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072 - Auf Leben und Tod

072 - Auf Leben und Tod

Titel: 072 - Auf Leben und Tod
Autoren: Michael J. Parrish
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unter seiner Herrschaft vereinen musste, um auch Koruuns Mogoolen zu Verbündeten des Meisters zu machen. Dann - und nur dann - würden sie stark genug sein, all jene Pläne zu verwirklichen, von denen die Götter in Golkhans Träumen sprachen.
    Als sich der Götterwagen den Mogoolen bis auf zweihundert Schritt genähert hatte, hob Golkhan gebieterisch den Arm. Muffak, der Wagenkundige, bremste daraufhin die Fahrt des Götterwagens, und die Ketten, die ihn über das Land trugen, kamen zum Stillstand.
    Noch ein Mal schnaubte die Maschine, blies der Schlot eine Wolke dunklen Rauchs hinaus in den klaren Himmel. Dann verstummte das mächtige Brummen und Rattern, das Golkhans Auftritt wie eine Fanfare begleitet hatte.
    Stille trat ein.
    Trotzig blieb der Anführer der Ostmänner in seinem Thron sitzen. Nicht er war der Besucher, und nicht er hatte die Pflicht, den ersten Gruß zu sprechen.
    »Sei gegrüßt, Golkhan, Herrscher der Ostmänner!«, rief Kublai Koruun zähneknirschend und mit sichtlichem Zögern herüber.
    »Was?« Golkhan legte seine vernarbte Rechte an den Helm, der die rechte Hälfte seines fleischigen Gesichts bedeckte, die linke jedoch offen ließ. »Ich kann dich nicht hören, Koruun!«
    Die Krieger, die hinter ihm auf dem Wagen hockten, lachten spöttisch, und Golkhan konnte sehen, wie es in der Miene seines Rivalen zuckte. Doch Kublai Koruun schien sich nicht auf eine direkte Konfrontation einlassen zu wollen, wohl weil er wusste, dass er mit seinen vierhundert Kriegern keine Chance gegen ein befestigtes Ostmann-Lager gehabt hätte.
    »Sei gegrüßt, Golkhan, Herrscher der Ostmänner!«, wiederholte der Mongolenführer pflichtschuldig und brachte es tatsächlich fertig, die Ironie aus seiner Stimme zu verbannen.
    »Ich grüße auch dich, Koruun, Häuptling der Mogoolenstämme«, erwiderte Golkhan säuerlich. »Endlich kommt es zum Zusammentreffen.«
    »Die Zeit ist reif dafür«, bestätigte Kublai Koruun, der sich im Sattel seines Yakk sichtlich unwohl fühlte. Vor Golkhan, der sich in seinem Thron räkelte, bot er eine ziemlich jämmerliche Figur. »Nun endlich wird sich entscheiden, wer von uns der bessere Anführer unseres Volkes ist.«
    »Es wird sich entscheiden«, stimmte Golkhan zu. »Auch ich danke den Göttern dafür, dass es endlich zu dieser Zusammenkunft gekommen ist.«
    »Lass die Götter aus dem Spiel, Golkhan«, warnte Kublai Koruun.
    »Wenn ihr unsere Gesandtschaft nicht zwei Mal massakriert hättet, hätten wir auf dieses Treffen nicht so lange zu warten brauchen.«
    »Und wenn ihr mir meinen Botschafter nicht in Stücken, sondern am Stück zurückgeschickt hättet, wäre meine Antwort weniger maßlos ausgefallen«, konterte der Ostmann gelassen. »Doch all das liegt hinter uns. Wir treffen an diesem Ort zusammen, um nach der Sitte der Vorväter zu entscheiden, wer von uns beiden der bessere Anführer unseres Volkes ist.«
    »So ist es.« Kublai Koruun nickte.
    »Ich habe meine besten Krieger mitgebracht, damit sie sehen mögen, wie die Entscheidung ausfällt.«
    »So wie ich die meinen«, bestätigte Golkhan. »Sie alle sollen Zeugen dieses Kampfes werden, von dem unsere Völker noch in Jahrzehnten sprechen werden.«
    »Die Regeln sind klar bestimmt«, sagte Koruun. »Derjenige, der den Sieg davonträgt, erhält die Herrschaft über beide Stämme. Die Unterführer schwören ihm Treue und werden seinen Befehlen Folge leisten.«
    »So ist es.« Golkhan nickte, und über seine fleischigen, halb bedeckten Züge huschte ein breites Grinsen. »Wenn du den Sieg erringst, Koruun, werden meine Leute deinen Wunsch erfüllen: Sie werden den Göttern, mit denen wir uns verbündet haben, abschwören und wieder leben wie Mogoolen.«
    »Und wenn du gewinnen solltest, Golkhan, so werden meine Leute deinem Befehl folgen und dich auf deine Raubzüge in das Land Nipoo begleiten.«
    »So soll es sein.« Golkhan nickte.
    »Für die Dauer des Kampfes werden die Waffen ruhen. Kein Mogoole wird gegen einen Ostmann seine Waffe erheben, und kein Ostmann wird einen Mongolen angreifen.«
    »So sei es«, erwiderte Kublai Koruun gravitätisch. Es war ihm anzusehen, dass er sich auf seinem Yakk nicht mehr ganz so unwohl fühlte - Golkhan hatte ihm Gelegenheit gegeben, sich vor seinen Leuten in Szene zu setzen.
    Wiege dich nur in Sicherheit, du Einfaltspinsel , dachte Golkhan. Nach außen hin hatte der Anführer der Ostmänner alles getan, um die Bedingungen zu erfüllen, die Kublai Koruun ihm gestellt hatte. Nur
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