Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0775 - Haus der Toten

0775 - Haus der Toten

Titel: 0775 - Haus der Toten
Autoren: Christian Constantin
Vom Netzwerk:
mittelalterlichen Mythen« sprach.
    Nachdem er noch einige weitere Fragen beantwortet hatte, sah er, dass Dekan Williams, der Zamorra zu der Gastvorlesung eingeladen hatte, sich erhob.
    »Meine Damen und Herren«, sagte Williams, während er sich neben Zamorra schob und ihm demonstrativ die Hand schüttelte, »ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Leider sind wir schon eine halbe Stunde über der vereinbarten Zeit und ich bemerke eine gewisse Unruhe in Teilen des Auditoriums. Außerdem habe ich Professor Zamorra versprochen, dass ich ihn noch zum Essen ausführe. Um es mit anderen Worten zu sagen: Sie haben den Professor lange genug in Beschlag genommen. Außerdem wird der Rest des Kollegiums, mich eingeschlossen, allmählich neidisch, dass wir 30 Minuten überzogen haben und überhaupt noch Studenten anwesend sind.«
    Gelächter erfüllte den Hörsaal.
    »Ich darf sie um einen letzten herzlichen Applaus für unseren Gast bitten!«
    Unter donnerndem Applaus bedankte sich Zamorra bei den Studenten und verließ das Podium. Der Dekan klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
    »Ich habe den Eindruck, dass Sie ziemlich gut angekommen sind, Professor«, stellte Williams fest.
    »Das dürfte mehr mit dem Vortrag zu tun haben als mit meiner Person«, erwiderte Zamorra achselzuckend. »Die Studenten sind immer überrascht, wenn sie eine Vorlesung über das Mittelalter hören und auf einmal feststellen, dass das Thema tatsächlich interessant sein kann, wenn man sich darauf einlässt.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher, Chéri«, warf Zamorras Lebens- und Kampfgefährtin Nicole Duval ein, die seinen Vortrag zusammen mit Williams und anderen Dozenten der Philosophischen Fakultät aus der ersten Reihe des Hörsaals beobachtet hatte. »Einige von diesen Studentinnen sahen mir so aus, als hätten sie gerne ein Autogramm von dir - oder etwas mehr als das.«
    »Tatsächlich?« Zamorra grinste sie an.
    Nicole trug ein schwarzes Kostüm, das sich eng an ihren Körper schmiegte. Das weiße Hemd, das sie darunter trug, war tief ausgeschnitten. Insgesamt zeigte ihre Erscheinung ziemlich deutlich, dass sie sich niemals Sorgen über die Konkurrenz durch irgendwelche Studentinnen machen musste.
    »Dann sollte ich vielleicht noch ein wenig hier herumstehen und mich ein wenig mit diesen aufstrebenden jungen Akademikerinnen unterhalten«, schlug Zamorra fröhlich vor. »Zu schade, dass ich keine Fotos von mir habe, die ich signieren könnte.«
    »Ich glaube, wir sollten uns möglichst schnell davonmachen, Professor Williams«, schnaubte Nicole. »Bevor ihm der Publikumserfolg völlig zu Kopf gestiegen ist.«
    »In der Tat«, pflichtete Williams ihr bei. »Studentinnen sollten attraktiven älteren Männern auf keinen Fall über längere Zeit ausgesetzt sein. Das ist schlecht für die Arbeitsmoral. Die jungen Leute sollen sich schließlich der trockenen Forschung widmen. Deswegen stelle ich nur hässliche Kollegen und Kolleginnen ein, mich selbst mit eingeschlossen. Ihr Erscheinen hier ist eine absolute Ausnahme, Miss Duval.«
    Nicole lachte auf. Sie hatte Williams erst an di esem Tag kennen gelernt und allmählich stellte sie fest, dass sie ihn mochte. Er hatte einen scharfen Verstand und Sinn für Humor. Darüber hinaus strafte sein Aussehen seine Äußerung Lügen; für einen Mittfünfziger war er selbst noch eine mehr als stattliche Erscheinung.
    »Ihr versaut mir hier vielleicht einen Karrieresprung«, klagte Zamorra spaßhaft, während sie den Hörsaal in Richtung des Büros des Dekans verließen. »Mit einem entsprechenden Marketing könnte ich der Superstar der Geisteswissenschaften werden.«
    Sie betraten Williams’ Büro, das aus einem etwa 30 Quadratmeter großen Raum bestand, dessen Wände von überfüllten Bücherregalen gesäumt wurden. Neben dem Schreibtisch des Dekans befand sich außerdem eine kleine Sitzgruppe in einer Ecke.
    »Setzen Sie sich«, forderte Williams die beiden auf, während er sich selbst in einen kleinen Sessel fallen ließ.
    »Wollen Sie etwas trinken? Einen Whiskey vielleicht?« Noch bevor Zamorra oder Nicole Gelegenheit hatten zu antworten, füllte er drei Gläser mit Whiskey aus einer Glaskaraffe. »Auf Ihr Wohl, Professor!«, prostete Williams ihnen fröhlich zu und lehnte sich dann in seinem Sessel zurück. Für einen Moment betrachtete er Zamorra grüblerisch.
    »Da wir gerade von ihrem Äußeren sprachen«, setze er ein wenig zögerlich an, als wollte er etwas ansprechen, das ihm eigentlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher