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0774 - Die Stadt des Glücks

Titel: 0774 - Die Stadt des Glücks
Autoren: Unbekannt
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dachten sie daran, daß dieser Versuch nur ein Ablenkungsmanöver der leitenden Raumfahrer sein konnte. Ihre persönlichen Probleme wogen weitaus schwerer: Es war das unabänderliche Recht eines jeden Tbahrgs - weil es nicht nur einen Rechtsbegriff, sondern eine Lebensnotwendigkeit darstellte -, in den wichtigen fünf oder vier Tagen und Nächten das riesige Gebiet besuchen und jede seiner vielen Anlagen benutzen zu dürfen.
    Die Posten mußten sich entscheiden. Sie durften niemanden stören. Sie versuchten es nicht einmal. Es existierte kein vorstellbarer Grund, in Glücksstadt außerhalb der Ahngtharnya-Phase einzudringen. Das alles lag unter einem vernichtenden Tabu.
    „Die zwei Fremden sind auf dem Weg zur Glücksrolle."
    Der Blick ging durch die im Augenblick leere Halle des Eingangsfelsens bis zu den Wiesen und Wegen. Die letzten Tbahrgs verschwanden soeben hinter den betäubend duftenden und blütenübersäten Büschen. Flüchtig schimmerten die farbigen Kleidungsstücke der Solaner auf und waren dann nicht mehr sichtbar.
    Jeder, der seine erste, verwirrende Ahng'tharnya-Phase in Glücksstadt hinter sich gebracht hatte, empfand tiefe Ehrfurcht vor den lebensnotwendigen Vorgängen jenseits der Sperren. Er kannte auch den Effekt, der bereits in der Schleuse unter den Emotioduschen auftrat. Auch die sinnlich erfaßbare Welt des Besuchers spaltete sich in zwei genau unterscheidbare Teile.
    Es gab plötzlich eine normale Außenwelt der gewohnten Umgebung und als zweite Komponente die poetische Zone von Glücksstadt. Der Zustand der Euphorie, der jede Zelle erfaßte, hielt rund zweihundertfünfzig Stunden an.
    Als Jusca und Tai den Schauer der Strahlung spürten, verwandelte sich für sie die Welt.
    Als sie die Verwandlung wahrnahmen, sahen sie, daß sie allein mit sich und ihrem neuen Gefühl waren.
     
    *
     
    Die Welt hatte sich verändert. Fast verändert, ein winziger Rest von fragwürdiger Vernunft war noch geblieben.
    Auf einem silbrig leuchtenden Pfad gelangten Tai und Jusca langsam in die Nähe eines zylindrischen Bauwerks, fünfzig Meter hoch und zwanzig Meter im Durchmesser.
    Der weiße Turm war nahezu vollkommen von Schlingpflanzen überwuchert und wirkte wie die Behausung eines Märchenzauberers. Millionen verschiedenfarbiger Blüten verströmten betäubende Gerüche, wenn die Sonnenstrahlen die offenen Kelche trafen.
    „Alles in Glücksstadt ist nur dazu da", flüsterte Jusca träge, wie betäubt von den ersten Eindrücken, „um Freude zu erzeugen und Vergnügen zu schaffen. Sieh, die Vögel, Tai!"
    Tai drückte ihre Hand und lächelte. Sie fühlten sich nicht nur wegen der geringeren Schwerkraft leicht und beschwingt.
    „Du hast recht. Aber dahinter muß noch eine andere Bedeutung sein. Sie würden sonst nicht soviel Aufwand treiben."
    Er glaubte mit Sicherheit, daß sie diese Besonderheit herausfinden würden. Sie sahen im Augenblick keinen anderen Tbahrg, aber sie waren nicht allein. Sie würden einfach das Verhalten der anderen Besucher beobachten.
    Zwei große Vögel mit vielfarbigem Gefieder und lang nachschleppenden Schwänzen, leuchtend wie eine Handvoll Edelsteine, turnten am Rankenwerk hin und her und saugten Nektar aus den Blüten. Die Tiere stießen Summlaute aus. Tai zog Jusca auf den Eingang des Turmes zu, einer Pergola, mit schattenspendenden Pflanzen überwuchert.
    „Wir werden alles vergessen. Wenn wir zurückkommen, sind wir ganz andere Menschen", sagte er. Er ahnte nicht, daß diese Einsicht richtig war, die Schlußfolgerung aber ganz anders aussehen würde. Als sie die wenigen Schritte bis zum Eingang in den Turm zurücklegten, spürte jedes von ihnen, daß ihr gesamter Körper gespannt und begierig auf etwas zu warten schien. Die Strahlendusche im Eingangsfelsen hatte sie förmlich aufgeschlossen und ihre Erwartungen bis auf einen unerhört hohen Stand gesteigert.
    Die golden durchstrahlte Dämmerung in der Glücksrolle nahm sie auf. Drei Sekunden später krümmte sich das schwarzhaarige Mädchen mit dem schmalen Gesicht zusammen.
    Ein lautloser Krampf schüttelte ihren Körper. Taicichi stand regungslos da und fühlte, wie sein Verstand auseinandergezerrt wurde.
    Es war, als stehe er in einem rasenden Hagelschlag aus winzigen stählernen oder eisigen Nadeln. Schlagartig begann sein Körper zu brennen und zu schmerzen. Seine Augen gaukelten ihm merkwürdige Bilder vor. Er ging durch eine phantastische Landschaft. Erst später erkannte er, daß die Ebenen und Flüsse, die
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