers zu sitzen, das ihn mit einer irren Geschwindigkeit überall hinbrachte. Von Stern zu Stern, raus aus diesem Sonnensystem. Davy wusste nicht, was das genau war, fand das Wort aber toll. Hinein in diese
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