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0727 - Mystic, der Maniac

0727 - Mystic, der Maniac

Titel: 0727 - Mystic, der Maniac
Autoren: Jason Dark
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melancholisch konnte ein Mensch werden, der sich über diesen Friedhof bewegte.
    Shao sah es anders.
    Sie hatte längst das Prickeln gespürt, das immer dann eintrat, wenn ein bestimmtes und sehr wichtiges Ereignis dicht bevorstand. Hinter einem sehr hohen Grabmal hatte sie sich geduckt. Es zeigte einen Engel, der zwei Schwerter in den Händen hielt und damit die Grabstätte bewachte. Das Monument gab ihr genügend Deckung, um sich ungesehen umziehen zu können. Die Tasche ließ sie dort stehen. Als sie hinter dem Grabmal hervortrat, wirkte sie selbst wie eine unheimliche Gestalt.
    Die schwarze Kleidung, die ebenfalls schwarze Halbmaske, die das obere Gesicht verbarg, die Armbrust über der rechten und den Köcher mit den Pfeilen über der linken Schulter.
    Das war genau die Shao, die man kannte, die bereit war, den Kampf aufzunehmen.
    Einige Menschen waren ihr bisher begegnet und hatten kaum Notiz von ihr genommen. Doch es war besser, wenn sie nicht gesehen würde, denn ihr Anblick konnte Angst erzeugen.
    Sie hielt sich in Deckung der Grabmäler, konzentrierte sich nicht allein auf die Umgebung, sondern auf Suko in erster Linie. Sie spürte, daß er nicht mehr weit von ihr entfernt war. Irgendwo zwischen den Grabmälern mußte er liegen, möglicherweise dort, wo sich die Skelette der kahlen Bäume gegen den grauen Himmel drückten.
    Sie huschte über die schmalen Wege. Einmal mußte sie einer Gruppe Menschen ausweichen, die sich vor einem prominenten Grab versammelt hatten. Wer es war, wußte Shao nicht.
    Aber sie hörte den Schrei!
    Nicht laut, nur in ihrem Hirn, und sie erkannte augenblicklich Sukos Ruf. Wahrscheinlich spürte er, daß Shao zu ihm unterwegs war, und sie würde ihn auf keinen Fall enttäuschen, das hatte sie sich fest vorgenommen. Sie war es ihm einfach schuldig und sich selbst natürlich auch.
    Urplötzlich blieb sie stehen. Auf dem nassen Laub rutschte sie noch etwas nach vorn, dann aber wartete sie und lächelte. Ja, er war in der Nähe, sie spürte seine Ausstrahlung überdeutlich. Er hatte auch wieder nach ihr gerufen, er brauchte ihre Hilfe, er befand sich in einer schrecklichen Gefahr.
    Aber wo?
    Ihr Blick glitt nach vorn, wo der Dunst lautlos über die letzten Ruhestätten hinwegtanzte, als würde er sich nur nach für ihn hörbaren, schwermütigen Melodien drehen.
    Da irgendwo lag er.
    Sie schlich in diese Richtung. Die Wege waren nicht gefegt worden. Immer wieder knirschte und knisterte altes Laub unter ihren Füßen.
    Stille lag über dem Friedhof. Shao gefiel sie nicht. Sie wußte, daß sich in ihrer Nähe Leben verbarg.
    Ein für sie und Suko gefährliches Leben, man konnte es auch als Feinde bezeichnen.
    Noch hatte sie ihn nicht gefunden, doch er war nah, sehr nah sogar. Nie hatte sie seine geistigen Rufe lauter vernommen als in diesen Sekunden.
    Nur mehr wenige Schritte, dann mußte sie ihn gefunden haben.
    Sie blieb auf dem Weg stehen, der zwei Grabreihen durchschnitt. Die Erde unter ihr schimmerte rötlich, als hätte sie einen Teil des Leichenblutes aufgesaugt.
    Ein Grabstein stach ihr besonders ins Auge. Er war anders als die meisten. Sehr kompakt und auch sehr flach. Er bestand aus einer hohen viereckigen Platte, die Altarform besaß, und auf dieser Platte aus Stein lag eine ebenfalls steinerne Gestalt.
    Sie ragte mit dem oberen Teil des Körpers höher als mit dem unteren. Es kam daher, weil der Kopf auf einem Steinkissen ruhte. Die Arme hatte sie angewinkelt und angehoben. Zwischen ihren Händen hielt sie einen Gegenstand fest, der einen Zuschauer beim ersten Hinsehen erschrecken konnte.
    Es war ein Kopf aus Stein!
    Ein schauriges Grabmal, aber Shao fühlte sich gerade zu dieser Stätte hingezogen.
    Sie überwand die Distanz - und bekam plötzlich große Augen, als sie davor stehenblieb.
    Neben dem Grab lag eine Gestalt auf der kalten Erde.
    Es war Suko!
    Und er sah aus wie tot!
    ***
    Shao unterdrückte einen Schrei. Sie hätte nicht sagen können, ob sie ihn aus Schmerz oder aus Freude ausgestoßen hätte, jedenfalls blieb er in ihrer Kehle stecken, und als sie den Mund öffnete, tat sie es nur, um laut Atem zu holen.
    Von oben herab schaute sie in Sukos Gesicht, das ihr so vertraut und trotzdem fremd vorkam. Es mochte an der weißen, sehr dünnen und bleichen Haut liegen, bei der die dunklen Augen noch stärker auffielen als sonst. Auch Sukos Lippen waren unnatürlich blaß.
    Seine Augen hielt er geschlossen. Als Shao sich aber zu ihm hinabbeugte, öffnete er sie.
    Sie
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