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0767 - Zeit der Wachsleichen

0767 - Zeit der Wachsleichen

Titel: 0767 - Zeit der Wachsleichen
Autoren: Jason Dark
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Schutz bieten kann. Sie ist entweiht.«
    »Das sehen Sie etwas zu schwarz.«
    »Doch, ich habe es erlebt.«
    »Stimmt. Aber ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen, Herr Pfarrer. Ja, ich bin deshalb hier.«
    Erst jetzt schien er mich richtig zu sehen. Er schaute mich an, und seine Lippen zuckten. Schließlich flüsterte er: »Wer sind Sie?«
    »Ich heiße John Sinclair.«
    Damit konnte er nichts anfangen. Er redete mich allgemein an. »Sie sind ein Fremder?«
    »Stimmt.«
    »Tourist!«
    »Nein.«
    Die letzte Antwort hatte ihn verlegen gemacht. Er räusperte sich. »Kein Tourist? Was wollen Sie hier? Gehen Sie, fliehen Sie…« Er schaute sich zitternd um. »Diese Kirche ist nicht mehr sicher. Das Böse schleicht um sie herum. Der Teufel hat seine Hände im Spiel, und wir Menschen sind zu schwach.«
    »Sie ist sicher, Hochwürden.«
    Er ging zurück. »Wie können Sie das behaupten?«
    »Ich spüre es.«
    »Dann wissen Sie mehr als ich.«
    »Möglich.«
    »Nein, das ist nicht möglich, das ist…«
    »Schauen Sie her, Hochwürden«, sagte ich und holte mein Kreuz hervor. Ich ließ es auf dem flachen Handteller liegen, damit er es sich genau betrachten konnte.
    Seine Augen weiteten sich, als könnte er den Anblick nicht fassen. »Es ist wunderbar. Woher haben Sie es?«
    »Es gehört mir.«
    Der Pfarrer nickte. »Na und…«
    »Es wird mithelfen, das Böse zu vertreiben. Es hat bereits dabei geholfen.«
    Er begriff nicht, das war klar. Ich mußte ihn einweihen und bat ihn, sich neben mich in die erste Bankreihe zu setzen. Das tat er auch. Wir kamen uns beide vor wie auf einer Insel, denn draußen vor der Kirche verschafften sich die Kräfte der Natur freie Bahn.
    Das Gewitter war da. Blitze zuckten. Es donnerte. Die Kirche wurde für Sekunden in gespenstisches Licht getaucht und dann von dem Donner erschüttert.
    Ich wußte nicht, wo sich Sally Vincaro aufhielt. Jetzt war es für mich wichtig, Vertrauen zum Pfarrer zu fassen, der mir auch seinen Namen gesagt hatte. Er hieß Prantl.
    Ihm berichtete ich, was- ich schon erlebt hatte. Das zwei lebende Wachsleichen vernichtet worden waren, was er mir sogar abnahm. Den Grund dafür erfuhr ich, als er mir seine Erlebnisse berichtete und vom Kampf gegen die dritte Wachsleiche sprach.
    »Ich habe sie aber vertrieben«, flüsterte er. »Ja, ich habe es geschafft und dem Bösen einen Riegel vorgeschoben.« Er war sehr stolz auf sich, was ich aus seinen Worten heraushörte.
    »Das finde ich gut.«
    Der Geistliche lächelte. »Sagen Sie das nicht zu laut, Herr Sinclair. Es ist gar nicht gut, wirklich nicht. Ich habe sogar Angst bekommen, Todesfurcht. Nicht um mich, sondern um die Menschen hier im Ort. Wenn das wahr wird, was eigentlich wahr werden darf, dann sind wir schon sehr weit gekommen, Herr Sinclair.«
    »Das kann stimmen. Doch ich suche nach den Gründen, Hochwürden. Können Sie sich denn ein Motiv für dieses Grauen vorstellen? Sind Sie dazu in der Lage? Alles hat einen Grund, nichts auf der Welt geschieht ohne. Sie verstehen mich?«
    Pfarrer Prantl tupfte seine Stirn ab. »Ich verstehe Sie sogar sehr gut, Herr Sinclair. Ich selbst habe ebenfalls darüber nachgedacht, aber es ist so schwierig. Bei mir ist eine Brücke zusammengebrochen, die mich bisher getragen hat…«
    »Kennen Sie den Grund?«
    Der Pfarrer wiegte den Kopf. »Ich nehme an, daß ich ihn kenne, Herr Sinclair.«
    »Dann klären Sie mich auf.«
    Der Pfarrer faltete die Hände, richtete seinen Blick gegen den schwach zu erkennenden Altar und sah aus, als wollte er anfangen zu beten. Das rötlich schimmernde ewige Licht schien aus der Ewigkeit entlassen worden zu sein. Obwohl der Geistliche die Hände gefaltet hatte, betete er nicht.
    Er begann mit seinem Bericht. »Ich muß tief in der Vergangenheit anfangen«, erklärte er. »Die Geschichte reicht bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zurück, als hier die Amerikaner als Besatzungssoldaten waren. Die Alten im Ort erinnern sich noch daran. Es war keine gute Zeit für sie. Unter den Soldaten gab es gute und schlechte Menschen. Hier aber geht es um die schlechten. Sie waren zu dritt, und sie nahmen sich alles heraus. Sie haben ein junges Mädchen getötet, das ihnen nicht zu Willen sein wollte. Anschließend haben sie es dann geopfert…«
    »Wie bitte?«
    Der Geistliche schluckte. »Ja, geopfert!« keuchte er.
    »Wem?«
    Er löste die Hände, wischte über seine Augen. Ich sah ihm an, wie schwer ihm die Erklärung fallen würde. Wieder mußte er schlucken. Der
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