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0720 - Zwei Verdammte aus Aibon

0720 - Zwei Verdammte aus Aibon

Titel: 0720 - Zwei Verdammte aus Aibon
Autoren: Jason Dark
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hatte und eben frei blühten.
    Sie hatte einen Aufstieg hinter sich und ihre Jacke geöffnet, denn es war ihr warm geworden. Unter dem Parka trug sie einen Rollkragenpullover in einem dunklen Gelb. Die Farbe machte sie nicht blaß, sie stand ihr einfach, und als sie sich setzte, da huschte ein glückliches Lächeln über das Gesicht der jungen Frau.
    Der Blick war herrlich.
    Ohne es eigentlich zu ahnen, hatte sie sich einen besonders schönen Punkt für ihre Rast ausgesucht.
    Der Blick war einmalig. Er glitt hinein in das Tal, in dem auch der kleine Ort lag, von dem sie ihre Wanderungen begann.
    So verwunschen, so klein sah er aus. Wie dahingestreut, verlassen, aber trotzdem eine gewisse Sicherheit ausströmend. Kleine Häuser, die keine Geometrie besaßen, die einfach gebaut worden waren, so wie es sich die Menschen vorgestellt hatten.
    Ein herrlicher Flecken Erde, aus dem der Kirchturm hervorragte wie ein einsamer Pfahl.
    Die Sonne schien ihr in den Nacken. Sie wärmte die Frau durch, und Jessica entledigte sich der Jacke. Es wurde ihr einfach zu warm. Zwar war das Gras noch feucht, das machte ihr nichts aus.
    Der Hosenstoff war dick genug.
    Nichts im Leben ist perfekt, auch diese Umgebung besaß einen Fehler. Er war nicht sofort und für jeden zu spüren, eine sensible Künstlerin wie Jessica jedoch, merkte schon, daß sich unter der Oberfläche etwas tat. Es hing auf keinen Fall mit der Natur zusammen, es lag einzig und allein an den Menschen.
    Sie waren sehr verschlossen.
    Klar, einem Fremden gegenüber zeigten sich die meisten Dörfler abweisend, wenn sie nicht gerade vom Tourismus lebten, aber das hier war doch etwas anderes.
    Oft genug war sie böse angeschaut worden. Man hatte sie nicht gerade beleidigt, aber immer dann, wenn sie Fragen stellte, wandten sich die Menschen ab.
    Sie hatte nach bestimmten Dingen gefragt, die ihr einfach aufgefallen waren.
    Jessica Long kannte das Land, kam oft herum, war einfach überall zu Hause, doch so etwas wie hier hatte sie noch nie erlebt. Da ging es um ein regelrechtes Phänomen. Um die Tiere.
    Es stimmte.
    Sie hatte tatsächlich im Ort und auch in dessen näherer Umgebung keine Tiere gesehen. Weder Haustiere wie Hunde oder Katzen, noch die Tiere, die in der freien Wildbahn umherliefen. Hasen, Füchse, es sollte auch Wildschweine geben, Marder und sogar Wildkatzen, wie man ihr mitgeteilt hatte.
    Aber die waren verschwunden.
    Kein Reh, kein Hirsch, einfach nichts. Und das wiederum hatte sie gestört.
    Auf entsprechende Fragen hin hatte man sie nur starr angeschaut, die Köpfe geschüttelt und geschwiegen. Bis auf eine alte Frau, der ein Kramladen gehörte. Die hatte ihr so etwas Ähnliches wie eine Antwort gegeben.
    »Hier gibt es keine Tiere mehr. Nicht hier im Dorf und auch nicht in der Umgebung.«
    Jessica hatte nach den Gründen gefragt, als Antwort ein Schulterzucken bekommen und trotzdem nicht lockergelassen.
    Da hatte sie die alte Frau dicht an sich herangeholt und die nächsten Worte nur geflüstert. »Der Tod hat viele Gestalten, junge Frau. Es ist nicht nur der Sensenmann. Er kann von überall her kommen. Aus Welten, in die wir keinen Einblick haben. Daran mußt du dich gewöhnen, junge Frau. Denk daran, der Tod kann überall lauern. Heute sind es die Tiere, morgen vielleicht wir…«
    »Was heißt denn das?« hatte sie gefragt.
    »Keine Erklärungen mehr, das muß dir reichen, Mädchen. Geh deinen Weg und vergiß alles. Denke nie über gewisse Dinge nach, das könnte dir schaden.«
    Sie war dann gegangen und hatte Jessica Long stehenlassen. Auch später, als sie in einem Gasthaus saß und das Thema anschnitt, hatte man sie gemieden.
    Niemand wollte über das rätselhafte Verschwinden der Tiere sprechen. Diese Tatsache hing wie ein Fluch über dem Ort und natürlich auch über den Menschen.
    Was war da geschehen?
    Nun gehörte Jessica nicht zu den Menschen, die sich mit diesen Erklärungen zufrieden geben. Sie zählte zu den selbstbewußten, jungen Frauen, die ihr Leben selbst in die Hand nahmen und die auch dessen Sinn hinterfragten.
    Und so machte sie weiter.
    Sie war bei ihren Wanderungen besonders aufmerksam, ging planvoll vor, schlug die verschiedenen Wege ein und achtete darauf, ob ihr etwas Ungewöhnliches auffiel.
    Das war nicht der Fall, bis auf eine Kleinigkeit. Tags zuvor hatte sie das Gefühl gehabt, beobachtet worden zu sein. Aus sicherer Deckung hervor, und sie glaubte auch, etwas gerochen zu haben. Es hatte nach Verwesung und Fäulnis gerochen,
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