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0720 - Zwei Verdammte aus Aibon

0720 - Zwei Verdammte aus Aibon

Titel: 0720 - Zwei Verdammte aus Aibon
Autoren: Jason Dark
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nach Vergänglichkeit.
    Altes Laub, abgerissene Zweige oder Äste? Sie wußte es nicht, sie konnte es sich auch nicht vorstellen, denn so etwas roch anders. Und noch etwas kam ihr seltsam vor.
    Auf ihren Wanderungen hatte sie keinen Menschen getroffen. Im Prinzip war ihr das sehr recht.
    Setzte sie es aber mit den Aussagen der Frau in Zusammenhang, dann sah sie es doch aus einem anderen Blickwinkel, denn zumindest hätte sie Waldarbeiter sehen müssen, die noch vor Einbruch des Winters geschlagenes Holz wegschafften. Einige Stellen hatte sie gesehen, aber da waren die Stämme liegengeblieben, als hätte man sich bewußt nicht um sie gekümmert.
    Das war seltsam…
    Am vierten Tag war Jessica unterwegs, ohne dem Rätsel auf die Spur gekommen zu sein.
    Je mehr Zeit verging, um so ungeduldiger wurde sie. Jessica wußte, daß es etwas geben mußte. Es war unsichtbar, es hielt sich im dichten Unterholz verborgen oder lauerte zwischen den Bäumen.
    Da stimmte etwas nicht…
    Die Künstlerin gehörte zu den sehr gefühlsbetonten Menschen. Zudem waren ihr in der Vergangenheit schon Dinge widerfahren, die nicht in das normale Raster hineinpaßten. Das heißt, ihr waren Kräfte begegnet, die rational nicht erklärbar waren.
    Metaphysische Kräfte, etwas Unheimliches, das aus den dunklen Tiefen der Hölle drang.
    Und sie hatte dabei einen Mann kennengelernt, der John Sinclair hieß und als Yardbeamter diesen unheimlichen Dingen auf der Spur war. Jessica mochte den Mann, sie hatte sich ein wenig in ihn verliebt. Auch sie war ihm nicht gleichgültig, aber seine Arbeit wehte ihn in die ganze Welt. Die Zeit, um eine Beziehung aufzubauen, hatten sie beide nicht.
    Jessica hatte in den letzten beiden Tagen immer öfter an John Sinclair gedacht. Auch deshalb, weil ihr die Erklärungen der Krämersfrau nicht aus dem Kopf gingen. Das Verschwinden der Tiere war etwas Unheimliches und nicht Erklärbares gewesen, und wenn John bei ihr gewesen wäre, hätte er sich bestimmt um den Fall gekümmert.
    Sollte sie ihm Bescheid geben?
    Jessica hatte mit dem Gedanken gespielt, dann davon Abstand genommen, weil sie fürchtete, sich lächerlich zu machen. Zudem hatte John sicherlich mehr als genug zu tun. Er brauchte sich nicht um sie zu kümmern und um ihre Ahnungen.
    Sollte sie jedoch konkretere Hinweise finden, dann würde sie sich mit dem Geisterjäger in Verbindung setzen.
    Wie hatte die alte Frau doch gesagt? Erst die Tiere, dann die Menschen. Eine ungewöhnliche und irgendwie auch erschreckende Aussage, die sie nicht aus dem Sinn verlieren wollte.
    Sie erhob sich.
    Der Muskelkater hielt sich heute in Grenzen. Jessica drehte sich, hob die Arme und streckte sie, ebenso wie ihr Gesicht, der Herbstsonne entgegen.
    Dann holte sie Luft.
    Tief atmete sie ein, die morgendliche Kühle füllte ihre Lungen, und sie fühlte sich wieder wohl.
    Die Karte steckte griffbereit in einer Seitentasche. Bevor sie dort nachschaute, trank sie noch einen Schluck von dem mit Traubenzucker angereicherten Tee, der noch lauwarm war, weil er sich in einer Thermoskanne befand.
    Von ihrem Rastplatz aus mußte sie noch ein Stück höher gehen, um dann zu einem Wäldchen auf dem Hügel zu gelangen.
    Es wuchs an der anderen Seite weiter und begleitete die Wanderstrecke bis zu dem kleinen Bach hin, der aus den Bergen schäumte und sich durch das schmale, mit zahlreichen Steinen bedeckte Flußbett seinen Weg bahnte.
    Dort unten sollte es dann ein altes Schäferhaus geben, eine aus Stein gebaute windschiefe Hütte.
    Und sie dachte daran, daß auch die Schafe verschwunden waren, die sonst die langen Hänge als idealen Platz zur Nahrungssuche gesucht hatten. Sie waren verschwunden.
    Warum?
    Es lag sicherlich nicht am Wetter, denn noch zeigte sich der Herbst von seiner schönsten Seite.
    Allerdings empfand Jessica nicht mehr die Begeisterung für den Anblick der Natur, wie in den ersten Tagen. Da hatte sich schon in ihrem Inneren ein Wandel vollzogen, denn sie war jetzt sehr vorsichtig geworden, und sie beobachteten die Umgebung mit anderen Blicken.
    Immer wieder dachte sie daran, daß man auch sie belauert hatte. Einen hundertprozentigen Beweis dafür hätte sie nicht bringen können, aber sie wollte auch nicht zugeben, daß sie sich geirrt hatte.
    Irgend etwas war hier.
    Sie ging weiter und schritt dabei kräftig aus. Die Sohlen ihrer Schuhe griffen wie neue Autoreifen.
    Auch wenn der Boden noch feucht war, brauchte sie keine Angst davor zu haben, schnell auszurutschen.
    Der Wald
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