Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0720 - Zwei Verdammte aus Aibon

0720 - Zwei Verdammte aus Aibon

Titel: 0720 - Zwei Verdammte aus Aibon
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Spinnweben berührt zu werden.
    Sie schaute hoch.
    Die Sonne stand über den Bäumen. Ein blasser Ball, matt angestrichen, scharf konturiert in der Bläue des Herbsthimmels. Die Sonne kam ihr so wunderbar vor, sie wollte sie einfach nicht aus dem Blick lassen. Das war die Hoffnung…
    Automatisch setzte sie ihre Schritte.
    Das Laub wurde dichter, dieser natürliche Teppich verknüpfte sich noch mehr.
    Er war dick, aber nicht zu dick.
    Urplötzlich geschah es!
    Das war kein Laub mehr, da gab es keinen Boden, da war der Widerstand verschwunden.
    Jessica schrie auf, als sie fiel.
    Ihr Gesicht versteinerte innerhalb eines Sekundenbruchteils, und sie sah selbst aus wie eines ihrer Modelle.
    Dabei hatte sie den Eindruck, immer tiefer fallen zu müssen, hineinzurutschen in einen Schacht, den der Teufel persönlich für sie geöffnet hatte.
    Er endete nicht in der Hölle, sie fiel auch nicht sehr tief. Sie landete auf etwas Weichem, das ihren Aufprall sehr gut abfederte. Sie sank kaum ein, die Furcht verschwand für einen Moment, um dann stärker als zuvor zurückzukehren, denn Jessica hatte gesehen, in was sie hineingeraten war.
    Und jetzt schrie sie richtig!
    ***
    Allerdings nicht vor Angst oder Entsetzen, sondern vor Ekel. Durch das Laub, das die Öffnung einer Fallgrube abdeckte, war sie in die Tiefe gefallen. Und in dieser Grube stapelten sich alte Kadaver.
    Rohes, fauliges Fleisch, Häute und Knochen bildeten ein Wirrwarr, in dem sich zahlreiche Tiere wohl fühlten. Es gab keine Stelle, die nicht von irgendwelchen Käfern oder Fliegen bedeckt war.
    Zusammen bildeten sie ein zitterndes Muster, das dann so aussah, als würden sich die zahlreichen Fleischreste bewegen oder umherwandern.
    Es war ein Alptraum, den sie geschockt, starr und sekundenlang erlebten, wobei sie sich erst jetzt darüber im klaren war, daß sie mit ihrer ausgestreckten rechten Hand in eine weiche Masse hineingetaucht war, die ihre Finger wie ein Schwamm umgab.
    Jessica zerrte die Hand zurück. Sie starrte sie an. Durch das Loch über ihr fiel genügend Licht in die Fallgrube, damit sie sehen konnte, welch ein dunkler Schmier an ihrer Hand nach unten rann.
    Sie schüttelte sich, das Gesicht zeigte die Fratze des Ekels, doch sie traute sich nicht, die Handfläche an ihrer Kleidung abzuwischen. Wie eine Figur stand sie auf der Masse, die durch das Gewicht der Frau nachgab, so daß sie allmählich und wie in einer zeitlupenhaften Szene immer tiefer rutschte.
    Das überriß sie nicht, denn bei ihr bewegten sich ausschließlich die Augen, mit denen sie die Umgebung durchforstete.
    Glatte, feuchtschimmernde Wände rahmten sie ein. Die alten Kadaver bildeten in der Fallgrube einen kleinen Hügel. Das alte Fleisch befand sich bereits zusammen mit der Haut im Zustand eines Gärprozesses. Es hatte sich eine Schimmelkruste gebildet, und auch die bewegte sich, wenn kleine Tiere über sie hinwegkrochen.
    Etwas derartig Widerliches war ihr noch nicht begegnet, abgesehen von der Szene in dem Horror-Restaurant, als sie John Sinclair kennenlernte.
    Der Gestank war schrecklich. Er drückte die Übelkeit in ihr hoch, und Jessica wunderte sich darüber, daß sie bisher noch nicht gebrochen hatte.
    Irgendwann würde das geschehen, dann waren auch ihre Grenzen der Belastbarkeit erreicht. Noch stand sie zu sehr unter Schock und dachte auch daran, wie es ihr wohl möglich war, wieder aus dieser Fallgrube herauszukommen.
    Jessica legte den Kopf zurück und schaute in die Höhe. Die Abdeckung lag verdammt hoch über ihr.
    Sie hätte schon springen müssen, um sie zu erreichen.
    Dazu war der Boden zu weich. Sie stand auf den weichen Kadavern, die nicht fest genug waren.
    Und das Kriechgetier auf dieser fauligen und übelriechenden Masse hatte sie als neue Beute entdeckt, denn zahlreiche Käfer und Fliegen umschwirrten oder umkrabbelten sie bereits. Einige fette, schillernde Fliegen suchten ihr Gesicht als Landeplatz aus und ließen sich nur schwer verscheuchen.
    Jessica riß sich wahnsinnig zusammen und unterdrückte ihren Ekel. Sie gratulierte sich selbst dazu, daß sie so etwas überhaupt schaffte, konzentrierte sich auf ihre Situation und versuchte, alle Gefühle auszuschalten.
    Es war natürlich schwer, immer blieb etwas zurück, aber sie sah, daß der Kadaverhaufen an einer Stelle höher war als woanders. Und zwar dort, wo er an der Innenwand ihr gegenüber in die Höhe zu kriechen schien.
    Da mußte sie einfach hin. Wenn sie dort stand, gelang es ihr möglicherweise,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher