Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0767 - Zeit der Wachsleichen

0767 - Zeit der Wachsleichen

Titel: 0767 - Zeit der Wachsleichen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Schweiß lag über seinen Augenbrauen. »Sie… sie haben das Mädchen dem Satan geopfert…« Er senkte den Kopf, schüttelte ihn und konnte nicht mehr sprechen.
    Ich saß auf der Kirchenbank und rührte mich nicht. Ein kalter Hauch umgab mich plötzlich. Ich fing an zu frieren und konnte mir vorstellen, wie schlimm dieses Ritual gewesen war.
    Prantl richtete sich wieder auf. »Fragen Sie mich bitte nicht nach Einzelheiten. Ich will sie nicht sagen. Ich kann es auch nicht, weil es einfach unaussprechlich ist.«
    »Das glaube ich Ihnen. Was geschah weiter?«
    »Es stellte sich heraus, daß sie Teufelsanbeter waren. Damals herrschten strenge Gesetze. Die Militärpolizei holte sich die Täter. Es gab einen Kampf. Dabei wurde einem das rechte Auge herausgeschossen. Auch die anderen starben unter den Kugeln, aber sie konnten noch reden. Sie gingen lachend in den Tod, denn sie würden, das haben sie gesagt, irgendwann wiederkehren, wenn sich jemand ihrer erinnerte, der ähnlich war wie sie. Nun sind sie zurückgekehrt. Sie haben ihre abseits liegenden Gräber verlassen. Einen habe ich sehen können. Er ist noch immer da, Herr Sinclair.«
    Ich konnte auf weitere Einzelheiten verzichten, aber ein Satz wollte mir nicht aus dem Kopf. Der Pfarrer hatte davon gesprochen, daß jemand kommen mußte, der ähnlich dachte wie die drei Mörder. Dieser Jemand war gekommen.
    Ein Junge, fünfzehn, mit seiner Mutter. Beide hatten sich der gefährlichen Magie verschrieben, glaubten und praktizierten Voodoo, und der Junge war bereits so weit pervertiert, daß er die Toten in den Gräbern liebte wie seine Eltern.
    Wohin war diese Welt schon gekommen, daß so etwas überhaupt hatte passieren können?
    Ich stieß die Luft aus. In meinem Kopf lag der Druck. Er hatte sich zu leichten Schmerzen zusammengezogen. Draußen tobte das Gewitter. Blitze und Donner wechselten sich ab, aber es regnete noch nicht.
    In bestimmten Intervallen wurde die Kirche immer wieder durch die Blitze erhellt. Es sah aus, als wären zahlreiche Menschen dabei, ständig zu fotografieren.
    »Jetzt wissen Sie Bescheid, Herr Sinclair.«
    »Danke.«
    Der Pfarrer winkte ab. »Warum wollen Sie sich bedanken? Diese Welt ist schlecht geworden. Ich kann es einfach nicht begreifen, aber ich habe mich entschlossen, es hinzunehmen. Das Böse war mir auf den Fersen, ich habe mich wehren können. Das Weihwasser hat diesen Teufel getroffen, es hat ihm Wunden und auch Schmerzen zugefügt.«
    »Es gibt ihn aber noch?«
    »Leider.«
    »Wo kann er sich aufhalten?«
    »Wahrscheinlich in meiner Wohnung. In die Sakristei traut er sich nicht hinein.«
    »Kann ich die Wohnung denn durch die Sakristei erreichen?«
    Prantl nickte. »Es gibt da eine Verbindungstür… Wollen Sie sich ihm stellen?«
    »Deshalb bin ich hier.« Ich räusperte mich. »Es gibt noch zwei andere Gegner. Der Junge und seine Mutter, von denen ich Ihnen berichtet habe. Sie halten sich auch hier auf.«
    »Aber nicht in der Kirche.«
    »Das stimmt.«
    »Wer ist dann die zweite Person, die mit Ihnen kann?«
    Alle Achtung, daß er sie gesehen hatte. Hätte ich nicht gedacht. »Es ist eine Bekannte«, sagte ich ausweichend. »Die Frau ist bewaffnet. Sie war der Familie Davies auf der Spur. Das muß zunächst einmal genügen, Hochwürden, jetzt sind andere Dinge wichtiger.«
    Er hatte sich wieder gefangen und fragte: »Was kann ich tun? Wie kann ich Ihnen zur Seite stehen?«
    Ich lächelte ihn an. »Ganz einfach, indem Sie nichts tun.«
    Ein Blitz erhellte die Luft. Das fahle Licht sickerte auch in die Kirche. Das Gesicht des Pfarrers sah dabei aus, als wäre es geschnitzt worden. »Aber das geht doch nicht. Ich muß etwas unternehmen. Das ist meine Kirche.«
    »In der Sie sicher sind.«
    »Meinen Sie?«
    »Ich glaube nicht, daß sich eine lebende Leiche in ein Gotteshaus traut. Das wäre mir neu und widerspräche auch allen Regeln. So, und nun zeigen Sie mir bitte den Weg zur Sakristei.«
    »Ja, natürlich.«
    Es war nicht weit. Ich brauchte nur eine schmale Tür zu öffnen. Der Pfarrer tat das für mich. Er schaute vorsichtig hinein, hob die Schultern und flüsterte: »Er ist nicht da.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    Der Geistliche schickte mir noch ein »Gott sei mit Ihnen« nach, dann betrat ich die Sakristei und zog meine Waffe.
    Ich schaute mich um.
    Das Kreuz an den Wänden würde einen Zombie abschrecken. Möglicherweise auch der Geruch nach Weihrauch, aber es gab noch eine zweite Tür. Sie führte in die Wohnung des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher