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0781 - Die Hexe von Hilversum

0781 - Die Hexe von Hilversum

Titel: 0781 - Die Hexe von Hilversum
Autoren: Jason Dark
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einen anderen Begriff für seine Reisen gefunden. Er nannte sie Frischfleisch-Beschau, denn er brauchte Nachschub für seine neuen Bordelle.
    Eines hatte er in Utrecht eröffnet, das zweite war für Rotterdam vorgesehen. Er wollte einfach auch in dieser großen Hafenstadt Fuß fassen, und deshalb hatte er sich dort mit den einheimischen Gangstern abgesprochen. Sie wollten ihm gegen eine entsprechende Provision drei Bordelle zur Verfügung stellen.
    In einem Keller fand die Fleischbeschau statt. Ein greiser Chinese hielt sich neben de Rijber auf. Der Asiat erweckte den Eindruck eines netten Opas, aber das täuschte. Sen Wang gehörte zu den mächtigsten Bossen in Manila. Wer Mädchen kaufen wollte, kam an ihm nicht vorbei.
    Das Licht war grell, der schmale Laufsteg von einem schmutzigen roten Tuch bedeckt, und der Auftritt war für die nackten Mädchen einfach entwürdigend.
    Vergeblich versuchten sie, ihre Blöße zu bedecken. Schamhaft hatten sie die Köpfe zur Seite gedreht, was dem Niederländer nur ein müdes Lächeln entlockte.
    »Zufrieden?«, fragte Sen Wang.
    »Schon…«
    »Mit allen?«
    De Rijber grinste innerlich. Natürlich war er mit dem »Material« zufrieden, aber das würde er diesem alten gerissenen Fuchs nicht gerade auf die Nase binden. »Na ja, es geht…«
    »Es sind die besten.«
    »Tatsächlich?« Jetzt grinste Jan offen und hatte seinem Gesprächspartner auch das Gesicht zugedreht.
    »Wenn ich es sage.«
    »Sind sie auch gesund?«
    »Du kannst dich darauf verlassen.«
    »Keine AIDS und keine…«
    »Nein, auch keine anderen Krankheiten. So etwas würde ich dir niemals anbieten.«
    Jan nickte. »Gut, dann werden wir über den Preis reden. Ich denke da an gewisse Prozente, schließlich bin ich bereit, sie alle mit nach Europa zu nehmen…«
    »Wie hoch soll der Rabatt sein?« Sen Wang kam entgegen aller chinesischen Gewohnheiten immer sofort zur Sache. Er redete nicht erst lange um den Brei herum, wie es viele seiner Landsleute taten.
    Der Mann aus Europa kam nicht dazu, eine Antwort zu geben, denn die Tür wurde aufgerissen, und ein Mann mit der Figur eines Sumo-Ringers betrat den Keller.
    Er wollte sich einige Male entschuldigen, und wieder reagierte Sen Wang kalt und gelassen. »Was ist los?«
    »Telefon!« Der Sprecher schaute dabei den Niederländer an. »Aus Europa.«
    »Scheiße!«, sagte Jan. Er wusste sofort, dass es Ärger gegeben hatte, denn grundlos rief man ihn nicht an. Wenn so etwas geschah, ging es auf der anderen Seite des Erdballs immer hart zur Sache.
    Er stemmte sich hoch, entschuldigte sich bei seinem Gesprächspartner, der nur müde abwinkte, dann folgte er dem Fleischkloß nach draußen. Sie mussten eine Treppe hochgehen, um den Salon zu erreichen, der europäisch eingerichtet worden war, sogar in imitiertem Jugendstil.
    Der Hörer lag neben dem Apparat.
    Jan meldete sich.
    Eine gepresst klingende Stimme drang an sein Ohr. Es war Wickers, einer seiner besten Männer. »Chef, ich hoffe, Sie sitzen und sind…«
    »Was ist los?«
    »Es hat einen Toten gegeben!«
    »Na und?« Tote gibt es viele, dachte Jan. Vor allen Dingen in Amsterdam.
    »Sie kennen ihn, Chef.«
    »Wer ist es?«
    »Ihr Bruder!«
    Jan de Rijber vereiste. Nein, nicht nur er, um ihn herum schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Er nahm seine Umgebung kaum noch wahr. Nichts schien sich um ihn herum mehr zu bewegen, und lähmende Kälte breitete sich in seinem Magen aus.
    »Sie sind noch dran, Chef?«
    »Ja, ich bin es.« Er erkannte seine Stimme kaum wieder, so fremd war sie geworden. »Ich will wissen, wie es geschehen ist und wer es getan hat!«
    »Das wissen wir nicht, Chef!«
    »Wieso?«
    »Man hat ihn gefunden, und er sah – er – er sah schrecklich aus. Als hätte man ihn zerreißen wollen und dann mittendrin aufgehört.«
    Jan de Rijber fror beinahe noch der Speichel ein. Er wusste nicht, was er noch sagen sollte. Der Schock saß zu tief. »Lügst du mir was vor?« Jan wurde immer blasser, er zitterte sogar.
    »Nein, das tue ich nicht.«
    »Habt ihr meinen Bruder untersuchen lassen? Von einem Arzt, meine ich?«
    Ein zögerndes Ja war die Antwort.
    »Und weiter?«
    »Er hat es bestätigt, Chef. Der Arzt ist der Meinung, dass es Tiere gewesen sein müssen, denn man hat entsprechende Spuren gefunden.«
    »Tiere?«
    »Genau, Chef.«
    »Verdammt, werde mal genauer!« Jan de Rijber spürte, wie die Erstarrung von ihm wich. »Was rennen denn bei uns für Tiere herum? Das sind doch keine
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