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0754 - Als Carmen sich die Köpfe holte

0754 - Als Carmen sich die Köpfe holte

Titel: 0754 - Als Carmen sich die Köpfe holte
Autoren: Jason Dark
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kümmerte.
    Carmen ging so schnell, als hätte sie es an diesem Abend besonders eilig. Hier unten war es selbst im heißesten Sommer kühl. Durch die Gehbewegungen wurde ihr der dünne Blusenstoff gegen den Körper gedrückt, und ein kühler Hauch strich über ihre nackte Haut darunter.
    Sie mußte noch einen schmalen Gang durchqueren, dessen Wände eine glatte Betonschicht zeigten.
    Der Widerschein des Deckenlichtes ließ sie an einigen Stellen aussehen wie die Oberfläche einer Eisbahn.
    Vor der Tür blieb Carmen stehen.
    Plötzlich kam ihr zu Bewußtsein, wie allein sie war. Nur die bedrückende Stille umgab sie. Jedes Geräusch klang zumindest doppelt so laut wie sonst, und die junge Frau überkam ein unruhiges und auch ungutes Gefühl. Sollte sie ihr Schreckenskabinett überhaupt betreten?
    Sie zögerte noch, weil sie selbst nicht fassen konnte, was eigentlich mit ihr los war.
    Letztendlich siegte die Vernunft. Carmen holte den Schlüssel aus der Tasche und öffnete.
    Lautlos schwang die Tür nach innen.
    Vor ihr lag ein stockfinsterer Raum, nur etwas durchstreift von Licht aus dem Flur.
    Kalt strich es über ihren Nacken, als sie den Fuß in den Raum hineinsetzte.
    Als sie die Tür hinter sich zudrückte, schaltete sie gleichzeitig das Licht ein.
    Ein Fremder hätte geschrieen, Carmen aber war an diesen Anblick gewohnt. Zudem hatte sie das Kabinett des Grauens eingerichtet und würde es auch noch weiter füllen.
    Die grauen Mauern zeugten davon, daß der Keller ebenso alt war wie das Haus.
    Es existierte keine Einrichtung, bis auf einen Gegenstand, der sich an der gegenüberliegenden Wand in Kopfhöhe befand und an ein breites Regalbrett erinnerte.
    Oder an eine Ablage.
    An sie dachte Carmen auch, denn auf dem Brett lagen ihre Trophäen, die Zeichen ihres Sieges gegen das Grauen, gegen das Böse und Dämonische.
    Es waren sieben Köpfe!
    Sieben Untote hatten dafür ihr ›Leben‹ oder ihre Existenz lassen müssen. Irgendwann, wenn alles vorbei war, wollte sie die Köpfe auch vernichten, wahrscheinlich verbrennen, aber soweit war es noch nicht. Ihrer Ansicht nach ging der Kampf erst richtig los.
    Man konnte Carmen Cavallo nicht eben als eine pedantische Person bezeichnen, dafür war sie einfach zu locker und spontan, dieser Keller jedoch war von ihr pedantisch eingerichtet worden. Zumindest was die Köpfe anging, denn sie standen dicht nebeneinander auf dem Regal und wirkten wie von der Schnur gezogen.
    Ein schreckliches Erbe, dessen Vorderseiten dem eintretenden Betrachter zugewandt waren.
    Trotz ihres ausstrahlenden Schreckens sahen sie irgendwo alle gleich aus. Sie hatten ja auch Personen gehört, von denen sich keine von der anderen grundlegend unterschied. Es waren alles Blutsauger gewesen, uralte, maurische Vampire, die allerdings wieder zu einem untoten Leben erweckt wurden und auferstanden waren.
    Durch den Raum wehte der Atem des Todes.
    Carmen würde sich daran nie gewöhnen können, obwohl sie die Schuld an dieser Veränderung trug, und wie immer stellte sie sich die Frage, ob sie alles richtig gemacht hatte.
    Wenn sie die Köpfe dann aus der Nähe betrachtete und deren widerliche Fratzen sah, die braune, eingeschrumpfte Haut, die glasförmigen Augen, die offenen Mäuler, aus denen jeden Augenblick Würmer oder Käfer kriechen konnten, was durchaus ins Bild gepaßt hätte, dann sah sie ein, daß sie sich auf dem richtigen Weg befand. Diese Kreaturen durften es einfach nicht schaffen, über die Menschen herzufallen und sich an deren Blut zu laben, um wieder so stark zu werden wie vor Hunderten von Jahren. Sie mußten vernichtet werden - alle.
    Genau das hatte sich Carmen Cavallo vorgenommen. Nur stellte sich inzwischen die Frage, ob sie sich nicht zuviel zugemutet hatte, denn auf die Dauer konnte sie allein nicht gewinnen.
    Sie brauchte einen Helfer.
    Wieder kam ihr der Name John Sinclair in den Sinn. Carmen hatte nur von ihm gehört, persönlich kannte sie ihn nicht. Aber was sie in Erfahrung gebracht hatte, klang gut, und sie ging einfach davon aus, daß John Sinclair sie nicht enttäuschen würde.
    Nicht alle Schädel hatte sie mit einem glatten waagerechten Streich vom Rumpf trennen können.
    Bei einigen hatte sie in einem bestimmten Winkel schlagen müssen, und deshalb standen diese Köpfe auch schief. Ihre Gesichter waren Carmen in einem bestimmten Winkel zugewandt, und sie schaute gegen die halbverwesten Profile mit der graubraunen Haut.
    Sie schritt an ihnen entlang wie ein Kompanieführer,
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